zum Hauptinhalt
Uni-Präsident Günter Ziegler.

© dpa/Jörg Carstensen

Exklusiv

Judenhass an der FU: Präsident verhinderte Antisemitismusbeauftragten

Nach dem 7. Oktober 2023 baten jüdische Studierende mehrfach um die Berufung eines Antisemitismusbeauftragten. Uni-Präsident Günter Ziegler entschied sich dagegen.

Von Robert Galsen

Stand:

Der Skandal um das zögerliche Vorgehen von Günter Ziegler gegen Antisemitismus an seiner Universität ist größer als bislang bekannt.

Nach dem Terror der Hamas vom 7. Oktober 2023 und den zunehmenden Feindseligkeiten gegenüber jüdischen Studierenden auf dem Campus wurde der Präsident der Freien Universität über Monate hinweg von Betroffenen um Hilfe gebeten. Konkret baten die jüdischen Studierenden ihn bei verschiedenen Treffen um die Berufung eines Antisemitismusbeauftragten. Doch Günter Ziegler ging nicht auf die Bitten ein.

Stattdessen installierte die Universität lediglich einen sogenannten „Antisemitismusberater“, der Opfer antisemitischer Anfeindungen auf dem Campus beraten solle. Sein offizieller Titel lautet „Vertrauensperson für von Antisemitismus Betroffene“.

Immer wieder wiesen die Betroffenen das Präsidium darauf hin, dass ein solcher „Antisemitismusberater“ keinesfalls ausreiche und dieser Schritt letztlich auch nicht hilfreich sei. „Diese Maßnahme verfehlt schlicht das Ziel“, erklärt einer derjenigen, die mit dem Präsidium in Kontakt standen, dem Tagesspiegel. „Die Universitätsleitung hat sich bewusst dafür entschieden, keine Struktur schaffen, die sich konsequent mit antisemitismuspezifischen Themen auseinandersetzt, die auch eigene Veranstaltungen organisiert und Workshops anbietet.“

Die von der Uni angebotenen Workshops seien teilweise von empörend schlechter Qualität gewesen: „In einem solchen Workshop wurde etwa die Geschichte Israels erst ab 1947 erzählt. Die gesamte Geschichte des Judentums in der Region – also mehrere tausend Jahre jüdisches Leben – wurde einfach ausgelassen.“ Als mehrere Studierende, darunter jüdische, auf diesen Missstand hinwiesen, bekamen sie zur Antwort: Falls sich diese unwohl fühlten, könnten sie ja den Raum verlassen.

Bei dieser Veranstaltung waren ein Mitglied des Präsidiums sowie eine Mitarbeiterin der Stabsstelle Diversity anwesend. Sie griffen nicht zugunsten der Studierenden ein.

Die Pressestelle der FU weicht Fragen aus

Dass die Universität die Berufung eines Antisemitismusbeauftragen ablehnte und stattdessen lediglich einen „Antisemitismusberater“ ernannte, hat aus Sicht der Betroffenen zudem einen weiteren gravierenden Nachteil: Denn dieser „Antisemitismusberater“ verfüge leider kaum über die erforderlichen Kompetenzen, um Opfern antisemitischer Angriffe auf dem Campus helfen zu können. Der ausgewählte Professor war zwar bis 2022 Professor für Biblische Theologie, laut FU liegt sein Schwerpunkt auf „jüdisch-christlichen Beziehungen und religiös motiviertem Antisemitismus“.  Tatsächlich benötige es aber Expertise zu israelbezogenem Antisemitismus beziehungsweise antisemitismuskritischer Bildungsarbeit.

Auf Anfrage des Tagesspiegels, ob Günter Ziegler um die Berufung eines Antisemitismusbeauftragten gebeten wurde und was seine Reaktion darauf war, antwortet die Pressestelle der FU lediglich mit dem Satz: „Die Unsicherheit und Sorgen unter jüdischen Studierenden werden dem Präsidium auch an der Freien Universität kommuniziert.“

Dass sich das Präsidium gegen eine solche Berufung entschied, lässt die Pressestelle unerwähnt.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })