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Wolodymyr Selenskyj, Präsident der Ukraine, spricht vor einer überreichten ukrainischen Flagge, die von den Frontsoldaten in Bachmut signiert wurde.

© dpa/Jacquelyn Martin

Update

Emotionaler Auftritt in Washington: Selenskyi vor dem US-Kongress – die Ukraine wird sich „niemals ergeben“

Der ukrainische Staatschef wurde im Kongress mit stehendem Applaus empfangen. Zuvor traf er US-Präsident Biden, der ihm weiter volle Unterstützung versicherte.

| Update:

Auf seiner ersten Auslandsreise seit Beginn der russischen Invasion hat der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj vor dem US-Kongress in Washington versichert, dass sich sein Land „niemals ergeben“ werde.

„Die Ukraine hält ihre Stellungen und wird sich niemals ergeben“, sagte der Staatschef am Mittwoch bei einer gemeinsamen Sitzung der beiden Kammern des US-Parlaments. Zu seiner historischen Rede war er von den Abgeordneten und Senatoren mit lang anhaltendem stehenden Applaus empfangen worden.

„Im Gegensatz zu all den dunklen Vorhersagen ist die Ukraine nicht gefallen“, sagte Selenskyj. „Die Ukraine lebt und kämpft.“ Zugleich bedankte sich der Präsident für die Unterstützung der USA im Kampf gegen die russischen Angreifer. Das Geld aus Washington sei aber „keine Wohltätigkeit – es ist eine Investition in die weltweite Sicherheit und in die Demokratie“.

Der Besuch in Washington ist die erste Auslandsreise des ukrainischen Präsidenten seit Kriegsbeginn im Februar. Vor seiner Ansprache vor dem Kongress war er von US-Präsident Joe Biden empfangen worden.

Biden versichert ihm Beistand, „so lange es nötig ist“

Dabei sicherte Biden dem ukrainischen Staatschef die dauerhafte Unterstützung der USA und des Westens zu. „Sie werden niemals allein sein“, sagte Biden bei einer gemeinsamen Pressekonferenz im Weißen Haus. „Wir werden Ihnen beistehen, so lange es nötig ist.“

Der ukrainische Staatschef Wolodymyr Selenskyj mit US-Präsident Joe Biden.
Der ukrainische Staatschef Wolodymyr Selenskyj mit US-Präsident Joe Biden.

© IMAGO/ZUMA Wire / IMAGO/Chris Kleponis

Biden sieht den Freiheitskampf der Ukraine gegen Russland als Teil eines umfassenderen Konflikts.

„Wir spüren in unseren Knochen, dass der Kampf der Ukraine Teil von etwas viel Größerem ist. Das amerikanische Volk weiß, dass die Welt sicherlich mit schlimmeren Folgen konfrontiert wäre, wenn wir angesichts solch unverhohlener Angriffe auf Freiheit und Demokratie und die Grundprinzipien der Souveränität und territorialen Integrität tatenlos zusehen würden“, sagte Biden am Mittwoch im Weißen Haus.

Die USA würden Kiew weiter mit allen Kräften unterstützen – solange dies notwendig sei, sagte Biden.

Er sieht keine schwindende Unterstützung des Westens für die Ukraine. „Ich sehe keinen Grund zur Annahme, dass die Unterstützung nachlassen wird.“ Er habe die Nato und die Europäische Union noch nie so geeint gesehen. „Und ich sehe keine Anzeichen dafür, dass sich daran etwas ändern wird. Wir alle wissen, was hier auf dem Spiel steht - die Idee der Souveränität, die UN-Charta.“

Biden sicherte Selenskyj den größtmöglichen Beistand bei der Verteidigung gegen den russischen Angriffskrieg zu. Es sei für ihn wichtig, zu wissen, „dass wir alles in unserer Macht stehende tun werden (...), um seinen Erfolg zu sichern.“. Russlands Präsident Wladimir Putin sei in der Ukraine bereits gescheitert und werde wieder scheitern, so Biden weiter. Selenskyj sei bereit, „sein Leben für sein Land zu geben“.

Selenskyj dankt für die neueste militärische Unterstützung

Biden warf Russland vorgeworfen, im Krieg gegen die Ukraine „den Winter als Waffe“ einzusetzen. Moskau greife während der kältesten und dunkelsten Jahreszeit gezielt die Infrastruktur der Ukraine an, sagte Biden.

Wolodymyr Selenskyj beantwortet während der Pressekonferenz die Fragen der Journalisten.
Wolodymyr Selenskyj beantwortet während der Pressekonferenz die Fragen der Journalisten.

© REUTERS/KEVIN LAMARQUE

Russland lasse die Menschen in der Ukraine hungern und frieren. „Das ist das jüngste Beispiel für die ungeheuerlichen Gräueltaten, die die russischen Streitkräfte an unschuldigen ukrainischen Zivilisten, Kindern und ihren Familien begehen.“

Selenskyj dankte dem amerikanischen Präsidenten Joe Biden für das neuste militärische Unterstützungspaket. Das darin enthaltene Patriot-Flugabwehrsystem werde den Luftraum der Ukraine vor weiteren „Terrorangriffen“ des russischen Militärs auf die ukrainische Infrastruktur schützen.

Die USA sind der wichtigste Verbündete der Ukraine. Sie unterstützen das Land bei der Verteidigung gegen Russlands Angriff unter anderem mit Militärausrüstung und Geld. Anlässlich des Besuchs von Selenskyj kündigten die USA ein weiteres Militärhilfe-Paket in Höhe von 1,85 Milliarden US-Dollar (rund 1,7 Milliarden Euro) an.

Darin enthalten ist auch eine Patriot-Batterie. Das Luftverteidigungssystem dürfte Russlands Angriffe mit Raketen und Drohnen auf die zivile Infrastruktur in der Ukraine erschweren.

„Und wir werden gewinnen“

Mit eindringlichen Worten wandte sich Selenskyj an das amerikanische Volk. „Ich wünsche Ihnen Frieden“, sagte Selenskyj auf Englisch auf die Frage, was seine Botschaft an die amerikanische Bevölkerung sei. Er wünsche den Menschen in den USA, dass Sie Ihre Kinder leben und aufwachsen sehen könnten, dass sie verfolgen könnten, wie diese zur Universität gingen und eigene Kinder bekämen.

Pressekonferenz im Weißen Haus.
Pressekonferenz im Weißen Haus.

© AFP/BRENDAN SMIALOWSKI

Frieden sei das Wichtigste. „Wir kämpfen wirklich für einen gemeinsamen Sieg gegen diese Tyrannei“, sagte Selenskyj im Weißen Haus mit Blick auf den russischen Angriffskrieg gegen sein Land. „Und wir werden gewinnen.“ Dessen sei er sich sicher.

Empfang für Selenskyj mit rotem Teppich

Wolodymyr Selenskyj wurde am Mittwochnachmittag (Ortszeit) von US-Präsident Joe Biden und dessen Ehefrau Jill mit einem roten Teppich vor dem Weißen Haus in der Hauptstadt Washington empfangen.

Biden trat wie gewohnt im Anzug auf, Selenskyj trug einen olivgrünen Armeepullover und eine dazu passende Hose. „Wir werden weiterhin die Fähigkeit der Ukraine stärken, sich selbst zu verteidigen, insbesondere die Luftverteidigung, und deshalb werden wir der Ukraine Patriot-Raketenbatterien bereitstellen“, sagte Biden kurze Zeit später im Oval Office. Selenskyj überreichte Biden als Zeichen des Dankes die Medaille eines ukrainischen Soldaten.

„Das amerikanische Volk steht stolz an der Seite des ukrainischen Volkes“, erklärte Biden. Selenskyj bedankte sich „von ganzem Herzen“ und erwiderte: „Es ist eine große Ehre, hier zu sein.“

Wolodymyr Selenskyj überreicht Joe Biden ein Geschenk im Oval Office des Weißen Hauses.
Wolodymyr Selenskyj überreicht Joe Biden ein Geschenk im Oval Office des Weißen Hauses.

© dpa / AP/Patrick Semansky

Seit Beginn der Amtszeit von Präsident Joe Biden im Januar 2021 stellten die USA Militärhilfe für die Ukraine in Höhe von knapp 22 Milliarden US-Dollar bereit.

Selenskyj landete am Mittwoch auf dem Militärflughafen Joint Base Andrews unweit der US-Hauptstadt Washington mit einer amerikanischen Regierungsmaschine. Am Abend amerikanischer Zeit ist zudem eine Rede Selenskyjs vor dem Kongress geplant. Er hatte bereits im März eine Videoansprache vor dem US-Kongress gehalten. Damals forderte er die Einrichtung einer Flugverbotszone zum Schutz der Ukraine.

Kreml warnt vor Verschärfung des Konflikts

Seit Kriegsbeginn am 24. Februar hatte Selenskyj Auslandsreisen gemieden. Für Auftritte auf der politischen Weltbühne – etwa beim G7-Gipfel im bayerischen Elmau – ließ er sich stets digital aus der Ukraine zuschalten.

Es handelt sich um Selenskyjs zweiten Besuch im Weißen Haus seit Bidens Amtsantritt. Zuletzt hatte der US-Präsident ihn im Sommer 2021 in Washington empfangen. Dem Weißen Haus zufolge sprachen Biden und Selenskyj während eines Telefonats Mitte Dezember erstmals über einen möglichen Besuch in Washington. Später sei dann eine offizielle Einladung erfolgt.

Der Kreml hatte bereits vor Selenskyjs Ankunft in den USA vor einer Verschärfung des Konflikts gewarnt – und kündigte eine weitere Aufrüstung der russischen Armee an: mit mehr Geld, mehr Soldaten und moderneren Waffensystemen. Selenskyj hatte betont, Ziel seines Besuchs in Washington sei die Stärkung der Stabilität und Verteidigungsfähigkeit der Ukraine. (mit dpa/AFP/Reuters)

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