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AfD-Spitzenkandidat Dirk Nockemann (2.v.l.) feiert mit Anhängern.

© Frank Molter/dpa

Update

Klarer Wahlsieg für Rot-Grün in Hamburg: AfD und FDP erreichen nach offizieller Auszählung Fünfprozenthürde

Die Behörden haben vorläufige amtliche Zahlen veröffentlicht. Demnach sind sowohl AfD als auch FDP in der Bürgerschaft. SPD und Grüne liegen weit vorn.

Von Michael Schmidt

Die SPD hat die Bürgerschaftswahl in Hamburg klar gewonnen. Wie die Landeswahlleitung am Sonntagabend mitteilte, kommen die Sozialdemokraten nach vereinfachter Auszählung der für die Parteien auf den Landeslisten abgegebenen Stimmen auf 39,0 Prozent.

AfD und FDP würden demnach mit 5,3 beziehungsweise 5,0 Prozent in der Bürgerschaft bleiben. Die Grünen kämen als zweitstärkste Kraft auf 24,2, die CDU auf 11,2 und die Linke auf 9,1 Prozent. Ein vorläufiges amtliches Endergebnis wird erst für Montagabend erwartet.

Tschentscher: Haben erreicht, dass SPD die bestimmende Kraft bleibt

„Als wir uns vor zwei Jahren neu aufgestellt haben, war das alles nicht selbstverständlich“, sagte Tschentscher am Sonntagabend. „Wir hatten da einiges zu ertragen.“ Er verwies auf bundespolitische Turbulenzen bis hin zum Rücktritt von Parteichefin Andrea Nahles.

Das Erfolgsrezept sei gewesen, sich „auf das zu konzentrieren, was wir in Hamburg geleistet haben.“ Dies habe der SPD in der Hansestadt Zuversicht gegeben, und damit sei erreicht worden, „dass die Hamburger SPD die bestimmende Kraft in dieser Stadt bleibt.“

Grüne kündigen „sehr selbstbewusste“ Verhandlungen mit der SPD an

Die Grünen mit ihrer Spitzenkandidatin Katharina Fegebank verdoppelten zwar ihr Ergebnis annähernd auf 24,2 Prozent (12,3), lagen jedoch weiter hinter den Sozialdemokraten als zu Beginn des Wahlkampfs erwartet. Die grüne Spitzenkandidatin Katharina Fegebank hat ihre Bereitschaft zur Fortsetzung der rot-grünen Koalition in Hamburg signalisiert. Aus dem Ergebnis leite sie ab, „dass es so weiter gehen soll“, sagt sie in der ARD. Ihre Partei werde in mögliche Verhandlungen mit der SPD „sehr selbstbewusst“ hineingehen und sich für Themen wie Klimaschutz und offene Gesellschaft starkmachen.

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AfD beklagt „Ausgrenzungskampagne“

AfD-Spitzenkandidat Dirk Nockemann sprach am frühen Abend im Angesichts des möglichen Scheitern vom „Ergebnis einer maximalen Ausgrenzungskampagne“. Die ganze Zeit habe die AfD konstant bei etwa 7 Prozent gelegen, nach Thüringen sei es dann aber runter gegangen, sagte Nockemann am Sonntag im NDR. Aber er wolle den Abend abwarten. Und der gab ihm Recht.

FDP macht Thüringen mitverantwortlich

Auch die FDP machte Thüringen für das schlechte Ergebnis verantwortlich. Hamburgs FDP-Chefin Katja Suding sagte, zuerst habe die FDP wie die CDU das Problem gehabt, im Wettrennen zwischen SPD und Grünen aufgerieben zu werden und unterzugehen. „Und dann kam Thüringen dazu. Wir kennen ja auch schon erste Zahlen, die zeigen, dass das für unsere Wähler durchaus eine Bedeutung gehabt hat. Deswegen war es ganz wichtig, dass wir uns hier in Hamburg auch ganz klar distanziert haben von den Vorgängen in Thüringen“, sagte die stellvertretende Bundesvorsitzende am Sonntag im NDR.

Rechnerisch wäre auch eine große Koalition aus SPD und CDU möglich

Die wahrscheinlichste Regierungsvariante ist die Fortsetzung der seit 2015 bestehenden rot-grünen Koalition - sowohl Tschentscher als auch seine bisherige Stellvertreterin Fegebank hatten dies als naheliegend bezeichnet. Die Grünen hatten allerdings lange gehofft, selbst stärkste Kraft zu werden und Fegebank zur Regierungschefin zu machen. Neben Rot-Grün wäre rechnerisch auch eine Koalition von SPD und CDU möglich, politisch ist das jedoch unwahrscheinlich.

Für Tschentscher war es die erste Wahl. Er hatte den Bürgermeisterposten 2018 von Olaf Scholz übernommen, der damals an die Spitze des Bundesfinanzministeriums wechselte.

Im Wahlkampf hatte die SPD in der Wirtschaftsmetropole stark versucht, sich vom negativen Trend der Bundespartei abzukoppeln. Die beiden neuen Parteivorsitzenden Saskia Esken und Norbert Walter-Borjans waren nicht zu Auftritten eingeladen. Gleichwohl verschafft das Hamburger Ergebnis dem Duo, das alle Aufmerksamkeit auf die Lage der CDU zu lenken versucht, etwas Erleichterung.

Historisch schlechtes Ergebnis für die CDU

Christdemokraten und FDP stehen seit der Regierungskrise in Thüringen stark unter Druck. Beiden Parteien könnte die dortige Wahl des FDP-Politikers Thomas Kemmerich mit Stimmen von CDU und AfD geschadet haben. CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer hatte in Folge der Erfurter Krise vor wenigen Tagen ihren Rückzug angekündigt. Das historisch schlechte Ergebnis des Hamburger Landesverbands dürfte in seinen Auswirkungen auf die Bundespolitik dennoch begrenzt sein.

CDU-Kandidat Weinberg: Es ist uns nicht gelungen, eigene Themen zu setzen

Spitzenkandidat Marcus Weinberg nannte den Wahlausgang für die CDU „enttäuschend“. „Trotz eines kreativen und engagierten Wahlkampfs wurden die eigenen Wahlziele klar verfehlt“, sagte Weinberg am Sonntag in Hamburg. Der CDU sei es nicht gelungen, eigene Themen zu setzen. „Die bundesweiten Ereignisse der letzten Tage und Wochen überschatteten spürbar den Hamburger Wahlkampf“, sagte Weinberg. Die Auswirkungen der Thüringen-Wahl hätten „Ansehen und am Ende auch viele Stimmen gekostet.“

Wahlsieger Tschentscher hatte im Wahlkampf massiv das Thema Klimaschutz besetzt, das traditionell eher mit den Grünen verbunden wird: „Grüner wird's nicht“ war einer seiner Slogans. Daneben bestimmten lange die Themen Mieten und Verkehr den Wahlkampf.

Alle Entwicklungen zur Hamburg-Wahl finden Sie in unserem Live-Blog.

Auf den letzten Metern schlug eine eigentlich alte Geschichte hohe Wellen. Medien hatten über angeblich nicht eingeforderte Steuerrückforderungen gegenüber der im „Cum-Ex“-Skandal unter Verdacht stehenden Warburg-Bank berichtet. Bürgermeister Tschentscher wies den Vorwurf der politischen Einflussnahme zurück.

Mehrere Parteien sagten ihre Wahlkampfabschlussveranstaltungen nach dem Anschlag von Hanau am Mittwochabend ab.

In der Nacht zu Montag sollte zunächst nur ein Ergebnis für die voraussichtliche Verteilung der 121 Sitze auf die Parteien bekanntgegeben werden. Wie sich die Stimmen auf die einzelnen Listenkandidaten verteilen, ergibt sich erst bei einer Fortsetzung der Auszählung am Montag. Erst dann steht fest, ob es bei den 121 Sitzen bleibt oder noch Überhang- und Ausgleichsmandate hinzukommen. Grund ist das komplizierte Wahlsystem, bei dem jeder Wähler jeweils fünf Stimmen auf die Landes- und auf die Wahlkreisliste verteilen kann. (mit dpa)

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