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Kultur: 10. Classic-Open-Air-Festival: Nacht des Schicksals

Der Wettergott hat Gerhard Kämpfes Gebete erhört und dem Macher von "Classic Open Air" die größte Sorge genommen. So konnten sich die 7000 Zuschauer auf dem Gendarmenmarkt zur Verdi-Eröffnungsnacht leichten Sommerwind mit Grilldüften vermischt um die Nase wehen lassen, zu Leonoras inbrünstigen Beschwörungen der "Macht des Schicksals" den Sonnenuntergang genießen und später im Beleuchtungs-Farbrausch von hellblau bis dunkelviolett (Jago, der Schuft aus "Otello"!

Der Wettergott hat Gerhard Kämpfes Gebete erhört und dem Macher von "Classic Open Air" die größte Sorge genommen. So konnten sich die 7000 Zuschauer auf dem Gendarmenmarkt zur Verdi-Eröffnungsnacht leichten Sommerwind mit Grilldüften vermischt um die Nase wehen lassen, zu Leonoras inbrünstigen Beschwörungen der "Macht des Schicksals" den Sonnenuntergang genießen und später im Beleuchtungs-Farbrausch von hellblau bis dunkelviolett (Jago, der Schuft aus "Otello"!) schwelgen. Und das prächtige Feuerwerk, das zum finalen "Triumphmarsch" den Takt schlug, konnte sich vor "Ah"- und "Oh"-Rufen gar nicht retten.

Soviel Begeisterung kam vorher nur gelegentlich auf, nicht einmal beim zum Mitklatschen wiederholten "Gefangenenchor", bei welchem dem stimmstark-sensiblen Ernst Senff Chor die Schüler des Händel-Gymnasiums assistierten. Fackeln schwingend betraten sie den dunklen Platz, ein romantisches Bild, nach dem sich leider den Hals ausrenkte, wer keinen - akustisch ungünstigen - Außenplatz erwischt hat. Erleuchtung nicht garantiert, aber vielleicht ausgleichende Gerechtigkeit. Denn musikalisch war fast alles in schönster Ordnung an diesem Abend. Roberto Paternostro, der "Ring"-Dirigent von Kassel, animierte das Berliner Sinfonie-Orchester ebenso zu präzisem Schwung wie zu sanfter Diskretion, ein vorbildlicher Partner der Gesangsstars.

Soja Smoljaninova, zur Zeit an der Dresdner Semperoper, kennt leider nur die durchschlagend dramatischen Facetten eines mächtigen Soprans. Einer "Leonora" mag das gerade noch anstehen, viel zu schwer und schrill gerät das "Traviata"-Trinklied oder die "Aida"-Romanze. Auch Warren Mok, vormals glänzender Europa-Debütant an der Deutschen Oper Berlin, machte den Herzog aus "Rigoletto" fast zur angestrengten Karikatur. Immerhin gelang ihm eine straffe "Troubadour"-Cabaletta mit Glas zersprengendem hohem "C".

Reichere und rundere Töne gelangen Gabriela Popescu als dämonischer "Ulrica" und aufgewühlter "Azucena", eine viel versprechende junge Sängerin vom Opernhaus Magdeburg. Und Evgueniy Alexiev ist eines jener bulgarischen Sangeswunder, der mit samtig aufgerauhtem Bariton das Elend eines Rigoletto, die stählerne Bosheit eines Jago erlebbar machen kann.

Mit Tickets zu 45 bis 140 Mark ist das Festival auch zum zehnjährigen Jubiläum publikumsfreundlich geblieben. Heute Abend kann man den schon als "vierten Tenor" zu Pavarotti & Co. zählenden José Cura erleben. Lubitsch-Preisträgerin Angelika Milster und Uwe Kröger folgen mit Highlights aus den Erfolgsmusicals "Cats" und "Evita". In einer "russischen Nacht" präsentiert Vladimir Spivakov die Nachwuchsstars Liza Rybentseva (Violine) und Nikolai Lugansky (Klavier). "Mit den schönsten Melodien der Welt" soll das Galakonzert mit José Carreras am Dienstag die Krönung werden, übrigens zu Preisen (70-180 Mark), die sich seit seinem erstmaligen Auftritt 1991 nicht verändert haben. Einige Karten sind noch zu haben, und vielleicht spielt das Wetter ja auch wieder mit.

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