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Kultur: Allerseelen-Ballett

Aus einer zappelnden Stoffhülle robbt eine Frau hervor.Auf der Kriechspur beginnt die Produktion "Schatten" im Prater, alles vollzieht sich in somnambuler Entrücktheit und meditativer Langsamkeit.

Von Sandra Luzina

Aus einer zappelnden Stoffhülle robbt eine Frau hervor.Auf der Kriechspur beginnt die Produktion "Schatten" im Prater, alles vollzieht sich in somnambuler Entrücktheit und meditativer Langsamkeit.Osvaldo Ventriglia, seit sieben Jahren Tänzer in Hans Kresniks Ensemble, hat mit seinen eigenwilligen Arbeiten bei den Choreographen-Werkstätten der Volksbühne auf sich aufmerksam gemacht.Seine erste abendfüllende Produktion kommt nun als harmloser Bühnenspuk daher.Susanna Ibanez wird zur Wanderin durch ein Schattenreich.Die frühere Lady Macbeth in Kresniks Shakespeare-Paraphrase darf ein wenig dämonisch dreinblicken.In hohen Bühnenkäfigen hocken Kreaturen von gespenstischer Blässe.Jedes Leben scheint aus diesen wächsernen Körpern gewichen, ein wenig fühlt man sich an Dr.Frankensteins Kabinett erinnert.Ventriglia arbeitet mit Entstellung, mit der Fragmentierung des Körpers, und wie in einem Zoom lenkt er den Blick auf minimale Regungen.Er knüpft an Zerstückelungsphantasien an, doch selten wirken diese in fahles Licht getauchten Körperbilder grotesk.Mit der Zeit erwachen die Phantome zu gespenstischem Bühnenleben.Die bleichen Kreaturen erklimmen ihren Verhau.Wehe, wenn sie losgelassen? Diese Zombies lehren uns keineswegs das Füchten.Die Komposition von Klaus Staffa müht sich, mittels Einflüsterungen, Sirenenstimmen und Klangverzerrungen eine Atmosphäre der Entwirklichung zu schaffen.Die armen Seelen kippen und fallen, zittern und zucken, rutschen auf Knien.Wenn die Traumwandlerin sich einem der Phantome nähert, läßt sie das blasse Jünglingsfleisch erzittern? Jagt diese umdüsterte Frau den Ausgeburten ihrer überbordenden Phantasie nach? Ventriglia ist nicht auf die schreiende Monstrosität aus, sondern auf subtilen Schrecken.Doch das Spiel mit dem Unheimlichen läuft ins Leere.Wie in einem Spuk sind die lichtscheuen Gespenster verschwunden.Da wo er die Zeit dehnt, Abläufe verlangsamt, stellt Ventriglia die Zuschauer auf eine arge Geduldsprobe.Ihm gelingen effektvolle Bilder, doch das choreographische Material ist dünn.Das Bühnendelirium läßt die Zuschauer ratlos zurück.

Weitere Vorstellungen am 30./31.10.und 10./11./14./15.11., jeweils 21 Uhr

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