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Beyoncé (links) und Megan Thee Stallion bei gewannen zusammen einen Grammy für "Savage".

© Cliff Lipson/AFP

28. Auszeichnung für die Sängerin: Beyoncé stellt neuen Grammy-Rekord auf

Bei der Pandemie-Ausgabe der Grammy Awards in Los Angeles traten unter anderem Billie Eilish, Cardi B und Taylor Swift auf. Beyoncé gewann vier Preise.

Seltsamer Anblick: Trevor Noah trägt Anzug. In den vergangenen Monaten hat man den Moderator und Komiker praktisch nur in Kapuzenpullovern gesehen. In diesem gemütlichen Outfit führt er in Home-Office-Zeiten durch seine beliebte "Daily Show".

Dass er immer noch in seinen Anzug passt, zeigte der 37-jährige Südafrikaner jetzt als Gastgeber der 63. Grammy Awards in Los Angeles. Witzig und charmant führte er durch die Verleihungszeremonie, die vom Januar in den März verschoben worden war und nicht wie gewohnt im, sondern vor dem Staples Center stattfand. Noah sprach bei seiner Begrüßung vom "größten Outdoor-Event seit der Stürmung des Kapitols". Was schon insofern nicht ganz hinkam, als der überwiegende Teil der fast vierstündigen Show in einem Zelt mit mehreren Bühnen abgehalten wurde.

Billie Eilish gewinnt zwei Grammys

Gleich zu Beginn ein beeindruckender Dreierschlag: Harry Styles, Billie Eilish und Haim spielen je einen ihrer Songs. Styles gewinnt mit seinem ("Watermelon Sugar") kurz darauf den Grammy für die beste Pop-Solo-Performance - und präsentiert den Männer-Modetrend des Abends: Mann zeigt Brust. Entweder es wird wie in Styles Fall gar kein Hemd getragen oder ein sehr tiefer Ausschnitt wie bei Bruno Mars und Anderson Paak, die als Duo Silk Sonic auftreten.

Harry Styles bei den Grammy Awards.
Harry Styles bei den Grammy Awards.

© Kevin Winter/AFP

Auch Billie Eilish, die mit fünf Grammy-Gewinnen die Gala des vergangenen Jahres dominiert hatte und diesmal zwei weitere Trophäen gewann, zeigte sich als optisch einflussreich: Ihr Markenzeichen - die langen Krallenfingernägel - hatte zahlreiche weitere Stars zu ähnlicher Nagelgestaltung inspiriert. Allen voran die Rapperinnen Megan Thee Stallion und Cardi B, die mit der TV-Premiere ihres Hits "WAP" den spektakulärsten Auftritt des Abends hinlegen. Die Kulisse bildet ein Riesen-Highheel mit Pole-Dance-Stange als Absatz und ein überdimensioniertes Bett, auf dem die beiden einen sexy Kurztanz aufführen.

Megan Thee Stallion ist eigentlich nur Feature-Gast bei dem Stück, doch weil sie zuvor bereits eine opulente Version ihres Hits "Savage" präsentiert hat, wirkt das sich direkt anschließende "WAP" wie eine Zugabe. Es ist im Vergleich auch der schwächere Song. Und so entwickelt sich Megan Thee Stallion, die schon ganz zu Beginn den Newcomer-Grammy überreicht bekam, zum heimlichen Star des Abends. Als sie auf der Outdoor-Bühne den Grammy für "Best Rap-Performance" entgegennimmt, kriegt sie sich fast nicht ein vor Freude darüber, dass sich ihre Gastsängerin Beyoncé zu ihr gesellt. "Als Kind wollte ich die Rap-Beyoncé werden" erzählt sie, während ihre ältere Kollegin - mit schwarzen Krallenhandschuhen - weise lächelnd neben ihr steht.

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Wenig später kommt Beyoncé noch einmal zurück, um den Grammy für die beste R'n'B-Performance (für "Black Parade") in Empfang zu nehmen. Es ist der vierte an diesem Abend und der 28. in ihrer Sammlung - ein Rekord. Beyoncé ist nun die Frau mit den meisten Grammys. In ihrer Rede dankt die 39-Jährige, den "schwarzen Königen und Königinnen, die uns inspirieren" und betont, dass sie es als ihre künstlerische Aufgabe sieht, die Zeiten zu reflektieren. Womit sie eine der wenigen Gala-Teilnehmenden ist, die sich zumindest andeutungsweise politisch äußert.

Ein starkes Statement im Showteil kommt jedoch von Rapper Lil Baby, der vor dem Staples Center bei seinem Song "The Bigger Picture" eine Verhaftungsszene und eine Black-Lives-Matter-Demonstration nachstellt. Eine Rednerin fordert Präsident Biden auf, für Gerechtigkeit zu sorgen und skandiert am Ende "Onto freedom". Lil Baby tritt in einer stilisierten Schutzweste auf und singt im Refrain: " It's bigger than black and white/ It's a problem with the whole way of life/ It can't change overnight/But we gotta start somewhere/ Might as well gon' 'head start here."

Megan Thee Stallion und Cardi B bei ihrem Auftritt mit "WAP" bei den Grammys.
Megan Thee Stallion und Cardi B bei ihrem Auftritt mit "WAP" bei den Grammys.

© Kevin Winter/AFP

Vorausgegangen waren der Show - wie schon im vergangenen Jahr - heftige Diskussionen um die Recording Academy, die die Grammys vergibt. Damals ging es um die Suspendierung der erst kurz amtierenden Leiterin der Akademie, der Mobbing vorgeworfen wurde und die ihrerseits schwere Vorwürfe gegen ihren Vorgänger erhob.

In diesem Jahr hatte The Weeknd die Academy als „korrupt“ bezeichnet, nachdem sein Album „After Hours“ keine einzige Nominierung erhalten hatte. Was angesichts der hohen Chartpositionen und Streamingzahlen des Albums in der Tat absurd erscheint. Mit „Blinding Lights“ ist darauf einer der größten Hits des vergangenen Jahres zu finden. Der Song mit dem an A-ha erinnernden Keyboards lief im Corona-Sommer weltweit rauf und runter. Allein bei Spotify wurde er über 1,6 Milliarden Mal gestreamt.

Dass The Weeknd kürzlich die Superbowl-Halbzeit-Show bestreiten durfte, unterstrich den Superstar-Status’ des kanadischen Sängers, der bürgerlich Abel Tesfay heißt. Ausgerechnet ihn in diesem Jahr nicht zu nominieren, ist kaum nachvollziehbar.

Harvey Mason jr., Interimspräsident der Recording Academy, sagte dazu, dass The Weeknd einfach nicht genügend Stimmen erhalten habe. Rund 13.000 Akademie-Mitglieder sind am Abstimmungsprozess beteiligt, dessen Intransparenz von The Weeknd ebenfalls kritisiert worden war. Mason jr. wies zudem Berichte zurück, nach denen es gegenüber dem 31-Jährigen ein Ultimatum gegeben habe, entweder beim Superbowl oder bei der Grammy-Zermonie aufzutreten.

In einigen Kategorien standen nur Frauen zur Wahl

Inzwischen verkündete The Weeknd - drei Grammys hat er in den Vorjahren schon gewonnen - den Preis künftig zu boykottieren. „Ich werde meinem Label nicht mehr erlauben, meine Musik bei den Grammys einzureichen“, sagt er gegenüber der „New York Times“. Damit folgt The Weeknd prominenten Stars wie Jay-Z, Drake und Frank Ocean, die die Grammys kritisiert und teils auch boykottiert haben.

Die Recording Academy bemüht sich - ähnlich wie die Oscar Academy - in den vergangenen Jahren um mehr Diversität, sowohl bei ihren Mitgliedern als auch bei den Nominierten. Harvey Mason jr. hat im November Problembewusstsein gezeigt, als er in einem Interview sagte: "Man kann sicher nicht behaupten, dass wir mit dem derzeitigen Zustand glücklich wären." Dass sich etwas bewegt, konnte man in diesem Jahr daran sehen, dass in einigen Kategorien deutlich auf einen hohen Frauenanteil geachtet wurde.

Moderator Trevor Noah bei den Grammy Awards.
Moderator Trevor Noah bei den Grammy Awards.

© Jordan Strauss/dpa

Als "Best New Artist", für "Best Rock Performance" und "Best Country Album" standen sogar ausschließlich Frauen zu Wahl. Und für die beste Country-Solo-Performance war zum allerersten Mal überhaupt eine Afroamerikanerin nominiert. Mickey Guyton führte "Black Like Me" zusammen mit einem kraftvollen Chor auf . "If you think we live in The Land of the Free/ You should try to be black like me", heißt es in dem Song, der allerdings gegen Vince Gills "When My Amy Prays" den Kürzeren zog.

Von den 84 Preisbekanntgaben - auch der deutsche Pianist Igor Levit war nominiert, gewann aber nicht - ist nur ein Bruchteil in der Show zu sehen. Auch sitzen längst nicht alle Nominierten an den Tischen vor der kleinen Outdoor-Bühne. Doch die Stardichte ist relativ hoch, Jay-Z ist gekommen, Chris Martin, Ringo Starr. Und alle tragen Mundschutz - allerdings nicht die medizinischen Masken, sondern modisch gestaltete (wahrscheinlich wurden ohnehin alle vorab getestet).

Gäbe es einen Preis für die auffälligste Mund-Nase-Bedeckung, hätte Taylor Swift mit ihrer riesigen Blumenmaske sicher gute Chancen gehabt. Das florale Objekt ist abgestimmt auf ihre Märchenwald-Performance mit drei Stücken ihres Albums "Folklore", das am Ende des Abends den Preis als "Album of the Year" bekommt. Damit wirkt bei den 63. Grammys doch wieder alles so wie immer: Taylor Swift ist Dauergast bei der Gala, 41 Mal war sie schon nominiert, elf Trophäen hat sie gewonnen. Beyoncé kann sich also noch eine Weile zurücklehnen.

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