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Kultur: Alles Haider - Eine österreichische Debatte an der Schaubühne

Österreich ist ein katholisches Land, erklärt die Autorin. Österreich funktioniert deshalb "vorfreudianisch".

Von Caroline Fetscher

Österreich ist ein katholisches Land, erklärt die Autorin. Österreich funktioniert deshalb "vorfreudianisch". Man geht den Dingen nicht auf den Grund, sondern beichtet seine Sünden weg. Man schätzt die Verdrängung und verlässt sich auf "das Wegstoßen der Schuld", auch in der Politik. Deshalb ist das Auftauchen des Herrn Haider für sie persönlich "befreiend", sagt Marlene Streeruwitz. Endlich ist es raus, was bräsig und bräunlich unter der Oberfläche Österreichs brodelte. Endlich entdeckt sie tausende Anderer, die ähnlich denken, beim Demonstrieren jeden Donnerstag. "Ich bin ja katholisch sozialisiert", fügt sie mit freundlicher Ironie hinzu, "und liebe Prozessionen."

Streeruwitz, eine der bekanntesten Autorinnen Österreichs, gehörte zu den vier Debattanten aus dem Nachbarland, die am Sonntag in der Berliner Schaubühne zum Thema "Haider und die Medien" srpachen. Trotz der Hitze kamen fast zweihundert Besucher, um von der Ratlosigkeit gegenüber dem Phänomen Haider erlöst zu werden. Aber so schnell geht das nicht. Gastgeber Ostermeier gab zu bedenken, das "Konstatieren der Ratlosigkeit" sei an sich schon wertvoll. Stimmt. Woher die FPÖ kam, das fassten die Diskutanten in zahlreichen Facetten zusammen. Was sie im Augenblick treibt, wie sie systematisch versucht, die Medienlandschaft "gleichzuschalten", erklärte der Autor Gerhard Ruiss mit Furor. Dass Homestories über Politiker alle Titelblätter zieren, dass Haiders Leute in die Aufsichtsräte der Medienanstalten geschleust werden. Und dass die internationale Presse die FPÖ verharmlose und folklorisiere: "Euch fehlt das genaueHinsehen." Was aber gegen Haider helfen würde, das konnte die Runde nur andeuten. Und dann die EU-Politik loben.

Streeruwitz, deren beweglicher Geist und klischeefreie Sprache die Debatte inspirierten, findet Verantwortliche für das Desaster auch anderswo. Wer wie Claus Peymann jahrelang darauf beharre, seine Kritiker und Gegner seien automatisch Haiders Leute, der lasse einen freien Diskurs so wenig zu wie diese. Soviel wurde klar: Es geht nicht um Meinung allein, sondern um Diskursfähigkeit. Dass es an ihr in Österreich schon lange mangelt, wurde auf dem Podium von allen beklagt.

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