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Auf ihren Hochzeitsflügen töten die Bienenköniginnen Rivalinnen mit ihrem Stachel.

© Getty Images/iStockphoto

Zookolumne: Berliner Schnauzen: Das Matriarchat im Tierpark

Sie kommunizieren per Tanz und erkennen Gesichter. Doch harmlos sind die Honigbienen nicht.

Von Julia Prosinger

Wie sähe eine von Frauen regierte Welt aus? Friedlicher? Sauberer? Zumindest nicht leiser. Das Matriarchat summt. Ziemlich laut.

Umso merkwürdiger, dass einem der braune Kasten bei den Haustieren im Tierpark, zwischen Degus und Waldziegen, noch nie aufgefallen ist. Das Surren, wärmendes Muskelzittern von bis zu 70 000 Bienen, ist nötig, um die Temperatur von über 30 Grad aufrecht zu erhalten, die die Brut in den Waben braucht.

Und sollte es mal zu heiß werden in Zeiten des Klimawandels, tragen die Tiere einen kühlenden Wassertropfen in ihren Palast.

Klebrige Pollen an den Hinterbeinen

Erste Erkenntnis nach einigen Minuten Stock-Studie: Das Matriarchat ist bombastisch gut organisiert. Im eusozialen Staat sind alle aufeinander angewiesen. Die jüngsten, die Putzerbienen, sorgen dafür, dass keine Milben oder Bakterien die Brut verunreinigen.

Die Sammelbienen fliegen kilometerweit mit bis zu 30 km/h, fressen sich an Blüten satt und packen klebrige Pollen an ihre Hinterbeine. 50 Milligramm, also die Hälfte ihres Gewichts, kann eine Einzelne transportieren. Wächterbienen bewachen den Eingang. Ammenbienen füttern den Nachwuchs.

Der hochkomplexe Schwänzeltanz

Nächste Erkenntnis: Das Matriarchat tanzt – und zwar viel. Mit dem Rundtanz geben die Kundschafterinnen ihren Kolleginnen Pollenquellen an, die im Umkreis von 100 Metern liegen.

Mit dem hochkomplexen Schwänzeltanz, der den Sonnenwinkel des Zieles angibt, – da! eine Arbeiterin vollzieht ihn gerade, sie läuft dafür wackelnd eine liegende Acht – können weiter entfernte Ziele, auch geeignete Nistorte, angezeigt werden.

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Diese gefährlichen Flüge übernehmen die älteren Arbeiterinnen, Vorkosterbienen prüfen, ob sich der Weg zur neuen Quelle lohnt.

Hhhmmm, Auftritt der Königin! Deutlich am langen Hinterleib zu erkennen, manche Imker markieren sie je nach Geburtsjahr mit einem farbigen Punkt. Auf den Hochzeitsflügen ihrer Jugend hat ihre Majestät Spermien von so genannten Drohnen verschiedener Völker gesammelt.

Diese stachellosen Typen mit den riesigen Glubschaugen muss sie nie wiedersehen, die Samen reichen lebenslang, bis zu 1500 ihrer Eier kann sie damit täglich befruchten.

Die Drohnenschlacht

Im Winter, also bald, schmeißt die Königin ihre eigenen Drohnen raus und auch einige alte Arbeiterinnen. Ja, das Matriarchat ist grausam.

Spürt das Volk am nachlassenden Pheromon-Ausstoß, dass seine Königin schwächelt, baut es eine Wabe zur Weiselzelle um. Darin wächst eine neue Herrscherin heran, gepäppelt mit dem aus Hautcremes bekannten „Gelée Royal“, das die Arbeiterinnen aus Nektar und Sekret herstellen.

Im Schaufenster des Tierparks kann man diese Zelle an einem Pfropfen erkennen. Mit Deckeln verschlossene Waben enthalten die gewöhnliche Brut, blauer, grüner oder gelber Inhalt deutet auf Pollen hin. Dort, wo es besonders glänzt, lagert Honig.

Wer häufig kommt, den erkennen die Bienen vielleicht – sie können sich nämlich Gesichter merken. Beispielsweise das ihres Imkers, der Lichtenberger Bernd Hertle, der seinen Honig im Tierpark-Shop verkauft. 6,99 Euro das Gläschen. Das Matriarchat schmeckt köstlich.

Lebenserwartung

Drohnen nur Monate, Königinnen Jahre

Fütterungszeiten

24 Stunden

Interessanter Nachbar

Degu, Tühringer Wald-Ziege

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