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Das Nord Stream 2-Leck in der Nähe von Bornholm aus der Luft (Archivbild).

© dpa/Danish Defence Command

Eine Spur führt bis nach Brandenburg: Das ist aktuell zum Anschlag auf Nord Stream bekannt

Deutsche Ermittler sind der Besatzung der Jacht „Andromeda“ auf der Spur. In Frankfurt (Oder) wurde deshalb eine Wohnung durchsucht. Doch es bleiben offene Fragen.

Mehr als acht Monate nach den Anschlägen auf die Gaspipelines von Nord Stream ist noch immer nicht klar, wer die Taten verübt hat.

Eine der Spuren führt nun bis nach Brandenburg: In Frankfurt (Oder) wurde im Zuge der Ermittlungen am 25. Mai eine Wohnung durchsucht, wie die Bundesanwaltschaft am Freitag auf Anfrage bestätigte. Zuerst hatten „Süddeutsche Zeitung“, NDR und WDR über die Durchsuchung berichtet. Was bisher bekannt ist – und was nicht:

Der Anschlag

Der Tatort befindet sich in 80 Metern Tiefe, auf dem Grund der Ostsee. Östlich von Bornholm liegen dort sowohl die beiden Röhren von Nord Stream als auch etwas entfernt der Doppelstrang von Nord Stream 2. Die neue Pipeline war zwar 2021 fertiggestellt worden, aber nie in Betrieb gegangen.

Die erste Pipeline lieferte seit 2011 Gas von Russland nach Deutschland, der russische Staatskonzern Gazprom hatte allerdings die Lieferungen im August wegen angeblicher Wartungsarbeiten eingestellt und anders als angekündigt nicht wieder aufgenommen.

Am 26. September 2022 wurden beide Leitungen von Nord Stream und eine der beiden Röhren von Nord Stream 2 durch Explosionen schwer beschädigt. Die Tatorte liegen in der schwedischen und in der dänischen Ausschließlichen Wirtschaftszone. Die Behörden in beiden Ländern gingen bereits kurz nach der Tat davon aus, dass es sich um einen Sabotageakt handeln muss. An den Pipelines müssen demnach Sprengsätze angebracht worden sein.

Die Andromeda und die ukrainische Spur

Die Ermittlungen in Deutschland konzentrieren sich auf die Andromeda, eine mehr als 15 Meter lange Segeljacht. Sie soll am 6. September 2022 in Rostock abgelegt haben, an Bord waren nach Berichten der „Zeit“ und anderer Medien sechs Personen.

Von Rostock ging es über einen Zwischenstopp in Wiek auf Rügen weiter zur dänischen Insel Christiansø, wo sie zehn Tage vor den Explosionen angekommen sein soll. Anfang des Jahres sollen Ermittler auf einem Tisch in der Kabine Spuren von Sprengstoff gefunden haben.

80
Meter tief ist die Ostsee ungefähr an den Anschlagsorten.

Die Andromeda wurde offiziell von einem Reisebüro mit Sitz in Warschau angemietet, das sich allerdings als Briefkastenfirma herausstellte. Anteilseignerin dieses Reisebüros sei eine Frau mit Wohnsitz in Kiew, bei der es sich aber, wie „Süddeutsche Zeitung“, NDR und WDR berichteten, um eine Strohfrau handeln könnte.

Dem Bericht zufolge führt eine weitere Spur in die Ukraine: Ein Mann, der bei der Anmietung der Andromeda einen gefälschten rumänischen Pass vorlegte, soll ein ukrainischer Soldat sein, der zumindest zeitweise in einer Infanterie-Einheit der ukrainischen Armee diente.

Mit diesem Mann soll den Angaben von „SZ“, WDR und NDR zufolge nun die Durchsuchung in Frankfurt (Oder) in Verbindung stehen, die kurz vor Pfingsten stattfand. Es soll sich um die Wohnung der ehemaligen Lebensgefährtin eines ukrainischen Verdächtigen handeln.

Nach Angaben der Bundesanwaltschaft wurde die „Wohnung einer nichtverdächtigen Person“ durchsucht. Zu der Frage, ob bei der Durchsuchung die DNA-Probe eines Kindes genommen wurde, um diese mit DNA-Spuren von der Andromeda zu vergleichen, äußerte sich die Bundesanwaltschaft am Freitag nicht.

Offene Fragen

Auch wenn deutsche Ermittler die Andromeda-Spur offenbar schwerpunktmäßig verfolgen, bleiben viele offene Fragen. Können tatsächlich sechs Personen von einer Segeljacht aus eine komplexe Tauchoperation in 80 Metern Tiefe durchführen? Und warum sollte ausgerechnet ein Infanterist an einem Einsatz teilnehmen, für den eine Marineausbildung sinnvoll wäre?

Nicht auszuschließen ist nach wie vor, dass es sich bei der Fahrt der Andromeda um eine sogenannte „False flag“-Operation handelt, um die wahren Täter zu verschleiern.

Zudem gibt es im zeitlichen Zusammenhang zu den Anschlägen eine weitere bemerkenswerte Entwicklung: Vier Tage vorher, am 22. September 2022, macht ein dänisches Patrouillenboot Fotos von einem russischen Militärschiff, das östlich von Bornholm unterwegs ist. Zuerst hatte t-online über die Präsenz russischer Militärschiffe in der Nähe der Anschlagsorte berichtet.

Im September fand in der Ostsee ein Manöver der russischen Marine statt. Die von den Dänen fotografierte SS-750 ist ein Spezialschiff. Es hat ein Mini-U-Boot an Bord, das wiederum mit Greifarmen ausgerüstet ist.

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