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Kultur: Algerischer Diwan

Aus Frankreich kamen in diesem Jahr keine guten Nachrichten. Die Bilder brennender Autos schienen die These vom Weltbürgerkrieg auch in Westeuropa zu belegen.

Aus Frankreich kamen in diesem Jahr keine guten Nachrichten. Die Bilder brennender Autos schienen die These vom Weltbürgerkrieg auch in Westeuropa zu belegen. Tatsächlich hat das Nachbarland nicht nur mit der ökonomischen, sondern auch mit der kulturellen Integration Schwierigkeiten, wie man an den rigiden Maßnahmen zur Durchsetzung französischsprachiger Musik im Rundfunk ablesen kann. Doch gerade die außerfranzösischen Einflüsse gehören derzeit zu den innovativsten Strömungen. Nicht zufällig kommt ein viel beachteter französischer Musiker wie Rachid Taha vom Rai her. Der in Algerien geborene, aber im Elsass aufgewachsene Taha gilt mit Recht als einer der Erfinder des Multikultirocks, hat sich aber in den vergangenen Jahren dem Turkpop zugewandt, dem er auch auf seinem achten Album „Diwan 2“ (Universal) treu bleibt. Das Wort R’ai bedeutet im Arabischen so viel wie Standpunkt oder Meinung, kann aber auch Plan oder Ziel meinen. Die Ursprünge der Musik verlieren sich im 19. Jahrhundert in Marokko und Westalgerien, populär wurde sie in den Siebziger- und Achtzigerjahren, als sich elektronische Klänge und traditionelle Instrumente mischten. Soziale Probleme wie Wohnungslosigkeit und religiöse Unterdrückung waren plötzlich Themen der Musik. Der weltliche Rai-Sänger Cheb Hasni wurde 1994 in Algerien von Islamisten als „Feind Gottes“ erschossen. Seitdem sind viele algerische Musiker in Frankreich aktiv. Auf dem 3. Francophonic Festival (bis 25. November) ist der Auftritt von Rachid Taha heute im Kesselhaus der Kulturbrauerei (Schönhauser Allee 36, 21 Uhr) fraglos einer der Höhepunkte – und nebenbei die Weltpremiere des neuen Albums.

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