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Pianist Alexander Panfilov (l.) und Christoph Croisé am Violoncello.

© Pianosalon

Alexander Panfilov: Ein Schwan, der aus der Kurve fliegt

Ein französischer Abend im Pianosalon: Alexander Panfilov und Christoph Croisé spielen Stücke von Nadia Boulanger und François Poulenc.

Ganz Berlin liegt in Sommerödnis da, die Straßen sind leer, die Menschen verreist. Ganz Berlin? Nein, im Pianosalon Christophori in Gesundbrunnen tobt das Leben, hier hat sich eine muntere Konzertgemeinschaft eingefunden, um in der Werkstatt des Klavierbauers (alte Pulte und Pedalaufbauten an den Seiten, Ölgemälde an der Stirnwand, flauschige Sessel im Rund) dem Spiel von Alexander Panfilov am Flügel und Christoph Croisé am Violoncello zu lauschen (Am 17. Juli findet im Pianosalon Christophori das nächste Konzert mit dem Pianisten Mikhail Shiryaev statt).

Übrigens am französischen Nationalfeiertag, weswegen auf dem Programm auch nur Französisches steht. Und die jungen Herren an ihren Instrumenten lösen die großen Erwartungen ein; der aus Russland gebürtige Panfilov mit der Stoik des technisch absolut Souveränen und einem sehr klaren Ton, der deutsch-französisch-schweizerische Croisé, gegenwärtig noch Student an der Universität der Künste, mit feinnervigem Habitus und warmer, inniger Timbrierung.

Wandernde Akkordketten

Schon die Petitessen aus der Hand der Komponistin Nadia Boulanger, zu Anfang des Konzertabends, nehmen sofort für sich ein: die erste durch ihre Introversion, die zweite durch den choralähnlichen Ton, die dritte wegen ihres toccatamäßigen Peps und Pfiffs – Croisé und Panfilov werden dieses dritte Stück am Schluss als Zugabe nochmals spielen, zwischen dem „Encore“ von Jerome Ducros, das sie so schnell nehmen, dass es sie fast aus der Kurve trägt, und dem wunderschön ziehenden „Schwan“ von Camille Saint-Saëns, mit dem sie ihre Zuhörer in die Nacht entlassen.

Bis zu diesem ausführlichen Schluss-Gesamtpaket aber gilt es erstens noch François Poulencs viersätzige Cellosonate zu hören und sich an dem großen Tonvolumen zu erfreuen, mit dem Christoph Croisé in der „Cavatine“ dieser Sonate auftrumpft, zweitens in der Pause ein Glas Wein zu trinken und über den Hof mit seinem Industrie- und Abstellplatz-Chic zu flanieren. Und drittens ist ja noch Gabriel Faurés zweite Cellosonate aufzunehmen, in deren Mittelpunkt jener wunderbare Grabgesang steht, den der Komponist auf den hundertsten Todestag Napoleons 1921 geschrieben hatte. Als verhangene, immerwährende, nie versiegende Cello-Kantilene schloss Fauré diesen Grabgesang später in den zweiten Satz der Sonate ein; an seinen Grund aber legte er im Klavier stetig wandernde Akkordketten, die Panfilov abermals mit bewunderungswürdiger Ruhe spielt.

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