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Kämpfer der russischen Söldnergruppe Wagner.

© Imago/SNA/ Viktor Antony

„Verluste waren gigantisch“: Ex-Häftlinge berichten von Einsatz an russischer Front

Sie seien in Wellen gegen die ukrainischen Verteidiger angerannt, berichtet ein Russe in Kriegsgefangenschaft. Der Großteil seiner Einheit fiel demnach an der Front.

Die Anzahl getöteter und verwundeter russischer Soldaten ist unter Bataillonen aus ehemaligen Häftlingen besonders hoch. Militäranalysten und westliche Regierungen schätzen die Rate der Verletzten und Gefallenen in diesen Einheiten auf etwa 70 Prozent. Das berichtet die „New York Times“, die in der Westukraine die Möglichkeit hatte, russische Kriegsgefangene zu interviewen.

Als Grund, im Krieg gegen die Ukraine zu dienen, führen die ehemaligen Häftlinge die Aussicht auf eine Begnadigung an. Ein russischer Gefreiter namens Sergej gab gegenüber der Zeitung an, dass er 2020 wegen Drogenhandels zu zehn Jahren Haft verurteilt worden war.

Vor seinem Haftantritt habe der Techniker mit seiner Frau und seinen drei Kindern im hohen Norden Sibiriens gelebt. „Natürlich fürchtet jeder normale Mensch den Tod“, zitiert ihn die „NYT“. „Aber eine Begnadigung für acht Jahre ist wertvoll.“

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Aus der Strafkolonie sei es direkt an die Front gegangen. Dort habe er gemeinsam mit anderen ehemaligen Häftlingen in einer Wagner-Einheit nahe der umkämpften Stadt Bachmut gekämpft. Misshandlungen, wie sie in den Gefängnissen an der Tagesordnung seien, blieben laut Sergej auch an der Front bestehen. „Wir sind Gefangene, auch wenn es ehemalige Gefangene sind“, sagte er. „Wir sind niemand und haben keine Rechte.“

Ex-Häftlinge werden in Wellen geschickt

Bevor er am Neujahrstag in den Kampfeinsatz geschickt wurde, sei er als Bahrenträger im Einsatz gewesen. Die getöteten und verstümmelten Kameraden hätten ihm einen Einblick gegeben, was ihn erwartet.

Bei seinem ersten Fronteinsatz sei er in ukrainische Gefangenschaft geraten, ein Kamerad habe flüchten können, die übrigen acht Kämpfer aus seiner Einheit seien von den ukrainischen Verteidigern getötet worden. Ihr Ziel, etwa 500 Meter vorzurücken, sei gescheitert. Ausgerüstet seien sie mit Sturmgewehren und Handgranaten gewesen, ein Soldat habe ein leichtes Maschinengewehr gehabt.

Wir sind niemand und haben keine Rechte.

Gefreiter Sergej im Interview mit der „New York Times“

Ehemalige Häftlinge als Kanonenfutter zu nutzen, sei an der Front üblich, wird Sergej zitiert. Die „Verluste waren gigantisch“. Nach einem Angriff sei die nächste Gruppe „nach einer Pause von 15 oder 20 Minuten gefolgt, dann eine weitere, dann eine weitere“.

Ein 44-jähriger russischer Gefreiter namens Aleksandr schilderte der „NYT“ ebenfalls seine Eindrücke: „Sie brachten uns in einen Keller, teilten uns in Fünfergruppen ein und sagten uns, obwohl wir nicht ausgebildet waren, wir sollten vorwärts rennen, so weit wir könnten.“ Er sei mit vier anderen Soldaten an die Front geschickt worden – drei starben laut seiner Aussage, zwei wurden gefangen genommen.

Der Vorsitzende des Verteidigungs- und Geheimdienstausschusses im ukrainischen Parlament, Oberst Roman Kostenko, beobachtet die russische Taktik mit Sorge. „Das ist effektiv. Ja, sie haben schwere Verluste. Aber mit diesen schweren Verlusten rücken sie manchmal vor“, sagte er der „New York Times“. (Tsp)

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