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Installationsansicht von "Nothing Will Be As Before" in der Galerie Tanya Leighton.

© Gunter Lepkowski

10 Jahre Galerie Tanya Leighton: Nichts ist so wie vorher

Die Schöneberger Galerie Tanya Leighton feiert mit einer Jubiläumsschau ihr 10-jähriges Bestehen. Nicht nur die Kunst, auch das Viertel hat sich gewandelt.

Im Uhrzeigertakt klopft der rosafarbene Schwanz eines Plastik-Rotwildes auf den Boden. Recht eigenwillig ist diese Begrüßung eines Galeriebesuchers. Doch die Tanya Leighton Gallery feiert ihren zehnten Geburtstag, da darf es „extraordinary“ zugehen: mit einer Installation des Bildhauers Chadwick Rantanen. 2008 hat sich die Britin Tanya Leighton im Hochparterre eines Eckhauses nahe der Potsdamer Straße niedergelassen. Die zwei hohen, verwinkelten Räume beherbergten zuvor eine Tischlerei, in der Umgebung gab es damals nur zwei Galerien.

Tanya Leighton eröffnete mit einer Soloschau der amerikanischen Konzept- und Videokünstlerin Sharon Hayes. Die Einladungskarte verhieß: „Nothing will be as before“. Ein prophetischer Satz, der nun auch die Jubiläumsschau tituliert. Denn wie die Kunst wandelt sich auch die Potsdamer Straße, die in einem Jahrzehnt zu einer Meile von Kunst, Mode und Design wurde, wobei das Rotlichtmilieu der Turbo-Gentrifizierung tapfer trotzte.

Vor drei Jahren kamen weitere Räume an der Kurfürstenstraße hinzu, in denen als Geräuschobjekt den Besucher ein niedliches ferngesteuertes Automobil erwartet, aus dessen Seitenfenstern Frauenlocken quellen, jüngstes Werk der dänischen Multimedia-Künstlerin Nina Beier. Ein Statussymbol, mit einem absurden Kontext aufgeladen, selbst als Spielzeug fragwürdig, wird zum Mittel, um gesellschaftliche Phänomene kritisch zu hinterfragen.

Blattvergoldete Mülleimer und eine Roboterklaue

Als vorherige Kuratorin am New Yorker Whitney-Museum bringt Leighton Erfahrungen mit dem britischen und amerikanischen Experimentalfilm, mit Video-, Concept- und Minimal Art mit. Fast vergessene Künstler ans Licht zu holen sowie Talente zu entdecken, sind als Galeristin ihr erklärtes Ziel. Mit 80 Werken gibt sie nun einen grandiosen Überblick über zehn Jahre Galerietätigkeit mit Gemälden, Video, Fotografie, Skulptur, Grafik und Installation. Er ist zugleich eine kurze Geschichte der internationalen contemporary art . Zur älteren Generation gehört die 1937 geborene Marianne Wex. Wie auf einer riesigen Pinnwand collagiert sie Schwarz-Weiß-Fotos von Paaren aus Magazinen und Anzeigen, um Besitzergreifung zu thematisieren. Fast ein halbes Jahrhundert jünger ist der Österreicher Oliver Laric, dessen durchsichtige Kunststoff-Skulptur im Schaufenster manchen Flaneur in den Bann zieht, beschwört doch der junge Adonis, der seinen Jagdhund in Zaum hält, die Ästhetik attischer Vasenmalerei herauf.

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Der Brite Simon Fujiwara verstaut in einem Ständer blattvergoldete Mülleimer, die ihrer eigentlichen Funktion beraubt zur Haushaltsarchitektur werden. Minimalistisch lässt der schottische Turner-Preisträger Martin Boyce in einem Laserschnitt die Buchstaben des Wortes „FALL“ vor leerem Grund zu Boden stürzen. Einen kritischen Blick auf kulturelle Errungenschaften wirft die Jugoslawin Aleksandra Domanovic, deren Roboterklaue eine Plastikmasse scannt. Der Niederländer Willem de Rooij macht in einem Farbdruck einen Bauchnabel zum Mittelpunkt seines Werkes, und die Amerikanerin Eliza Douglas projiziert im lebensgroßen Diptychon ein Paar Füße auf die Leinwand, die als Oberkörper eine luftige Malerei in Himmelblau tragen. Bei dem New Yorker Wyatt Kahn fügen sich bleierne Keile zu einem geometrischen Relief zusammen: Skulptur wird zum Bild an der Wand.

Tanya Leighton Gallery, Kurfürstenstr. 156 & 24/25, bis 24. 8.; Di bis Sa 11 – 18 Uhr

Angelika Leitzke

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