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Je feiner der Nebel, desto stärker die Kühlwirkung. Das schaffen nur Anlagen mit Hochdruckpumpe.

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Abkühlung durch Nebelduschen: Mit mikrofeinen Tropfen gegen die Hitzewelle

Wenn der Sonnenschirm versagt: Bei Temperaturen um 35 Grad versuchen Städte und Gastronomen, mit Wasserverdunstern für Abkühlung zu sorgen.

Wenn die Sonne sticht, schaffen sie Abkühlung in der Hitze: Nebelduschen. Meist umgeben sie Terrassen und Veranden von Restaurants und Gartenlokalen mit kühlen Schleiern aus mikrofeinen Tropfen. Schließlich ist bei 35 Grad Celsius Außentemperatur selbst unter Sonnenschirmen kein Geschäft mehr zu machen. Weil man auch zuhause in heißen Sommern im Garten und auf dem Balkon einen kühlen Kopf behalten möchte, arbeiten Sprühnebelanlagen derzeit unter Hochdruck. Sofern vorhanden. Es werden aber immer mehr.

Verkäufer professioneller Anlagen haben Hochkonjunktur. „Gelinde gesagt, ist die Geschäftsentwicklung explosiv“, sagt Heinz Bader, Vertriebsleiter der Cool Cloud Systems GmbH: „Ich komme gar nicht hinterher.“ Vor einer Woche ist Bader von der Messe Home & Garden aus Berlin ins heimische Gauting bei München zurückgekehrt. „Wir haben seit Sonntag ein Fitnessstudio in München und zwei Cafés in Köln ausgestattet.“ Die Terrassen einiger Privatkunden konnten auch noch auf sommerliche Normaltemperaturen gebracht werden.

Im Vergleich mit Klimaanlagen in Innenräumen sind Sprühnebelanlagen umweltfreundlich und ressourcenschonend. Sie sind keine Stromfresser und verbrauchen wenig Wasser. Sie stehen für eine effiziente Methode, die Lufttemperatur um bis zu 12 Grad Celsius abzusenken. Das Prinzip ist einfach.

Wasser benötigt Energie, um zu verdampfen. In diesem Fall kommt die Energie von der Sonne. Durch den Austausch der Sonnenenergie wird der Nebel verdampft und so die Umgebungstemperatur drastisch gesenkt. Die mikroskopisch kleinen Tröpfchen, die aus den Nebeldüsen kommen, entziehen der Umgebungsluft Wärme, es entsteht Verdunstungskälte.

Je feiner der Nebel, desto schneller verdunstet er, desto eher können sich Schwitzende in die neu entstehende, kühlende Komfortzone zurückziehen. Neben der Abkühlung entsteht auch eine angenehme Luftbefeuchtung – zu trockene Luft wird mit etwas Feuchtigkeit geschwängert.

Frische-Kick aus der Düse. Mit einem Wasseranschluss in der Nähe kann dieses System überall flexibel eingesetzt werden.
Frische-Kick aus der Düse. Mit einem Wasseranschluss in der Nähe kann dieses System überall flexibel eingesetzt werden.

© coolcloudsystems.com

In den Südstaaten der USA und im Süden Europas sind Nebelduschen seit Jahrzehnten im Einsatz. Immer mehr Städte verwandeln mit ihrer Hilfe Freibereiche im öffentlichen Raum in Wohlfühloasen. Paris gehört dazu.

Wien will eine "kühle Meile" schaffen

Wien hat den Segen der Nebelduschen nach dem Hitzesommer 2018 entdeckt, will gar eine „kühle Meile“ in der Innenstadt schaffen. Wem der Fahrtwind in der Achterbahn des Praters nicht reicht, kann sich nun an den neuen Stelen am Calafatiplatz laben. Vor Kurzem beschloss die Hauptstadt Österreichs umweltfreundliche Kühlmaßnahmen, die bis 2020 mit einem Budget in Höhe von 2,3 Millionen Euro gefördert werden sollen. Dabei geht es nicht nur um Sprühnebelanlagen, sondern auch um begrünte Fassaden und Straßenpflaster, die sich nicht aufheizen und Sonnenstrahlen reflektieren können.

Im niederschlesischen Bunzlau erfrischt dieseStele Marktplatzbesucher.
Im niederschlesischen Bunzlau erfrischt dieseStele Marktplatzbesucher.

© Reinhart Bünger

Berlin denkt gar nicht daran, dem Klimawandel im öffentlichen Raum auf diese Art und Weise zu begegnen. Die Stadt stellt Trinkbrunnen auf. „Wir halten wenig davon, in einer Steinwüste Wasser zu versprühen, das als Rinnsal in der Kanalisation landet“, sagt auf Anfrage Stephan Natz, Pressesprecher der Berliner Wasserbetriebe.

Das schließt den gelegentlichen Einsatz von Sprühnebeln in der Hauptstadt natürlich nicht aus. Der 1. FC Union begrüßte seine Fans zum Saisonauftakt 2018 an der Alten Försterei mit ultrafeinen Wassertropfen, die auch schon einmal Ravern auf der Loveparade zur Abkühlung verabreicht wurden. „Auch bei anderen Großveranstaltungen wie bei Marathonläufen hatten wir so etwas schon“, erinnert sich Natz.

Die Zahl der Hitzetage steigt – auch in Berlin

Das Klima ändert sich weltweit – natürlich auch in Berlin und Brandenburg. Das Land Brandenburg ist bereits jetzt eine der trockensten Regionen Deutschlands. Das Trockenheits- und Dürrerisiko wird sich in Zukunft eher noch erhöhen. Seit Beginn der 1990er Jahre ist nach Aufzeichnungen des Deutschen Wetterdienstes ein verstärkter Temperaturanstieg zu spüren.

16 der zwanzig heißesten Jahre in Brandenburg wurden in den Jahren nach 1990 verzeichnet. Das Dürrejahr 2018 hat sich dabei mit hohen Temperaturen in das kollektive Gedächtnis eingebrannt, vergleichbar dem Hitzesommer 2003.

Die Zahl der Hitzetage mit Tagestemperaturen über dreißig Grad Celsius steigt bis zum Ende des Jahrhunderts in einem „Weiter-wie-bisher“-Klimaschutzszenario von durchschnittlich sechs auf 27 Tage. „Auch Tage mit über 40 Grad Celsius wird es zukünftig geben“, schreibt Carsten Linke, Referent für Klimaschutz, Klimawandel, Nachhaltigkeit im Landesamt für Umwelt Brandenburg, in einem Beitrag der aktuellen Zeitschrift des Berliner Impulse-Programms „Energieimpulse“ (2/2019).

Die Zahl der tropischen Nächte – mit Temperaturen über zwanzig Grad Celsius – wird auch merklich steigen.

US-Firma macht gute Geschäfte in mehr als 90 Ländern

Gute Aussichten also trotz oder wegen der bereits spürbaren Klimaveränderungen für die Hersteller von Luftkühlersets. Das US-amerikanische Unternehmen „MistCooling, Inc.“ aus Houston macht schon seit zehn Jahren gute Geschäfte mit Nebelkühlprodukten, die in über neunzig Länder geliefert werden. Die Texaner bieten der Industrie, der Landwirtschaft wie auch Gewerbetreibenden, Privatleuten und Kommunen eine Vielzahl von Produkten an, darunter auch Nebelzelte und Nebelgebläse für den Hausgebrauch. Allerdings: Im Vergleich zu Staaten wie Deutschland verwenden die USA nicht das metrische Maßsystem.

Auf dem alten Kontinent belieferte ab 1995 zunächst die Grazer Firma Rauch alle Welt mit Mikronebel-Maschinen (befeuchtungssysteme.eu). Die Produkte waren vor allem auf Gewerbetreibende ausgerichtet. Dass sich dieses Segment erweitern lässt, hat die Cool Cloud Systems GmbH erkannt. Vertriebsleiter Heinz Bader weiß natürlich, dass inzwischen auch Gartengerätehersteller Gardena preiswerte Sprühnebelsets im Angebot hat. Doch diese funktionieren mit dem normalen Wasserdruck. Das Ergebnis: Segen und Flut. Die Tropfen, die aus den Nebeldüsen kommen, sind nämlich nicht sehr fein zerstäubt. Es kann nass statt feucht werden.

Diese Schlauchanlage von Gardena wird mit Halteklemmen befestigt. Das Wasser kommt direkt aus dem Hahn - ohne Einsatz einer Hochdruckpumpe.
Diese Schlauchanlage von Gardena wird mit Halteklemmen befestigt. Das Wasser kommt direkt aus dem Hahn - ohne Einsatz einer Hochdruckpumpe.

© Gardena

„Die Kunst besteht darin, dass das Wasser vernebelt und verdunstet bevor es nässend wirkt“, sagt Bader. Seine Hochleistungspumpen bauen mit 70 bar richtig viel Druck auf und verbrauchen laut Bader dabei weniger Energie als eine Kaffeemaschine. Eine (erweiterbare) Anlage mit zehn Düsen, Installationsmaterial und der obligatorischen UV-Entkeimungsanlage kostet um die 2000 Euro. Sie kann eine bis zu sieben Meter lange und bis zu vier Meter tiefe Standardterrasse einnebeln. Installieren kann das angeblich jeder, der Hände hat (coolcloudsystems.com).

Alle achtzig bis hundert Betriebsstunden wird eine Entkalkung der Düsen mit Essigsäure, alle 300 Stunden ein Ölwechsel fällig. Momentan bedeutet das: Pro Saison müssen Nebelwächter nur einmal ran. Noch.

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