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Kultur: Akademiker profitieren am stärksten von Subventionen - Berliner Wagner-Fans sind meistens Singles

Öffentliche Subventionen für Berliner Konzerte kommen in überhohem Maße einem akademischen Publikum zu Gute. Das geht aus einer Untersuchung des Berliner Musiksoziologen Hans Neuhoff (TU) hervor.

Von Andreas Oswald

Öffentliche Subventionen für Berliner Konzerte kommen in überhohem Maße einem akademischen Publikum zu Gute. Das geht aus einer Untersuchung des Berliner Musiksoziologen Hans Neuhoff (TU) hervor. Danach beträgt der Anteil der Besucher mit abgeschlossenem Hochschulabschluss in subventionierten Konzerten über 50 Prozent. Der Anteil der Akademiker an der erwachsenen Gesamtbevölkerung beträgt 11 Prozent. Da Akademiker überdurchschnittlich verdienen, profitieren in erster Linie Privilegierte von den Subventionen. Weitere Zahlen will der Musikwissenschaftler später vorlegen. Seine Befragung von 6500 Konzertbesuchern ist noch nicht in allen Teilen ausgewertet.

Neuhoff sagte, seine Studie, die keine Auftragsarbeit sei, könne denjenigen Auftrieb geben, die einen Subventionsabbau anstrebten. Dies sei aber nicht das Ziel der unabhängigen TU-Studie. Die Musik einer Elite könne ohne Subvention nicht existieren.

Neuhoff räumt mit dem Vorurteil auf, dass Besucher von Wagner-Opern eher konservativ eingestellt seien. Bündnis 90/Grüne genießen unter Wagnerfans das höchste Ansehen, gefolgt von SPD und CDU. Eine Überraschung ist die Feststellung, dass 25 Prozent der Besucher von Volksmusikkonzerten PDS wählen. 26 Prozent wählen SPD, die CDU folgt auf Platz drei mit 21 Prozent. Grüne: 2 Prozent. Rechtsradikale: 1 Prozent. 23 Prozent bezeichnen sich als Nichtwähler.

Das Publikum von Musicals wählt zu 45 Prozent CDU, zu 26 Prozent SPD. PDS und Grüne liegen bei jeweils etwa 5 Prozent. Auch in diesen Zahlen sind die Nichtwähler (16,6 Prozent) nicht umgerechnet. Bei Crossover-Jazzkonzerten liegen Wähler der Grünen mit über 50 Prozent ganz weit vorne. SPD: 16, PDS: 11, CDU: 6 Prozent.

Befragt wurden auch Gäste des Clubs WMF in Mitte. Hier liegen Wähler der Grünen mit einem Drittel vorne, gefolgt von SPD (23), PDS (14) und CDU (12).

Den höchsten Anteil von Singles gibt es bei Wagner-Fans. Er liegt bei 40 Prozent und durchzieht alle Altersklassen. Bei Volksmusikkonzerten sind es nur 14 Prozent, wobei es sich fast nur um Witwen handelt.

Neuhoff stellte fest, dass die meisten Besucher ihr Konzert nicht nur nach dem Musikgeschmack aussuchen, sondern nach sozialen Aspekten. Unter Besuchern von Volksmusikkonzerten findet sich im Vergleich mit anderen Musikrichtungen die größte Gruppe derjenigen, für die "Geborgenheit", "Sicherheit" und "Familie" eine "überragende" Bedeutung haben. Bei Wagnerfans findet sich im Vergleich die größte Gruppe, die "die Welt verändern" und "Führungspositionen übernehmen" will. Über die Musik erfahre das Publikum eine "kollektive Emotionalisierung", sagt Neuhoff. Vor allem Wagnerfans zelebrierten bei den langen Aufführungen eine gemeinschaftliche Selbstbeherrschung.

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