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Kultur: 54 Varianten des Nichts

Die Berlinale ehrt den japanischen Regisseur Yasujiro Ozu

Für viele ist er der japanischste aller japanischen Regisseure, für andere der Amerikaner unter den Japanern. Manchmal wird er dabei auch gegen Kurosawa ausgespielt. Doch eigentlich tun diese Einschätzungen wenig zur Sache. Liebhaber – und wohl auch Feinde – haben die Filme von Yasujiro Ozu in beiden Lagern. Die, die seine Filme lieben, lieben sie meist heiß und innig, wer sie nicht mag, bleibt still daheim und schweigt.

Am 12. Dezember 1903 wurde Yasujiro Ozu in Tokio geboren, er starb genau sechzig Jahre später, am Abend seines sechzigsten Geburtstags. Auf seinem Grabstein steht nur ein einziges Zeichen, das japanische Schriftzeichen für das „Nichts“, was der bescheidenen Geste und dem poetischen Minimalismus seiner insgesamt 54 Filme vortrefflich entspricht. Dieses Jahr wäre er hundert Jahre alt geworden, ein Jahrestag, den Ozus japanische Produktionsgesellschaft Shochiku zum Anlass genommen hat, die noch erhaltenen Filme zu restaurieren und in englisch untertitelten Kopien verleihfähig zu machen. Dies wiederum war Grund für die Filmfestspiele, dem Meister dieses Jahr eine Werkschau zu widmen, die neun seiner Filme – und das ist neu – quer durch vier Sektionen des Festivals präsentiert. Auftakt ist die Aufführung von Ozus wohl bekanntestem Film „Tokyo Monogatari“ (Tokyo Story) heute im Berlinale-Palast. Es folgen vier Filme im Forum (Montag im Delphi, ab Dienstag im Arsenal), drei in der Retrospektive (ab Donnerstag) und am Samstag zum Ausklang „Akibiyori“ (Late Autumn) im Panorama (Zoo-Palast).

Trotz aller grundsätzlichen Kritik am Jubiläumsrummel: Als bekennender Yasujiro-Ozu-Fan kann die Kritikerin in diesem Fall die Aktivitäten nur fröhlichst begrüßen. Besonders, da es darüber hinaus eine weitere durchaus erfreuliche Innovation zu vermelden gibt. Die Werkschau wird nämlich direkt im Anschluss an das Festival ab Mitte Februar im Arsenal als umfassende Retrospektive der Berliner Filmfestspiele fortgeführt. Neben den dreiunddreißig erhaltenen Shochiku-Produktionen des Regisseurs werden dabei auch zwei Filme mit anderen Produktionsfirmen sowie zusätzlich einige Filme über Ozu präsentiert. Ein Beispiel, das hoffentlich Schule macht.

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