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Kultur: Abschied der Matrosen

Das Museum Weserburg löst seine Sammlung auf

Ein Museum trennt sich von seiner Sammlung und gibt zwei Gemälde zur Auktion. Nicht irgendwelche, sondern mit Gerhard Richters „Matrosen“ von 1966 und Franz Gertschs „Luciano I“ (1975-76) ausgerechnet die Paradestücke. Das klingt nach großem Skandal.

Tatsächlich ist die Entscheidung des Neuen Museum Weserburg jedoch nicht einfach der nächste Sündenfall einer Institution. Sondern weit komplexer. „Wir haben uns nach langer Überlegung für eine Rückkehr zu den Kernaufgaben unseres Hauses entschieden“, erklärt sein Direktor Carsten Ahrens. „Und die Weserburg ist ursprünglich ein reines Sammlermuseum.“ 1991 wurde sie als europäisches Pioniermodell in Bremen eröffnet, um Ausstellungen allein aus privaten Kollektionen zu verwirklichen. Wichtige Leihgeber waren in der Vergangenheit unter anderem die Sammlungen Goetz, Olbricht, Lafrenz oder Ströher. Daneben ließen ein schmaler Ankaufsetat und eine großzügige Schenkung der Stiftung Roselius den eigenen Bestand des Museums über die Jahre auf 53 Werke wachsen. Als Ahrens den Direktorenposten 2005 übernahm, erbte er mit der Sammlung allerdings auch die Schulden des Hauses – rund zweihunderttausend Euro. Ein Teil davon ist inzwischen abgetragen, doch nun stehen dringende Sanierungsmaßnahmen an. Andernfalls fürchtet Ahrens die schleichende Abwanderung jener Privatiers, die das Museum dank ihrer Leihgaben bislang attraktiv gemacht haben.

„Mit Bauchschmerzen“ habe man sich deshalb für die Auflösung der eigenen Sammlung entschieden. Ein radikales Modell ohne Vorbildcharakter, meint Ahrens, das einzig zur besonderen Konstruktion der Weserburg passe: „Jedem anderen Museum rate ich davon ab.“

Richters Gemälde wird nun im November bei Sotheby’s in New York versteigert – für mindestens sechs Millionen Dollar. Das Porträt von Gertsch ist erst im Februar nächsten Jahres bei Sotheby’s in London zu haben. Die übrigen Arbeiten gehen in die Sammlung der Bremer Kunsthalle über, die Weserburg erhält dafür einen siebenstelligen Betrag. Einen Teil wird sie als Stiftungskapital investieren, um die Mittel aus dem städtischen Kulturetat künftig durch eigenes Geld ergänzen zu können. cmx

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