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Verdacht auf Missbrauch von EU-Geldern: Brüssels frühere Außenbeauftragte Mogherini festgenommen
Die Italienerin Federica Mogherini war zwischen 2014 und 2019 EU-Außenbeauftragte. Nun ist sie in Gewahrsam. Der Vorwurf: Sie soll als Rektorin einer Elite-Universität Finanzmittel der EU missbraucht haben.
Stand:
Die ehemalige EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini ist wegen des Verdachts auf Missbrauch von EU-Geldern festgenommen worden. Mogherini befinde sich derzeit in Polizeigewahrsam, wie die Nachrichtenagentur AFP aus Ermittlungskreisen erfuhr. Ermittler nahmen zudem auch den italienischen EU-Spitzenbeamten Stefano Sannino sowie eine weitere Person fest, wie die belgische Nachrichtenagentur Belga unter Berufung auf Justizkreise berichtete.
In dem Verfahren geht es um Gelder der Elite-Universität College of Europe in Brügge, der Mogherini inzwischen als Rektorin vorsteht. Die Italienerin war zwischen 2014 und 2019 für die europäische Außen- und Sicherheitspolitik zuständig. Allen drei wird Betrug bei der Verwendung von EU-Geldern vorgeworfen.
Ins Visier der Ermittler ist nicht nur die Eliteuniversität geraten, sondern auch der Auswärtige Dienst der EU. Die belgische Polizei durchsuchte die Räume des Europäischen Auswärtigen Dienstes (EAD) in Brüssel und der Eliteuniversität in Brügge. Die Uni gilt als Kaderschmiede für EU-Beamte und Diplomaten.
Insgesamt wurden drei Verdächtige festgenommen, wie die Europäische Staatsanwaltschaft (EPPO) mit Sitz in Luxemburg mitteilte. Vor den Durchsuchungen wegen Betrugsverdachts sei die Immunität mehrerer Verdächtiger aufgehoben worden. Die Behörden durchsuchten demnach auch Wohnungen. Zur Identität wollte sich die EPPO nicht äußern.
Die Staatsanwaltschaft ermittelt demnach wegen des Verdachts der Vetternwirtschaft bei der Vergabe eines neunmonatigen Ausbildungsprogramms für künftige EU-Diplomaten. Laut EPPO hatte der Auswärtige Dienst der EU das Europakolleg nach einem Ausschreibungsverfahren mit der Durchführung des Programms beauftragt.
Vorab über Auswahlkriterien informiert?
Bei den laufenden Ermittlungen gehe es darum, ob die Universität oder ihre Vertreter vorab über die Auswahlkriterien informiert waren oder bereits vor Veröffentlichung der Ausschreibung wussten, dass sie den Zuschlag für das Projekt erhalten würden, teilte EPPO mit. Es bestehe der „starke Verdacht“, dass vertrauliche Informationen an einen Bewerber weitergegeben wurden.
Die Vorwürfe beziehen sich auf den Zeitraum 2021-2022. Mogherini war von 2014 bis 2019 an der Spitze des EAD und zudem Vizepräsidentin der EU-Kommission. Mögliche Straftaten seien Betrug bei der Vergabe öffentlicher Aufträge, Korruption, Interessenkonflikte und die Verletzung des Berufsgeheimnisses, so die Europäische Staatsanwaltschaft.
Die Europäische Staatsanwaltschaft, 2021 offiziell eingerichtet, ist eine unabhängige EU-Behörde zur Bekämpfung von Betrug mit EU-Geldern. Für die Durchsuchungen hatte die Behörde die Aufhebung der Immunität mehrerer Verdächtiger beantragt, die gewährt wurde. Die Ermittlungen werden gemeinsam mit einem Untersuchungsrichter aus dem belgischen Westflandern geführt. Auch das EU-Amt für Betrugsbekämpfung unterstützt demnach.
Eine Sprecherin der EU-Kommission bestätigte die Durchsuchungen. Es gehe dabei um Vorgänge aus einem vorherigen Mandat. Weitere Fragen, etwa ob unter den Festgenommenen auch Mitarbeiter des EAD seien, beantwortete sie mit Verweis auf laufende Ermittlungen nicht. Auch die Europäische Staatsanwaltschaft betonte, dass die Untersuchung nicht abgeschlossen sei und noch geklärt werden müsse, ob Straftaten vorlägen.
Es ist nicht das erste Mal, dass EU-Vertreter in den Fokus der Ermittlungsbehörden geraten. Kurz nach seinem Ausscheiden als EU-Kommissar für Justiz vor gut einem Jahr gab es etwa gegen Didier Reynders Ermittlungen wegen des Verdachts auf Geldwäsche.
2022 hatten Ermittlungen zu Korruption, Geldwäsche und versuchter Einflussnahme eines Golfstaats das Europaparlament erschüttert. Dieses Jahr wurden erneut Büros im Europäischen Parlament in Brüssel durchsucht. Die Ermittlungen standen im Zusammenhang mit Vorwürfen, der chinesische Technologiekonzern Huawei habe versucht, unerlaubten Einfluss auf Entscheidungsprozesse auszuüben. (Tsp/dpa/AFP)
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