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Wer Weißwurst auf der Hütte mag, muss nicht kraxeln. Diese Gondelbahn bringt den Fußlahmen von Oberammergau auf den Berg Laber.

© Ammergauer Alpen GmbH, Gemeinde Oberammergau

Urlaub in Bayern: Was für ein Glückstag, brüllt das Hirn

Die Füße haben ihr Tempo, und der Geist hat sein eigenes: Wandern ist Sinnieren. Am Berg Laber in Oberammergau kommt auch noch das Konjugieren dazu. Was die Ammergauer Alpen so reizvoll macht.

Schritt für Schritt der Spitze (1686 Meter) entgegen, Meter um Meter den Körper (84 kg) bergan wuchten, vorbei an Tanne und Ahorn, weiter oben Feuchtgrünland und Borstgrasrasen, bloß nicht mit dem groben Profil der Stiefel auf die seltene Monte-Baldo-Segge (Carex baldensis) treten ...

Die Gedanken gehen währenddessen ihren eigenen Weg, schweifen ab, fliegen in die Vergangenheit, bringen exotische Bilder und wilde Geschichten mit.

Ein merkwürdiger Reim fällt einem ein: „Lang der Schritt und krumm das Knie / du schaffst den Berg und weißt nicht wie.“ Gipfelbuchlyrik, wohl irgendwann mal gehört oder gelesen.

Vermutlich ist genau dies ja das Reizvolle am Wandern: dass die Füße ihr Tempo haben und der Geist sein eigenes hat, dass die drei selten zusammengehen. Wandern ist sinnieren, träumen.

Und so fragt das Hirn plötzlich und lautstark: In welchem Wort steckt dieser Berg? Laber! Grübeln, dann die Antwort: Labersack (= Kai Pflaume). Schön, noch eines! Kandelaber (= Armleuchter). Hm, und? Jalabert, Laurent (= französischer Radrennfahrer der 90er Jahre).

Ist dir das besonders Reizvolle dieses Berges aufgefallen?

Nun ist die Soila-Alm erreicht (1335 Meter), kurze Rast und große Apfelschorle (2,50 Euro), für eine Brotzeit ist es noch zu früh. Am Himmel die Drachenflieger, sie mögen den Laber als Startrampe. Sollen bei günstiger Thermik bis zum Lago Maggiore gleiten, wird erzählt.

Als später Schnee auftaucht an diesem sonnigen Sommertag, zeigt die Uhr mit „Hiking“-Funktion 1528 Meter. Klar, sagt das Hirn, Schnee, du bist hier in den nördlichen Kalkalpen, Region Ostalpen, Ammergebirge.

Irgendwo steht, hier seien die Griese (= gigantische Schutt- und Kiesplatten) in ständiger Bewegung, was bedrohlich klingt, man spürt aber nichts.

Das Hirn fragt: Ist dir eigentlich schon das besonders Reizvolle dieses Berges aufgefallen? – Nö. – Man kann ein Verb aus ihm bilden und konjugieren. – Echt? – Ja. Ich labere, du laberst, er/sie labert, wir labern ... Toller Berg, ein Verbenberg.

Ist der Laber ein sprachlicher Solitär oder existieren noch andere Verbenberge? Das Hirn schweift forschend über die Alpen und Mittelgebirge: rhönen, taunusen, arbern, matterhornen, eifelen – alles Mumpitz!

Jetzt erst mal ein Paar Weißwürste mit Breze bestellen

Ganz oben auf dem Laber eine Gaststätte mit Terrasse (150 Plätze), ganz schön voll. Man kann sich nämlich die zweieinhalb Stunden Fußmarsch ersparen und von der Bodenstation (784 Meter) in Oberammergau die Bahn nehmen, blaue Gondeln (9,50 Euro die einfache Fahrt).

Irgendwo gelesen, es handele sich um die einzig verbliebene Großkabinen-Zweiseil-Umlaufbahn weltweit; die Letzte ihrer Art also, die Großkabinen-Zweiseil-Umlaufbahn ist damit dramatischer vom Aussterben bedroht als das Sumatra-Nashorn. Jetzt aber erst mal ein Paar Weißwürste mit Breze (5,40 Euro) bestellt, dazu süßer Senf, Weißbier (3,50 Euro) – feine Sache.

Hast du aufgegeben, fragt das Hirn? Kein anderer Berg in Sicht, der zum Verb taugt? Mal sehn.

Was für ein Glückstag, brüllt das Hirn

Sie haben auf dem Laber diese schönen Panoramatafeln aufgestellt. Nach Norden hin: Staffelsee, Starnbergersee, AKW Isar 1 Ohu ... , das hilft auch nicht weiter. Nach Süden hin: Hohe Kiste, Krottenkopf, Kreuzjoch, Zugspitze ... Zuspitzen, das ginge, aber zugspitzen?

Aber hallo, da: Wank, der Hausberg (1780 Meter) von Garmisch! Ich wanke, du wankst, er/sie wankt, wir wanken, alles wankt!

Zwei Verbenberge, und so nah beieinander!

Gut trainierte Verbenalpinisten könnten beide an einem einzigen Tag bezwingen. Von diesem Rekord hat selbst Reinhold Messner noch nie gehört.

Labern und wanken, wanken und labern. Was für ein Glückstag, brüllt das Hirn.

Tipps für Oberammergau

HINKOMMEN

Mit der Bahn von Berlin in knapp neun Stunden ab 140 Euro (Normalpreis).

VERSPEISEN

Im Berggasthaus Romanshöhe, Oberammergau, hat man bei Leberspätzlesuppe grandiose Aussicht übers Tal auf den Kofel bis zur Notkarspitze – und natürlich den Laber (Tel. 08822 - 94 44 5, ganzjährig geöffnet). Beim Spaziergang durch den Ort, an den Holzgeschäften vorbei: Eiscafé Paradiso, Dorfstraße 4. Man merkt, Italien ist nicht fern.

NICHT VERPASSEN 

In diesem kleinen Laden gibt es unfassbar leckeren Joghurt, Topfen, Landjäger, Buttermilch, Speck und vieles mehr: Käse-Alm, Schnitzlergasse 16, Tel: 08822 - 94 344. Wer es wurstiger mag: Metzgerei Christian Gerold, Dorfstraße 26. Außerdem dran denken: Die Passionsspiele sind nur alle zehn Jahre zu sehen, die nächsten finden 2020 statt.

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