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Wer wird Selenskyjs neuer Berater?: Das sind die fünf Kandidaten für Jermaks Nachfolge
Nach dem Rücktritt von Andrij Jermak sucht der ukrainische Staatschef Selenskyj nach einem neuen Leiter seines Präsidialamts. Die zentrale Frage lautet: Wer kann diese Rolle ausfüllen?
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Nach dem Rücktritt von Andrij Jermak, der das ukrainische Präsidialamt fast sechs Jahre lang leitete, muss Wolodymyr Selenskyj einen neuen wichtigsten Berater finden. Nach Einschätzung des Politologen Wolodymyr Fesenko war Jermaks Demission nicht nur Folge der Korruptionsvorwürfe, sondern auch auf Vertrauensverlust und Machtkonflikte zurückzuführen.
Neben einer neuen Person könnte sich auch der Arbeitsbereich eines neuen Leiters des Präsidialamts ändern. Einem Bericht von „RBC-Ukraine“ zufolge, der sich auf Quellen aus dem Präsidialamt stützt, plant Selenskyj, sich demnächst selbst stärker auf Außenpolitik, Diplomatie und Verhandlungen zu konzentrieren. Der Jermak-Nachfolger soll sich demnach eher um Innenpolitik kümmern.
Mychajlo Podoljak, Berater des Präsidialamts, bestätigte diese Logik im ukrainischen Fernsehen. Er sagte: „Die Aufgaben des Leiters des Präsidialamts sind offensichtlich: Moderation der Verhandlungsprozesse, an denen der Präsident teilnimmt, und Koordination der Innenpolitik.“
Zu den wahrscheinlichsten Kandidaten zählen:
- Pawlo Paliza, stellvertretender Leiter des Präsidialamts
- Mychajlo Fedorov, Vize-Premier und Minister für digitale Transformation
- Kyrylo Budanov, Chef des militärischen Geheimdienstes
- Denys Schmyhal, Verteidigungsminister
- Julija Swyrydenko, Premierministerin
Jeder von ihnen steht für einen eigenen Ansatz staatlicher Steuerung.

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Pawlo Paliza verkörpert das Modell des „militärischen Managements“: Im Präsidialamt war er für die Koordination des Verteidigungsblocks und die Umsetzung von Reformen im Sicherheitssektor verantwortlich. Seine Befürworter betonen, dass gerade ein solches Profil in einer Phase wichtig ist, in der der Krieg den Rhythmus der staatlichen Verwaltung bestimmt.
Vize-Premier Mychajlo Fedorov steht für die digitale Zentralisierung und Modernisierung. Seine Ernennung würde einen institutionellen Wandel hin zu einer technologischen Verwaltung signalisieren, bei der Krisenmanagement auf Daten, Automatisierung und digitalen Prozessen basiert.
Kyrylo Budanov, Chef des militärischen Geheimdienstes, wäre eine Option, die die Natur des Präsidialamts selbst verändern würde: durch eine Denkweise aus dem Bereich der Spezialoperationen, größere Autonomie und Priorität für Sicherheitsfragen. Für manche Politiker wäre das ein Signal der Stärke, für andere ein Risiko übermäßiger Machtkonzentration in den Sicherheitsstrukturen.
Verteidigungsminister Schmyhal und Premierministerin Swyrydenko stehen für einen wirtschaftsorientierten Kurs, doch beide Varianten hätten politische Folgen, etwa mögliche Veränderungen im Kabinett.
Der Rücktritt Jermaks markiert den Übergang von einem personalisierten zu einem institutionellen Modell der Macht. Wie Politologe Wolodymyr Fesenko erklärt, soll der neue Leiter keine Wiederholung des bisherigen Machtgefälles schaffen, sondern ein Entscheidungssystem aufbauen, in dem Militär, Regierung und Parlament im Gleichgewicht stehen.
Serhii Kuzan, Leiter des ukrainischen Zentrums für Sicherheit und Zusammenarbeit, erklärte im Gespräch mit dem Tagesspiegel: „Das wichtigste Kriterium für den Nachfolger ist die Fähigkeit, die militärische Logik der Entscheidungsfindung in das nationale Verwaltungssystem zu integrieren.“ Der künftige Leiter des Präsidialamts müsse das Vertrauen der Streitkräfte genießen und zugleich ein politisches Gleichgewicht zwischen den verschiedenen Machtzentren gewährleisten.
Politologe Fesenko ergänzt: „Militärische Erfahrung allein garantiert keine Effektivität, wenn der neue Leiter des Präsidialamts nicht über ausreichende politische Eigenständigkeit verfügt.“ Er benötige also die Fähigkeit, dem bürokratischen Druck zu widerstehen, zwischen verschiedenen Einflussgruppen zu vermitteln und die Steuerungsfähigkeit des Systems im Kriegszustand zu sichern.
Im ukrainischen Regierungssystem soll das Präsidialamt künftig als Koordinationszentrum fungieren, in dem die wichtigsten Entscheidungen über Verteidigung, Wirtschaft und Politik zusammenlaufen. Daher dürfte die Wahl des Kandidaten den weiteren Kurs des ukrainischen Staates bestimmen.
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