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Spritzige Architektur: Hochhäuser in Rotterdam.

© Rolf Brockschmidt

Tipps für Wochenendtrip: 48 Stunden maritimes Rotterdam

Jeder Einwohner kennt jemanden, der mal im Hafen gearbeitet hat. Früher war er der größte der Welt, inzwischen haben Hotels und Museen die Schiffe verdrängt

9 Uhr 

Die Niederlande hat zwei wichtige Flüsse, den Rhein und die Maas. Beide vereinigen sich knapp 50 Kilometer vor Rotterdam, strömen durch die Stadt und anschließend 35 Kilometer weiter bis zur Nordsee. Relativ spät, um 1870, als der Rhein vertieft wurde, begann Rotterdam als Hafenstadt zu wachsen und bis 2004 hatte die Stadt im Rhein-Maas-Delta den größten Hafen der Welt. Heute haben asiatische Metropolen und Dubai die Holländer überholt.

Immerhin ist das Areal größer als der von Hamburg und Antwerpen zusammen – was die Einwohner bei jeder Gelegenheit nicht müde werden zu erzählen. Und wie beeindruckend diese Anlagen sind, sieht man am besten, wenn man eine Hafenrundfahrt macht. Los geht es am Fuße der Erasmus-Brücke, in 75 Minuten führt die Tour an Industriebauwerken vorbei: Reedereien, Werften, am alten Quarantänehaus entlang, wo Menschen ihre seltenen Krankheiten, die sie in der Ferne erworben hatten, auskurieren mussten. Je näher die Besucher dem Meer kommen, desto größer die Schiffe, denn die wirklich schweren Kaliber können nicht auf dem Fluss fahren und entladen ihre Container an der Maasvlakte II, einem Umschlagareal, das die Niederländer vor der Küste errichtet haben.

12 Uhr          

Viele alte Stadtteile hat Rotterdam nicht, aber am Anlegesteg, wo die Rundfahrt wieder endet, gibt es prachtvolle Häuser aus dem 19. Jahrhundert zu bestaunen. Im Scheepvaartkwartier stehen Gebäude im Stil des Art-Deco oder der Neorenaissance, stattliche Büros von Reedereien, Unterkünfte für Seeleute, während weiter hinein im Viertel die schwedischen und norwegischen Seeleute in ihre eigene Kirche gehen konnten. Die hölzerne norwegische Zeemanskerkje, in einem Park gelegen, lohnt einen Besuch wegen der besonderen Architektur.

Dorthin führt die Parklaan, jener Boulevard, in der früher die Rotterdamer Hafenbarone wohnten – jetzt gibt es dort Büros, niemand möchte anscheinend mehr in solchen riesigen Kästen leben. Im Grand Café Loos (Westplein 51) oder im Parquit (Baden Powelllaan 20), beide im Park, kann man für ein kleines Mittagessen oder eine Tasse Tee einkehren. Oder ins Ballentent (Parkkade 1) gehen, wo echte Rotterdamer Fleischbällchen essen und Bier trinken.

14 Uhr

Der Aufbau nach dem Zweiten Weltkrieg bescherte den Rotterdamer eine komplett neue Innenstadt. An manchen Orten wirkt sie hässlich, an anderen beeindruckt sie mit gefeierter moderner Architektur wie dem neuen Hauptbahnhof oder der Kunsthalle. Noch moderner ist der Stadtteil Kop van Zuid, südlich der Erasmus-Brücke, der ähnlich der Hamburger Hafencity auf dem Gebiet eines ehemaligen Hafengeländes entstand. Die Halbinsel hat sich in anderthalb Jahrzehnten in ein Manhattan an der Maas verwandelt, die drei größten Bürotürme, De Rotterdam, wurden von Rem Koolhaas entworfen.

17 Uhr          

An der Spitze des Kop van Zuid, dem Wilhelminapier, liegt das Hotel New York. Das Backsteingebäude diente ab 1907 der Holland-Amerika-Linie als Hauptquartier. Vor 25 Jahren eröffnete dort ein Luxushotel. Direkt vor dem Eingangsportal, am nahegelegenen Kai, haben vor 100 Jahren Hunderttausende Europäer ihre Reise nach Amerika begonnen.

Heute zieht es die Einheimischen ins ehemalige Rotlichtviertel Katendrecht, das man über eine Fußgängerbrücke erreicht. Im früheren Kontor von Feniks lädt ein chaotischer Foodmarkt zum Bummeln ein. Mit Käseplatte, Oliven und einem Kaapse Karel, einem Bier der Kaapse Brouwers, auf die Holzpaletten an den Kai setzen und die Aussicht aufs Wasser genießen. Rechterhand wächst der schwimmende Wald, ein Kunstwerk des Rotterdamer Kunstkollektivs Mothership, in die Höhe: auf Bojen gepflanzte holländische Ulmen, die das salzige Wasser im Hafen gut vertragen.

20 Uhr          

Der Rotterdamer ist besonders stolz auf zwei Dinge: den Fußballclub Feyenoord und den Hafen. Fast jeder Einwohner ist auf die eine oder andere Weise mit dem Hafen verbunden, meist arbeitete ein Familienmitglied dort oder fuhr als Binnenschiffer über den Rhein. Die Kähne sieht man noch, neben den stetig mehr werdenden Kreuzfahrtriesen und den Wasserbussen. Mit ihnen fahren die Rotterdammer zur Arbeit, wenn sie nicht im Stau stehen wollen. Nur ganz Eilige nehmen ein Wassertaxi, mit 55 Kilometer pro Stunde geht es über den Fluss, zum Beispiel ins Restaurant Langoest (Boompjes 677), erst vor kurzem eröffnet und schon jetzt für seine ausgezeichneten Fischgerichte bekannt.

Kubushäuser und Erlebnisbäder

Früher saß hier die Amerika-Linie, heute steigen Gäste im Hotel ab.
Früher saß hier die Amerika-Linie, heute steigen Gäste im Hotel ab.

© Rolf Brockschmidt

11 Uhr          

Das Maritime Museum im Leuvehaven ist in einem modernen Gebäude untergebracht. Besucher können in einer simulierten Bohranlage herumlaufen und mit allerlei Tests ihre analytischen Fähigkeiten herausfinden – wie es um die Auge-Hand-Koordination und die Stressresistenz steht. Oder sie lernen, wie man auf Hausbooten und Kreuzfahrtschiffen lebt, Bordunterhaltung inklusive. So kann man „Copacabana“ auf der Karaokeparty singen und für ein Foto mit dem Kapitän posieren. Im Museumshafen vor der Tür liegt ein Schlepper, den Besucher besichtigen können.

13 Uhr          

Ganz in der Nähe des Flusses liegen die berühmten Kubushäuser. Ein Entwurf von Piet Blom, 1984, der ein traditionelles, würfelförmiges Gebäude um 45 Grad neigte und es auf einen sechseckigen Kegel stellte. Jedes dieser Häuser stellt einen Baum dar und alle 38 Würfelhäuser zusammen einen Wald. Inzwischen bietet einige Bewohner ihre Wohnungen auch auf Airbnb an.

14 Uhr

In der Pannenkoekstraat warten die besten Modegeschäfte auf Kunden, viel hipper als in Amsterdam, behaupten die Rotterdamer. Und in der Markthalle, gleich neben den Kubushäusern, einem anderen viel gerühmten architektonischen Highlight, kann man das leckerste Essen kaufen.

15.00

Ein spätes Mittagessen im „Aloha“, das sich in einem ehemaligen Erlebnisbad aus den 80er Jahren befindet und direkt an der Maas gelegen. Das Essen ist bio, logisch weil das Restaurant Teil von BlueCity ist, einem Rotterdamer Geschäftskomplex von sozialen Unternehmen. Ein perfektes Ende ist ein Besuch des Oude Havens (Alte Hafen), für ein Getränk im Bolwerk, das sich am Erdgeschoss im Weißen Haus befindet. Es überlebte dem Bombardement in Mai 40 und war einst das höchste Bürogebäude Europas. Im Mittelalter wahrscheinlich.

 

22 Uhr          

Die beliebteste Straße des Nachtlebens ist die Witte de With, eine ungefähr 200 Meter lange und schmale Gasse. Vor einigen Jahren kaufte man hier noch ungeniert Drogen, und es wimmelte von Kasinos. Jetzt hat eine Bar neben der anderen eröffnet, wenn das Wetter gut ist, sind die Terrassen proppenvoll. Im „De Witte Aap“ (Witte de Withstraat 78) ein letztes Bier bestellen und dann über den Fluss des Lebens nachdenken.

Reisetipps für Rotterdam

Tipps für Rotterdam

HINKOMMEN

Am schnellsten von Tegel nach Amsterdam mit KLM oder Easyjet für knapp 100 Euro. Dann in 35 Minuten mit dem Intercity-Direct, nach Rotterdam.  

UNTERKOMMEN

Das NHow Hotel, Wilhelminakade 137, befindet sich in einem der drei Türme des spektakulären De Rotterdam. Das beste am Hotel ist die Bar in der siebten Etage. Um auf diesem Balkon über der Maas zu sitzen, muss man kein Hotelgast sein. DZ ab 100 Euro, nhow-rotterdam.com

RUMKOMMEN

Die Website des örtlichen Tourismusbüros ist auch ins Deutsche übersetzt unter cityguiderotterdam.com/de

Mark Schalekamp

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