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Russische Soldaten.

© picture alliance / dpa

„Kumpanen-Einheit“ fern der Front: Russische Abgeordnete und ihre Söhne umgehen durch Schlupfloch offenbar Kampfeinsätze

Mit der Teilmobilmachung im Oktober 2022 hatte der russische Präsident Hunderttausende Reservisten an die Front beordert. Einflussreiche russische Politiker können aber offenbar tricksen.

Von Leah Nowak

Im Oktober 2022 gab der russische Präsident Wladimir Putin den Befehl zur Teilmobilisierung. Das russische Verteidigungsministerium verkündetet daraufhin, 300.000 Reservisten zur Armee einzuberufen. Doch offenbar wurden für manche Wege geschaffen, diesen Appell zu umgehen. So soll bestimmten russischen Bürgern im wehrfähigen Alter der direkte Einsatz an der Front erspart worden sein.

Nach Ausrufung der Mobilisierung wurde offenbar eine geheime Einheit gegründet, die im Donbass stationiert sein soll. Darüber berichtet die britische Zeitung „The Telegraph“. Russischen Abgeordneten wird demnach vorgeworfen, eine ferngesteuerte Aufklärungskaskade eingerichtet zu haben, die sich weit hinter der Front befinde, sodass sie und ihre Söhne im Kampf gegen die Ukraine dienen können, ohne sich lebensbedrohlichen Gefahren auszusetzen.

Laut dem Bericht habe der Kreml zuvor Abgeordnete dazu angehalten, sich am Krieg zu beteiligen, um sich Respekt unter der russischen Bevölkerung zu verschaffen. Daraufhin hätten sich zahlreiche russische Abgeordnete der geheimen Einheit angeschlossen. Im Zuge dessen hätten sie sich regelmäßig in Militäruniformen und Medaillen ablichten lassen, um den Schein eines tatsächlichen Einsatzes im Kriegsgebiet zu erwecken.

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Wie „The Telegraph“ weiter berichtet, habe der russische Blog-Kanal VKCh-OGPU, der behauptet, enge Verbindungen zum Verteidigungsapparat des Landes zu haben, Listen von Teilnehmern der Kaskade veröffentlicht. Darunter seien auch Abgeordnete von Wladimir Putins Partei „Einiges Russland“.

„Dies ist eine Kumpelabteilung, zu der Abgeordnete und ihre Kinder gehören, die sich als Kriegsteilnehmer ausweisen wollen, aber keine Lust haben, an die Front zu gehen“, zitierte „The Telegraph“ den Blog auf Telegram. So soll auch der Sohn von Dmitri Sablin, dem Abgeordneten, der die Einheit gegründet hat und derzeit leitet, zusammen mit anderen Mitgliedern fotografiert worden sein. Nebenbei hätten auch zahlreiche weitere Söhne einflussreicher russischer Politiker auf diesem Wege die erste Mobilisierung seit 1941 umgangen.

Es scheint weiterhin unklar, welchen Kampfeinsatz die Kaskade tatsächlich leistet. Laut VKCh-OGPU sei der „bequemste Ort für den Übergangsdienst das Drohnenkommando“ innerhalb der Einheit, da man dort in sicherer Entfernung von der Kampflinie bleiben könne. Auf Fotos seien junge Männer zu sehen, die in komfortablen Bunkern Drohnen vorbereiteten und Bildschirme studierten, berichtet „The Telegraph“ weiter.

Die Spezialeinhalt erhalte auch regelmäßig hochrangigen Besuch. Sergej Kirijenko, der erste stellvertretende Leiter der russischen Präsidialverwaltung, habe die Kaskade demnach dreimal besucht.

Laut Bericht habe Stablin zuletzt auf Telegram lobene Worte an die Einheit verloren: „Diese heldenhaften Jungs tragen die Hauptlast der Kämpfe für die Befreiung der Volksrepublik Donezk“, sagt er.

(Anmerkung der Redaktion: In einer früheren Version wurde versehentlich auf die Mobilisierung im Jahr 2021 verwiesen. Gemeint war jedoch die Teilmobilmachung im Jahr 2022.)

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