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US-Präsident Donald Trump nimmt an einer Kabinettssitzung im Weißen Haus teil.

© dpa/Julia Demaree Nikhinson

Lob, Drohungen, Beschimpfungen: Trumps zahlreiche Kurswechsel und Kehrtwenden im Ukraine-Krieg

In seiner zweiten Amtszeit wechselt der US-Präsident im Ukraine-Krieg immer wieder seine Positionen. Mal spricht er Drohungen Richtung Moskau aus, dann wieder hofiert er Putin und setzt Kiew unter Druck.

Stand:

Es gab Zeiten, da fand Donald Trump besonders viel Lob für Wladimir Putin. Er sei „genial“ und „klug“. Der Kreml-Chef hatte zu diesem Zeitpunkt aber schon die Panzer in Richtung Ukraine rollen lassen. Trump hatte damit offenbar kein Problem. Im Präsidentensessel des Weißen Hauses saß damals noch Joe Biden.

Seit Trump wieder im Amt ist, mischt er im Ukraine-Krieg stark mit. Er stellte sich wiederholt als möglicher Vermittler dar und versprach noch im Wahlkampf, den Krieg sofort zu beenden. Das ist bis heute nicht geschehen. Was aber passiert ist: Der US-Präsident vollzog eine Reihe an Kehrtwenden und Kurswechseln in Bezug auf die Ukraine und Russland.

Mal machte er den ukrainischen Präsidenten für den Krieg verantwortlich, dann wiederum versprach er ihm Waffen – und nannte Putin einen „Verrückten“. Die Washington Post hat nun seine zahlreichen Kehrtwenden gesammelt – ein Überblick.


Alles begann mit einem großen Versprechen: Trump will den Ukraine-Krieg in 24 Stunden beenden

Während des US-Präsidentschaftswahlkampfs macht Donald Trump den ukrainischen Präsidenten für den Krieg verantwortlich und kündigt immer wieder öffentlich an, den Krieg innerhalb von 24 Stunden nach seiner Rückkehr ins Weiße Haus zu beenden – wie das gelingen soll, lässt er offen.

Erst später, im März 2025, räumt er ein, er sei „ein bisschen sarkastisch“ gewesen, als er behauptete, den Krieg in nur 24 Stunden beenden zu können.


18. Februar 2025: Er behauptet, die Ukraine sei schuld am Krieg

Der US-Präsident sorgt für große Empörung in der Ukraine, indem er Selenskyj fälschlich für den russischen Angriff verantwortlich macht. Er bezeichnet ihn als „Diktator ohne Wahlen“ – ganz im Sinne von Kreml-Narrativen und ohne zu erwähnen, dass aufgrund von Krieg und Vertreibung reguläre Wahlen in der Ukraine kaum möglich sind.

Die Äußerungen folgen auf US-russische Gespräche über die Ukraine in Riad – ohne Beteiligung der Ukraine oder der NATO –, was in Kiew für Unruhe sorgt. Trump entgegnet darauf sinngemäß, die Ukraine hätte den Krieg längst beenden oder „gar nicht erst beginnen“ sollen und man hätte „einen Deal machen“ können.


28. Februar: Trump führt Selenskyj vor aller Welt im Oval Office vor

Der Besuch des ukrainischen Präsidenten im Weißen Haus eskaliert vor laufenden Kameras, als Trump und sein Vizepräsident JD Vance Wolodymyr Selenskyj attackieren.

„Sie befinden sich derzeit nicht in einer sehr guten Position“, sagt Trump zu Selenskyj. „Sie haben sich selbst in eine sehr schlechte Position gebracht. Sie haben derzeit keine Trümpfe in der Hand. Mit uns bekommen Sie Trümpfe.“

Der öffentliche Streit ist beispiellos und fällt besonders auf, weil US-Präsidenten über Jahrzehnte entschlossen gegen Aggressionen des Kreml aufgetreten waren, schreibt die Washington Post. Nach dem Treffen heißt es aus US-Regierungskreisen, die Ukraine-Politik werde überprüft – betroffen seien große Mengen amerikanischer Ausrüstung.


30. März: Plötzlich ist er wütend auf Putin

Knapp einen Monat nach dem Eklat im Oval Office lässt Trump mit der Aussage aufhorchen, er sei „wütend“ auf Putin, weil dieser die Legitimität von Selenskyj infrage gestellt habe. Er werde zudem weitere Zölle auf russisches Öl in Betracht ziehen, wenn er und der russische Präsident nicht in der Lage seien, „das Blutvergießen in der Ukraine“ zu beenden, und wenn Trump zu dem Schluss komme, dass „Russland daran schuld sei“.

Es wirkt so als würde Trump von seiner milden Russland-Politik abkommen. Gleichzeitig kritisiert er weiterhin Selenskyj und wirft ihm vor, sich aus einem Vertrag über seltene Metalle mit den USA zurückziehen zu wollen.


26. April: Treffen mit Selenskyj im Vatikan

Nach dem fatalen Treffen im Weißen Haus kommt es im Vatikan zu einer neuen Begegnung zwischen Trump und Selenskyj, wo die beiden an der Beisetzung von Papst Franziskus teilnehmen. 

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj (r) und US-Präsident Donald Trump bei der Beerdigung von Papst Franziskus im Vatikan.

© dpa/Uncredited

Trump spricht danach von einem „guten Treffen“. „Ich sehe ihn ruhiger. Ich denke, er versteht die Lage und möchte einen Deal machen“, sagt er über Selenskyj. Gleichwohl habe Selenskyj bei dem Treffen nach mehr Waffen gefragt. 

In sozialen Medien wettert Trump Richtung Russland: „Vielleicht will er den Krieg nicht beenden ... und muss anders behandelt werden“ Er fügt hinzu: „Zu viele Menschen sterben!!!“

Zudem fordert er den Kreml-Chef zur Unterzeichnung eines Friedensabkommens auf. „Ich möchte, dass er mit dem Schießen aufhört, sich hinsetzt und einen Deal unterschreibt“, sagte Trump auf die Frage, was er von Putin erwarte. Putin müsse sein Engagement für die Beendigung des Krieges unter Beweis stellen. 


30. April: Der Deal mit den Mineralien

Das umstrittene Mineralienabkommen zwischen Washington und Kiew wird unterzeichnet: Es enthält zwar keine konkreten Sicherheitsgarantien für die Ukraine, aber eine „langfristige strategische Ausrichtung“ zwischen den beiden Ländern und die „Unterstützung der USA für die Sicherheit, den Wohlstand, den Wiederaufbau und die Integration der Ukraine in globale Wirtschaftsstrukturen“.

Für US-Finanzminister Scott Bessent ist es „ein klares Signal an Russland, dass die Trump-Regierung sich langfristig für einen Friedensprozess einsetzt, dessen Mittelpunkt eine freie, souveräne und prosperierende Ukraine ist“.


19. Mai: Trump nennt Putin „verrückt“

In einem Telefonat mit Putin scheint Trump die Forderung Russlands nach einer Verschiebung des Waffenstillstands zu akzeptieren und damit den Weg für eine Fortsetzung der Kämpfe frei zu machen.

Doch weniger als eine Woche später, nach einem weiteren massiven russischen Raketen- und Drohnenangriff auf die Ukraine, droht Trump mit neuen Sanktionen gegen Moskau und sagt, er sei „nicht glücklich mit dem, was Putin tut“. Unabhängig davon schreibt er in den sozialen Medien, Putin sei „völlig VERRÜCKT geworden!“


8. Juli: Er verschärft seine Kritik am Kreml-Chef

Trump verschärft seine Kritik an Putin und bekräftigt seine Pläne, weitere Waffen in die Ukraine zu liefern: „Ich bin nicht glücklich mit Putin, das kann ich Ihnen jetzt schon sagen, denn er tötet viele Menschen.“ Er fügt hinzu: „Er ist immer sehr nett, aber das erweist sich als bedeutungslos.“

Die Äußerungen kommen wenige Tage, nachdem das Weiße Haus bekannt gegeben hatte, dass das Pentagon die Lieferung einiger wichtiger Waffen gestoppt habe, und weniger als zwei Wochen nach dem Treffen mit Selenskyj auf dem NATO-Gipfel. Trump sagt über den ukrainischen Präsidenten: „Er hätte nicht netter sein können. Ich glaube, er würde gerne ein Ende dieser Situation sehen.“


13. Juli: Trump verspricht der Ukraine weitere Waffen

Der US-Präsident setzt sich plötzlich so stark wie nie zuvor für die Ukraine ein. Er erklärt, er werde der Ukraine dabei helfen, moderne Waffen wie Patriot-Raketen zu beschaffen, die von der Europäischen Union bezahlt werden. Russland wiederum droht er mit Strafzöllen, sollte der Krieg nicht innerhalb von 50 Tagen beendet sein, und sagt, die Ukrainer würden „mit enormem Mut weiterkämpfen“.

Die von ihm vorgegebene Frist lässt Trump dann aber doch wieder ohne Konsequenzen verstreichen – ein typisches Verhaltensmusters des Präsidenten, schreibt die Washington Post.


15. August: Trump hofiert Putin in Alaska

Nach einer Reihe widersprüchlicher Signale kündigt Trump ein Gipfeltreffen mit Putin in Alaska an: Zwei Tage zuvor traf sich sein US-Sonderbeauftragter Steve Witkoff in Moskau mit Putin, und Trump verdoppelte die Zölle für Indien, nachdem er zuvor gedroht hatte, Länder zu bestrafen, die russisches Öl kaufen.

US-Präsident Trump schüttelt dem russischen Präsidenten die Hand.

© REUTERS/KEVIN LAMARQUE

Im Vorfeld des Treffens in Anchorage, Alaska, deutet Trump an, dass die Ukraine – die nicht zum Gipfeltreffen eingeladen wurde – im Rahmen eines Friedensabkommens möglicherweise Gebiete abtreten muss, und beschreibt dies als „einen Gebietsaustausch zum Wohle beider Seiten”.

Das Treffen auf US-amerikanischem Boden wird als Sieg für den russischen Präsidenten gedeutet, der ohne Zugeständnisse mit einem roten Teppich empfangen wird. Der Gipfel endet ohne Einigung, und Trump lässt seine Forderung nach einem sofortigen Waffenstillstand fallen.

Einige Tage nach dem Treffen besuchen Selenskyj und die europäischen Verbündeten der Ukraine das Weiße Haus, um Schadensbegrenzung zu betreiben. Sie möchten Trump davon abhalten, Putin Zugeständnisse zu machen.


23. September: Kiew könnte Trump zufolge das ganze Land zurückerobern

In einem Social-Media-Post vollzieht der US-Präsident einen bemerkenswerten Kurswechsel. Trump schreibt, dass die Ukraine mit Hilfe westlicher Verbündeter in der Lage sein könnte, ihr Staatsgebiet von den russischen Besatzern zurückzuerobern.

Mit Zeit, Geduld und finanzieller Unterstützung Europas und insbesondere der Nato sei die Wiederherstellung der ursprünglichen Grenzen vom Zeitpunkt, als der Krieg begonnen hatte, „eine Option“. Russlands Armee nennt er einen „Papiertiger“. Trump hatte kurz zuvor den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj in New York getroffen.


(Mitte/Ende Oktober): Trumps Kehrtwende bei den Tomahawk-Raketen

Plötzlich spielt der US-Präsident öffentlich mit dem Gedanken, Langstrecken-Tomahawk-Raketen in die Ukraine zu schicken, die Ziele tief im russischen Inneren treffen könnten. „Wollen sie (die Russen), dass Tomahawks in ihre Richtung fliegen? Ich glaube nicht.“ Er könne den Russen sagen: „Hört mal, wenn dieser Krieg nicht beendet wird, werde ich ihnen Tomahawks schicken.“

Moskau reagiert daraufhin empört. Nach einem Telefonat mit Putin ändert Trump allerdings seine Meinung und erklärt: „Wir wollen nichts preisgeben, was wir zum Schutz unseres Landes brauchen.“ Auf die Frage eines Reporters, ob die USA nun die Raketen liefern wollen, antwortet Trump später: „Nein, nicht wirklich.“

Er kündigt ein weiteres Gipfeltreffen mit Putin in Budapest an, das aber nicht zustande kommt. Trump sagt es eine Woche später wieder ab. „Jedes Mal, wenn ich mit Wladimir spreche, habe ich gute Gespräche, aber dann führen sie nirgendwo hin“, sagt der Republikaner bei einem Treffen mit Nato-Generalsekretär Mark Rutte im Weißen Haus. Kurz darauf verhängt er Sanktionen gegen die russischen Ölkonzerne Lukoil und Rosneft.


(November/Dezember): Trump drängt die Ukraine, den US-Friedensplan zu akzeptieren

Vertreter der Trump-Regierung haben einen 28-Punkte-Friedensplan für die Ukraine vorgelegt. Sie drängen Kiew zur Annahme mit dem Argument, die Ukraine verliere Territorium und werde „in kurzer Zeit verlieren“. Präsident Selenskyj könne entweder dem Vorschlag zustimmen oder „weiterhin mit aller Kraft kämpfen“, so Trump.

Die Ukraine, europäische Staats- und Regierungschefs und einige US-Abgeordnete betrachten den Plan äußerst skeptisch. Sie sehen darin Vorteile für Russland, da er die Abtretung von Gebieten an Moskau, eine Verkleinerung der ukrainischen Armee und den Ausschluss von NATO-Truppen vom ukrainischen Hoheitsgebiet fordert. Vielfach wird sogar vermutet, der Kreml könnte an der Ausarbeitung beteiligt gewesen sein.

In den folgenden Wochen arbeiten Regierungsvertreter aus den USA, der Ukraine und Europa daran, den Vorschlag zu ändern.

Sowohl Selenskyj als auch Putin bleiben unnachgiebig. Anfang Dezember erklärt Putin, dass Teile des US-Plans für ihn inakzeptabel seien und Russland ukrainisches Gebiet mit militärischer Gewalt oder anderen Mitteln einnehmen werde. In der folgenden Woche verspricht Selenskyj, die Ukraine werde kein Territorium aufgeben.

Und Trump? Er kritisiert Selenskyj dafür, dass dieser angeblich die neueste von den USA an Kiew übermittelte Version des Friedensplanes noch nicht gelesen habe.

Am Montag wiederholt Trump in einem Interview mit „Politico“, das auch die wie „Politico“ zum Axel-Springer-Verlag gehörende „Bild“ veröffentlicht, die Vorwürfe gegen Selenskyj und erklärt, dass er hoffe, der ukrainische Präsident habe den neuen Plan über Nacht gelesen. Er müsse „in die Gänge kommen und Dinge akzeptieren“. (lum)

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