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Jeder für sich. Die Angst vor dem Virus fördert den Egoismus. Das ist gefährlich.

© AFP

Wie umgehen mit dem Coronavirus?: Eigenverantwortlich, aber nicht egoistisch!

Panik, Misstrauen, Hass: Die Angst vor dem Coronavirus bringt das Schlechteste im Menschen hervor. Was dagegen hilft? Die Gemeinschaft. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Sidney Gennies

Das Virus macht uns krank. Das ist einer der wenigen gesicherten Fakten, die wir über SARS-CoV-2 haben. Was noch kommt, ist ungewiss. Und gerade in dieser Unsicherheit tut sich eine grundlegende Frage auf: Macht das Virus uns auch schlecht?

Es liegt in der Natur der Angst, dass sie das Schlechteste im Menschen hervorbringt. Angst kann egoistisch machen. Nicht in böser Absicht, sogar aus rationaler Vorsicht heraus, aber mit gravierenden Folgen.

Schon jetzt gefährden die Vorratskäufe von Atemmasken und Desinfektionsmittel die Leben von Menschen. Weil sie dann jenen nicht mehr zur Verfügung stehen, die völlig unabhängig vom Coronavirus darauf angewiesen sind. Zum Beispiel Chemotherapie-Patienten, deren Immunsystem runtergefahren ist.

Das Verhalten ist falsch, aber menschlich

Selbst Pflegekräften, die sich täglich ansteckenden Krankheiten aussetzen müssen, werden die Masken bereits rationiert. Und Ärzte befürchten, dass bei den vielen, die nun besorgt, aber grundlos die Rettungsstellen aufsuchen, vielleicht Patienten nicht richtig erkannt werden, die wirklich in Not sind. Das Verhalten mag falsch sein, es ist nur allzu menschlich.

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Angst kann allerdings auch zu Wut werden und Wut zu Hass. Berichte darüber gibt es längst. Davon, wie asiatisch aussehende Menschen beschimpft und gemieden wurden, als man das Coronavirus noch für ein chinesisches Problem hielt.

Später waren Italiener das Ziel von Attacken. Nun sind es die Urlaubsrückkehrer, denen misstraut wird. Aber bald schon wird sich das Virus soweit verbreitet haben, dass eine Unterscheidung in einzelne Gruppen nicht mehr möglich ist.

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Dann könnte die Ansteckungsquelle das eigene Kind sein, der Ehemann, die Kollegen, die Freunde. Was macht die Gesellschaft dann?

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Soziologen und Psychologen empfehlen zweierlei, um die Angst zu bekämpfen. Zum einen: Information. Nie zuvor bei einer drohenden Pandemie war so viel davon so schnell für so viele Menschen in so hoher Qualität im Netz so einfach abrufbar.

Die Behörden, zumindest die deutschen, informieren umfassend, besonnen, aktuell. Doch diese Transparenz offenbart nunmal auch: Es gibt keinen – kann keinen – Plan geben, um die Bevölkerung zu 100 Prozent zu schützen.

Am Ende ist man auf sich selbst zurückgeworfen

Und selbst wenn man weiß, dass SARS-CoV-2 nicht für alle, sondern vor allem für Risikogruppen tödlich ist – jeder hat doch in der Familie oder dem Bekanntenkreis, Menschen, die dazu zählen. Was nutzt die Information, dass die meisten Menschen glimpflich davonkommen, wenn man Sorge um seine Großmutter haben muss? Am Ende ist man auf sich selbst zurückgeworfen.

Nun muss sich jeder prüfen

Dann hilft nur, zum anderen, sich auszutauschen, Sicherheit in der Gemeinschaft zu suchen, wie es Menschen als soziale Wesen zu allen Zeiten getan haben. Das perfide ist nur, in Zeiten von Corona ist die Gruppe, die sonst Trost spendet, plötzlich die Quelle der Angst. Schulen sind geschlossen, die großen Messen abgesagt, tausende Arbeitnehmer arbeiten vom Homeoffice aus.

Das sind sinnvolle Vorsichtsmaßnahmen, die eines nicht vergessen lassen dürfen: Die Bekämpfung des Virus bedarf einer gemeinschaftlichen Anstrengung. Nur anders, als wir es gewohnt sind: eigenverantwortlich handeln, aber nicht egoistisch. Solidarisch sein, aber nicht unvernünftig. Informieren, aber nicht zuspitzen. Darauf muss sich nun jeder prüfen. Allein.

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