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Kultur: Adel im Säckchen

Unsere Probierrunde befindet: Viele Teebeutel sind besser als ihr Ruf

Für flink zubereiteten Kaffee gibt es die Kaffeemaschine, für Tee – nichts. Theoretisch wäre der Teebeutel noch die praktikabelste Lösung, aber es spricht auch eine Menge gegen ihn. Einmal haben minderwertige Befüllungen sein Ansehen beschädigt, zum anderen ist der Aufguss von den Blättern des Teestrauchs für viele eine individuelle Angelegenheit, die sich bis zur Zeremonie ausweiten kann. Mit einem Beutelchen an der Schnur ist da nicht viel Staat zu machen.

Allerdings hat sich eine Menge getan. Mittlerweile befinden sich hochwertige Beutelsorten auf dem Markt, die hinter den losen kaum zurückstehen. Die monatliche Testrunde begab sich deshalb in die Tea-Lounge des Ritz-Carlton-Hotels, um am Beispiel des Darjeelings herauszufinden, welche Marken hohen Ansprüchen genügen. Formvollendet brühte (exakt für vier Minuten) und servierte Teamasterin Miriam-Isabell Götz die in Berliner Geschäften gekauften Sorten.

Von Edekas „King’s Gold“, an den sich ähnlich wie an den muffig-breiten und bitteren Discounter-Darjeeling von „Plus Bio-Bio“ von vorne herein keine großen Erwartungen knüpften, fühlte sich nicht nur sie düpiert. Er riecht nach ausgefegtem Lagerhaus und sollte eigentlich nicht im Wedgwood-Porzellan des Ritz, sondern im Styroporbecher serviert werden – allerdings bloß zum Händewärmen. In diese Kategorie gehört auch der überbitterte „Gepa Darjeeling Bio Tee Samabeong Blend Finest GF“. Ein ganz klein wenig besser machte sich der „Demeter Darjeeling Ambootia“ – freilich nur, wenn unter dem Packungsaufdruck „unverwechselbar blumiges Aroma“ Anklänge von Kaminholz und verbranntem Toast verstanden werden.

Der zu den beherrschenden Marken zählende „Twinings of London“ war gleich mit zwei Sorten vertreten. Einmal handelte es sich um den „Thé des Grands Jardins de Darjeeling“, der in den Galeries Lafayette erhältlich ist, zum anderen um den im Supermarkt vertriebenen „Light Flavour Strength“, der das Treffen ohne viel Federlesens für sich entschied. Während das Premiumerzeugnis wegen recht herber Spitze, die auf keine solide Mitte bauen kann, und des Ausbleibens der typischen kurzen Schärfe im Abgang den Testern altbacken vorkam, erstaunte der wesentlich preiswertere Beutel desselben Herstellers mit deutlich ausformuliertem Zentrum, um das sich ein zarter Ton von Vanille und weißer Blüte legt. Ein zum Urteil gebetener Teekenner aus England befand mit dürren Worten: „Inoffensive, which is good.“

Wenn die bisher betrachteten Hochlandtees auf Sommerernte schließen lassen, so dürfte das, was Kenner unter einem unverwechselbaren Darjeeling verstehen, eher unter den früh geernteten Varietäten zu suchen sein. Wie Aquarellpapier saugt der „Yanick + Fée Bio Darjeeling“ aus dem KaDeWe zuerst einmal im Mund den Speichel weg. Für einen Moment herrscht vollkommene Klarheit, ja Stille. Kurz darauf jedoch bewegt sich diese schöne, von einem kräuterigen Mittelfluss in Spannung gehaltene Art in Richtung Schwarzbrot und einer beinahe „fettigen“ Schwere. Diese wird vom KaDeWe-Eigenimport „Darjeeling Plantagen-Tee“ fast schon ängstlich vermieden. Ohne viel Finesse, aber mit einem schlanken Körper, ist er eine Handbreit über dem Durchschnitt angesiedelt.

Gänzlich anders ging es unter den Siegern zu. Rund und voll, zugleich aber versehen mit einem Hauch Geheimnis präsentierte sich der „Fine & Noble Margaret’s Hope Second Flush“, der wiederum aus dem weit gefächerten Teebeutelangebot des KaDeWe stammte. Warum ihm ein Platz auf dem Siegertreppchen versagt blieb, ist schwer zu sagen; es trennten ihn nur Nuancen vom „Williamson Tea First Flush“ (auch KaDeWe), dessen Duftarmut, die in keinem Verhältnis zu seinem fruchtigen und sortentypisch blütigen Aroma stand, ihn auf einen Rang hinter der Spitze verwies.

Die Begegnung von Vertrautem und Fremdem erweist sich immer wieder als unschlagbares kulinarisches Argument. Das gilt besonders für den „Premier’s. The Passion of Purity“ vom Teehandel Benjowski in der Danziger Straße 3. Es ist nicht übertrieben, Premier’s als den Barrique unter den Darjeelings zu bezeichnen. Zum Fasston gesellt sich Frucht, die aber wegen etwas zu geringer natürlicher Säure sozusagen ungepflückt bleibt. Vor allem wegen seiner samtpfötigen Art erreichte er den dritten Platz.

Vor ihn schob sich der „Mariage Fréres Darjeeling Himalaya“ aus den Galeries Lafayette. In den gefältelten Gazesäckchen haben die Blätter ausreichend Raum zur Entfaltung. Das Ergebnis entspricht der prachtvollen Produktpräsentation. Eleganz und Volumen, die selten in Übereinstimmung gebracht werden können, führen unkomplizierte Koexistenz; das Aroma ist anhaltend, ohne dass die zarte Struktur aufgegeben würde.

Noch ausgewogener allerdings empfand das Teekränzchen den Konkurrenten von „Whittard of Chelsea“ aus dem KaDeWe. Obwohl er der Nase zunächst wenig bietet, kommt der Mund ganz auf seine Kosten. Eine hohe Sortenidentität mit weißen und grünen Duftkomponenten sowie adstringierenden Noten verleiht ihm so etwas wie Adel. Allerdings wirkt Whittard nie hochfahrend, und man freut sich beim Trinken schon auf die nächste Tasse. Thomas Platt

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