zum Hauptinhalt
Kinder-Kochkurs im Sticks 'n' Sushi. Die „Kids Sushi Köche“ dürfen gleich loslegen und eigene Maki rollen.

© Cee Cee Creative

Kinder-Kochkurse: Rollen wie die Meister

Kinder und Küche gehören zusammen. Dass auch Sechsjährige schon komplexe Rezepte und filigrane Handgriffe mit viel Spaß lernen können, zeigt sich beim Kinder-Kochkurs im „Sticks ’n’ Sushi“.

Von Kai Röger

Die traditionelle Ausbildung zu einem Sushi-Meister, einem Itamae, der mit zehn Messern "hinter dem Brett steht", dauert in Japan mindestens zehn Jahre, die zu einem Sushiya, der nur mit drei Messern arbeitet, immerhin noch mindestens sechs Jahre. Bei Song Lee im "Sticks ’n’ Sushi" ist die Ausbildung nach nur gut einer Stunde abgeschlossen. Aber schon nach so kurzer Zeit sind alle Teilnehmer in der Lage, einfache Hoso-Maki, aber auch komplizierte Inside-out-Rolls, sogenannte Ura-Maki, rollen zu können. Und das so geschickt, dass ein Gaijin, ein außerhalb Japans Geborener, auf den ersten Blick kaum einen Unterschied zu den Maki der Profis erkennen würde. Lediglich der Blick auf den „hinter dem Brett Stehenden“ offenbart, dass hier kein Großmeister, sondern "Kids Sushi Köche" von sechs bis zwölf Jahren am Werk waren.

An einem Sonntag pro Monat öffnet das Sticks ’n’ Sushi schon mittags seine Türen zu einem Kids-Sushi-Kochkurs. So wie heute. Elf Kinder sind angemeldet, acht Mädchen, drei Jungs – auch das ist anders als in der traditionellen Lehre: Sushi-Rollen ist in Japan Männersache. Frauen hätten zu warme Hände, heißt es. Hier interessiert das niemanden. Alle bekommen dieselbe Ausrüstung: eine schwarze Schürze und ein weißes Kopftuch, auf das der Name jedes Kindes geschrieben wird. Auf einem langen Tisch steht alles bereit: Reis, Gemüse, Fisch, Sesam und Holzbretter, auf denen kleine, in Klarsichtfolie hygienisch geschützte Bambusmatten liegen. Sobald jeder hinter seinem Brett steht, fragt Song Lee: "Habt ihr schon Erfahrung mit Sushi gemacht?" – "Es gibt Maki, Sashimi, Inside-out …", erklärt Marie. Alle Kinder nicken, sie kennen sich aus. Was sie denn an Sushi mögen: Enzo sagt, dass er die Kombination der Zutaten mag. Die anderen stimmen zu.

Erste Lektion: Der Klebreis sollte nicht in die Haare gelangen

"Ich mag auch die Algen drumherum", sagt Enzo. Greta ist sich da nicht so sicher: "Wir haben zu Hause keine Algen." Sie mag am liebsten Sushi aus dem "Kuchi", "da ist alles Mögliche drin". Emma, die den Kurs zu Ostern geschenkt bekommen hat, isst sonst eigentlich keinen rohen Fisch, "nur in Sushi". Was da denn anders sei? Die Sojasauce? "Die ist schon sehr würzig", sagt Emma, "aber ich esse Sushi lieber ohne Sauce. Ich mag, dass die Sachen in Sushi echt schmecken, so, wie sie sind."

Es folgt die erste und wichtigste Lektion beim Kochen überhaupt: Hände waschen! Dann geht es los. Mit Maki. "Maki heißt Rolle", erklärt Song Lee. Jeder bekommt ein Nori-Blatt und packt eine große Portion Reis darauf. Der Reis klebt – die Kinder sollen ihre Hände ins bereitgestellte Wasser tauchen, um den überschüssigen Klebreis abzuwischen. Schade, dass es mit T-Shirt und Haaren nicht so einfach geht. Luis, Enzos kleiner Bruder, ähnelt schon nach wenigen Minuten einer Inside-out-Rolle.

Etwas selber machen und sich dabei gegenseitig helfen, das fördert nicht nur den Appetit und die Sozialkompetenz, es macht einfach Spaß.
Etwas selber machen und sich dabei gegenseitig helfen, das fördert nicht nur den Appetit und die Sozialkompetenz, es macht einfach Spaß.

© Cee Cee Creative

Bei der traditionellen Ausbildung würden die Schüler das erste Lehrjahr damit verbringen, Reis zu waschen und so zuzubereiten, dass er klebt, ohne matschig oder kernig zu sein, dass er subtil feinsäuerlich schmeckt und es irgendwie schafft, gleichzeitig luftig und kompakt zu wirken. Der Reis macht das Sushi, weiß der Itamae. Hier ist Song Lee für den Reis verantwortlich. In Berlin kennt man ihn noch als Küchenchef des "Dae-Mon", wo er die koreanische Küche einer Generalüberholung unterzog. Wenn er nicht einmal im Monat Kindern das Sushi-Handwerk näherbringt, ist er Küchenchef im Sticks ’n’ Sushi, einem aus Kopenhagen stammenden Konzeptrestaurant, das japanische Häppchen modern und szenetauglich auf hübsch arrangierten Platten serviert. Regelmäßige Veranstaltungen sind Teil des Restaurantkonzepts. Am beliebtesten sind hier wie in Dänemark die Kinderkochkurse, die meist Monate im Voraus ausgebucht sind.

Der Meister erklärt auch, warum der Bio-Lachs nicht wild gefangen wird

Lars macht nicht zum ersten Mal Sushi, er hat bereits zwei Rollen mit Lachs gefüllt und gekonnt eingedreht, während die anderen noch mit dem Reis zu kämpfen haben. Statt ihn zu bremsen, gibt es ein Sonderlob – Song Lee will, dass die Kinder Spaß am Selbermachen haben. Und etwas über ihr Essen erfahren. "Weiß jemand, woher der Lachs kommt", fragt er in die Runde. "Aus dem Wasser", sagt einer, eine andere rät: "Aus dem Norden?". Es sei norwegischer Lachs, sagt Song Lee. "Wildlachs?", fragt Greta. Der Meister erklärt, dass sie im Restaurant darauf achten, wovon sich die Fische und Garnelen ernährt hätten, das sei kontrolliert nur bei Zuchtlachs und mit Bio-Zertifikat möglich. Song nimmt sich die Zeit und erklärt den Zusammenhang zwischen Zucht, Futter und Antibiotika.

Sich mit Herkunft, Produktionsbedingungen und der daraus entstehenden Qualität der Zutaten auseinanderzusetzen und – noch viel wichtiger – in der Gruppe spielerisch mit Neugier und Spaß die Zutaten anzufassen, zu probieren, daraus selbst etwas zuzubereiten, das ist ein ziemlich sicherer Weg, Kinder zu bewussten Essern zu erziehen. Es ist bekannt: Wer selbst kocht, lebt gesünder, wer früh anfängt, sich für das Kochen zu interessieren, hat gute Chancen, ein gesundes, von Essstörungen freies Leben zu führen. Kein Wunder, dass Initiativen und Krankenkassen schon in Schulen und Kitas Kochkurse für Kinder fördern.

Wer früh lernt zu kochen, lebt gesünder

Enzo zum Beispiel, Luis’ großer Bruder, hat eine Koch-AG in der Schule gewählt. Den Kochkurs hat ihm seine Mutter geschenkt: "Wir haben zu Hause ab und zu Sushi gemacht, aber am liebsten esse ich Sashimi: nur Fisch ohne Reis. Wenn ich 18 bin, haben mir meine Eltern eine Reise nach Japan versprochen." Luzis Handy klingelt. Sie spricht kurz, macht sich dann wieder an die Arbeit, nicht ohne vorher die Hände anzufeuchten. Dann klingelt das Handy wieder, Luzi lässt es diesmal klingeln und widmet sich wieder der Maki. Lars hat bereits seine dritte fertig vor sich liegen. Sie sehen nicht wirklich anders aus als in den meisten Sushi-Imbissen Berlins. Tine hilft Jule bei ihrer ersten Rolle, irgendwie lässt sich die Wurst nicht eindrehen. "Zwei Zentimeter Abstand vom oberen Rand der Bambusmatte, dann geht es einfacher", hilft Song Lee. Lars macht gerade seine vierte Maki fertig.

Am Ende des Kurses darf jedes Kind sein selbst gemachtes Sushi in der Bento-Box mit nach Hause nehmen.
Am Ende des Kurses darf jedes Kind sein selbst gemachtes Sushi in der Bento-Box mit nach Hause nehmen.

© Cee Cee Creative

Im zweiten Teil des Kurses geht es um Ura-Maki, also Inside-out-Rollen. Lars ist wieder der Erste und nimmt sich Sesam, um den Reis auf seiner Matte zu bestreuen. Luzi hat Enzo in ein Fachgespräch über California-Maki verwickelt, den Kids in diesem Kurs braucht man die Welt des Sushi nicht mehr zu erklären. Lars hat nun doch Probleme mit dem Einrollen. Ein bisschen viel Gurke, meint Song, der den anderen gerade zeigen wollte, wie man den Reis mit Sesam bestreut. Schnell hat er die ersten Rollen fertig und hilft Luzi, bis auch sie den Kniff raushat. Marie schaut kritisch auf ihr letztes Werk: "Sie ist irgendwie eckig geworden." Lars springt ihr bei. "Dürfen wir die Rollen am Ende mitnehmen?", fragt er. Klar. "Machen wir auch Nigiri?", fragt Greta, die bislang still vor sich hin rollte.

Am Ende erhalten die "Kids Sushi Köche" ihre Diplome

Song Lee hat begonnen, die Maki und Ura-Maki mit einem langen Messer zu zerteilen und damit Bento-Boxen zu befüllen, die die Kinder mitnehmen können. Lars hat zu seinen sieben Rollen noch knapp ein Dutzend Nigiri hergestellt – seine Familie wird die nächsten Tage gut zu essen haben. "Du bist ja richtig produktiv", lobt Song.

Die Eltern trudeln ein. "War es denn schwer?", fragt die Mutter Marie. "Nee, ganz leicht", die Antwort. Die "Kids Sushi Köche" erhalten ihre Diplome, Lars erhält dazu noch halb im Scherz ein unverbindliches Job-angebot. Zwei Kinder lassen sich von Song Lee ein Autogramm geben. Zum Abschied gibt es ein Goodie-Bag mit buntem Fächer und japanischen Vokabeln, dann verlassen elf kleine Sushi-Meister das Restaurant mit einer gefüllten Bento-Box, Lars trägt drei davon nach Hause.

Sticks ’n’ Sushi, Potsdamer Str. 85, Tiergarten, sticksnsushi.com

Dieser Beitrag ist auf den kulinarischen Seiten "Mehr Genuss" im Tagesspiegel erschienen – jeden Sonnabend in der Zeitung. Hier geht es zum E-Paper-Abo. Weitere Genuss-Themen finden Sie online auf unserer Themenseite.

Kochkurse für Kinder

Für jedes Alter: Das Kochstudio im großen Nicht-nur-Bio-Markt in Lichterfelde hat sich mit seinen Kursen für Nachwuchsköche breit aufgestellt. Es gibt viele Angebote für alle Altersklassen – ob in der Familie oder in der Gruppe zur Geburtstagsparty und zum Wandertag, oder frei buchbar "Kochen für Grünschnäbel" für Teens zwischen 13 und 16 Jahren und "Kid’s Club" für die Jüngeren. Die Kleineren machen Nudelsuppe, Schnitzel mit Pommes und ein Joghurt-Schoko-Eis, die Älteren versuchen sich an Spinatsuppe mit Paprikaschaum und einem Wachtelei, Zucchinipuffer und Vanille-Milchreis. Den 17- bis 19-Jährigen wird der Kochworkshop mit cooler Musik zusätzlich schmackhaft gemacht.
Biolüske Kochstudio, Drakestr. 50, Lichterfelde, biolueske.de

Abenteuerlich: Bernd Katz kam als Quereinsteiger zum Kochen und fing in den Kinderrestaurants der "Berliner Tafel" an, wo er sich vom Gemüseschneider bis zum Küchenleiter hocharbeitete. Schon mal gute Voraussetzungen, Jungen und Mädchen auf den Geschmack zu bringen. Gemeinsam mit seinem Kollegen Alex gibt Katz Grusel-, Ritter- oder Hexenkochkurse. Die Kochabenteurer mieten Küchenstudios an verschiedenen Orten der Stadt an, sie können aber auch für zu Hause gebucht werden.
kochabenteuer.de

Vertiefend: Kinder-, Eltern-Kind- und Jugendkochkurse in kleiner Gruppe zu Themen wie „Pasta + Soße“, „Fingerfood“, „Tapas“ und „Kinder kochen für ihre Eltern“. Das Kochstudio ist eingerichtet wie eine normale Küche ohne großes Design- und Technikgedöns, dafür ist es aber vertraut gemütlich, und gegessen wird zusammen an einer langen Tafel. Die in der Regel zwei Stunden dauernden Kurse wollen nicht nur das Kochen an sich vermitteln, sondern beschäftigen sich auch mit den Zutaten, woher sie kommen, welche gesund sind und wie sie pur schmecken. Außerdem gibt es mehrtägige Koch-Workshops in den Ferien und jeden Donnerstagnachmittag trifft sich die Kinder-Koch-AG.
Cooking Berlin, Marienstr. 12a, Pankow, cookingberlin.de

Mit Klettergerüst: Das sympathisch-leidenschaftlich geführte Eltern-Kind-Café in Wilmersdorf bietet Rundum-Spaß für Kinder: Die regelmäßig stattfindenden Kochkurse dauern knapp zwei Stunden. Dabei lernen die Kinder, einfache Gerichte aus ihrem kulinarischen Horizont wie Bulette, Hotdogs und Muffins mit guten Zutaten zuzubereiten. Etwas anspruchsvoller sind die Eltern-Kind-Kochkurse mit Gerichten von Gemüselasagne über Pasta bis Vanilleeis. Der Clou hier, der vor allem bei Kindergeburtstagen gut ankommt: Die Kochschule verfügt auch über einen kleinen Indoorspielplatz.
Kinder Kochspaß, Binger Str. 9, Wilmersdorf, kinderkochspass.de

Initiative: Kinder sollen möglichst früh den Zugang zu gesunder Ernährung finden, am besten geht das, wenn sie selbstbewusst von sich sagen können: „Ich kann kochen!“ So lautet der Titel des Programms, mit dem die Sarah-Wiener-Stiftung und die Barmer-Ersatz-Krankenkasse die Ernährungsbildung für Kinder verbessern wollen. Pädagogen können sich zu Genussbotschaftern fortbilden lassen, Bildungsträger und Einrichtungen der Kinder- und Jugendarbeit, die Kinder auch in ihren Räumen an die Töpfe bringen wollen, werden durch die Initiative unterstützt.
ichkannkochen.de

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false