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Kultur: 18. Musik-Biennale: Variationen über einen einzigen Ton

Selten genug, dass die Musiker bei einem Konzert mit Neuer Musik dem Dirigenten die Ehre erweisen, indem sie trotz seiner Aufforderung zur Publikums-Reverenz sitzen bleiben und applaudierend den Beifall der Zuhörer potenzieren. Dies geschieht am Pult des inspirierten Berliner Sinfonie-Orchesters dem Maestro Johannes Kalitzke, der zu einem der wichtigsten Avantgarde-Dirigenten avanciert ist.

Selten genug, dass die Musiker bei einem Konzert mit Neuer Musik dem Dirigenten die Ehre erweisen, indem sie trotz seiner Aufforderung zur Publikums-Reverenz sitzen bleiben und applaudierend den Beifall der Zuhörer potenzieren. Dies geschieht am Pult des inspirierten Berliner Sinfonie-Orchesters dem Maestro Johannes Kalitzke, der zu einem der wichtigsten Avantgarde-Dirigenten avanciert ist. Da er selbst als Komponist etwas zu sagen hat, wacht er mit kollegialem Verstand und Neigung über die Werke der anderen. So zum Beispiel im vergangenen Herbst über die Stuttgarter Uraufführung von "Giuseppe e Sylvia", die Künstleroper, die Adriana Hölszky und Hans Neuenfels zum Thema Verdi geschaffen haben.

Die Geste der Musiker im Großen Saal des Konzerthauses am Gendarmenmarkt steht indes auch dafür ein, dass die 18. Musik-Biennale Berlin als ein blühendes Fest eröffnet wird, entwickelt von Heike Hoffmann und gewidmet Ulrich Eckhardt. Zukunftsmusik wird bei der Begrüßung der geladenen Gäste, darunter viel komponierende Prominenz, im Beethovensaal angestimmt: Mehr Geld werde es geben, freut sich Festspielintendant Joachim Sartorius, und Christoph Stölzl, der lächelnde Kultursenator mit seinem Glauben an die "Menschen guten Willens", weiß, dass der Bund dem Festival "ewige Zukunft" garantiere.

Der Abend aber gehört noch Heike Hoffmann, der Scheidenden, die aus der 1967 in Ostberlin gegründeten Biennale in den elf Jahren ihrer künstlerischen Leitung einen erstaunlichen Berliner Szenetreff gemacht hat. Das Prinzip, Wiederaufführungen mit Neuestem zu koppeln, bringt in diesem Jahr früh vollendete Komponisten zumal der französischen Schule zu Gehör. "Unvollendet" nennt sie Heinz-Klaus Metzger nicht zu Unrecht, weil sie - im Vergleich mit der Schlusswirkung Mozarts - Erwartungen und höchste Neugier hinterlassen haben. So etwa Jean-Pierre Guézec (1934 - 1971), dessen "Suite pour Mondrian" eine eigenartige serielle Richtung der Klangfarben hervorzaubert, mit dem Extrem der Variationen über eine einzige Farbe, einem Registerreichtum auf dem Ton G. Wie Guézec kommt auch Gérard Grisey (1946 - 1998) aus der Komponistenwerkstatt Olivier Messiaens, Vertreter der so genannten "Musique spectrale", die ihre Gesetzmäßigkeiten aus Obertonspektren bezieht. Wie er selbst definiert, "explodieren" die Spektren, "und wahre spektrale Polyphonien" durchziehen hörbar den Tonraum. Die "Transitoires" hat Grisey 1980 in Berlin als Stipendiat des DAAD komponiert, und sie münden in eine lange, einsame, quintige Passage der Soloviola, ein "Wiegenlied" mit Überraschung.

Als Auftragswerk der Biennale wird "SaxophoneMachine" von Georg Katzer uraufgeführt. Das Stück fügt sich gut in die Klangfarbenvariationen der Franzosen, weil es deren Tonkünste kennt. Aber eine eigene Intervallspannung kommt dazu. Die dichte Partitur des ehemaligen Eisler-Schülers vitalisiert sein Motto "Ein Ton ist ein Ton ist ein Ton". Und Michael Riessler hat als überredender Solist auf zwei Saxophonen zwischen "Traum und Trauma" ein dankbares Konzert.

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