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Briefe aus Ägypten.

© Björn Rosen

Rovaniemi in Finnland: Wo der Weihnachtsmann wohnt

Das ganze Jahr sortieren Frauen und Männer in Wichtelkostümen Briefe und Karten – meist von Kindern – aus aller Welt. Ein Besuch im Hauptpostamt des Weihnachtsmanns.

Das ist kein Märchen: Wer eine ausreichend frankierte Postkarte in einen Briefkasten wirft, adressiert an den Weihnachtsmann – die genaue Anschrift ist von Vorteil, aber nicht unbedingt nötig –, der hat gute Chancen, dass sie in einem Haus am Polarkreis landet. Es ist aus Kiefernholz und Natursteinen errichtet, und drinnen sitzen Wichtel, die die Karte lesen – und vielleicht zurückschreiben.

Da der Weihnachtsmann der Legende nach in Lappland zuhause ist, haben die Finnen ihn irgendwann zu einem der ihren erklärt. Sie haben einen Wohnort für ihn festgelegt und ihm im hohen Norden, nahe der Stadt Rovaniemi, ein „Werkstattdorf“ hingestellt. Etwa vom späten Oktober bis weit ins Frühjahr hinein liegt hier Schnee, die durchschnittliche Tagestemperatur im Dezember beträgt minus sechs Grad Celsius. Das angebliche Dorf ist eine Ansammlung von Läden, in denen man Souvenirs, Geschirr und Outdoorkleidung kaufen oder Rentiersuppe essen kann. Im Zentrum der Anlage steht das „Santa Claus Main Post Office“.

Betrieben wird das Amt (Joulupukin Pääposti, 96930 Napapiiri) von der staatlichen Post. Seit Mitte der 80er Jahre sammelt es Briefe an den Weihnachtsmann, 16,5 Millionen aus 198 Ländern sind bisher zusammengekommen. Um die Bearbeitung kümmern sich rund zehn Frauen und Männer im Wichtelkostüm.

Zum Beispiel die 34-jährige Annika Korkala, die wie ihre Kollegen eine rote Zipfelmütze trägt. Nach fünf Jahren Belgien ist sie vor kurzem in die Heimat zurückgekehrt. „Fremdsprachenkenntnisse kann man im Postamt gut gebrauchen“, sagt sie. Annikas Tage sind aufgeteilt zwischen der Arbeit im ruhigen Büro, das sich im „Wichtelturm“ gleich nebenan befindet, und der im Postamt, wo bei „Let it snow“ vom Band 365 Tage im Jahr Weihnachten gefeiert wird. In der winterlichen Hochsaison drängen sich in dem Raum Touristen aus aller Welt, sie wollen einen Sonderstempel bekommen oder Postkarten verschicken.

Ununterbrochen treffen Briefe ein, im Dezember bis zu 30 000 pro Tag. Annika öffnet Post, liest die Botschaften an Santa Claus und notiert die Absenderadressen in einer Excel-Tabelle. Eine halbe Million Kinder (und Erwachsene) schreiben jedes Jahr, etwa 40 000 bekommen eine standardisierte Antwort. Ein Teil der Briefe geht an ein Museum, wenige ausgewählte landen in einem Schaukasten, nach Ländern sortiert. Kanada findet man dort ebenso wie Israel oder Brunei. Am eifrigsten schreiben Italiener, Briten, Chinesen, Polen. Wühlt man sich durch die Post, liest man oft „Kochany Mikolaju“ (Lieber Nikolaus) oder „Buon Natale“ (Frohe Weihnachten). Deutschland liegt mit 9000 Zusendungen auf dem zehnten Platz. „Viele Briefe ähneln einem Gebet, sie haben etwas Therapeutisches“, sagt Annika. Seit der Krise in Südeuropa wünschen sich italienische Kinder häufig, dass Mama oder Papa wieder einen Job bekommen. In einem Brief klagt eine junge griechische Lehrerin ihr Leid über ihr Land, „in dem alles zusammenbricht“, und Jugendliche aus Ostasien hoffen auf Erfolg bei Schulprüfungen. Manche legen selbstgemalte Bilder und Kekse bei.

Aber es gibt auch klassische Wunschzettel. Ein Junge – der Rechtschreibung nicht ganz mächtig – möchte ein „Guinesbuch der Reckorde 2014“, ein anderer wünscht sich, „dass die Chiara nicht so zickich ist“. Manche reißen aus Werbeprospekten aus, was sie haben wollen, und kleben es auf. Und einige denken sogar mit und setzen Prioritäten: „Das wichtigste von den 3 wäre der Fernseher. Vielleicht hast du ja ein paar Blicke auf mich in der Schule geworfen und vielleicht reicht dir das ja, um das ich einen Fernseher bekommen darf. (Wäre echt cool von dir.)“

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