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Kultur: Am Pult der Zeit (Kommentar)

Eine Tugend kann man Udo Zimmermann nicht absprechen: Der künftige Intendant der Deutschen Oper hat sich mit seiner jüngsten Personalentscheidung einmal mehr als einer der cleversten Kulturmanager des Landes profiliert. Mit der Ernennung des Italieners Fabio Luisi zum neuen Chefdirigenten setzt er ein deutliches Zeichen für einen künstlerischen Neuanfang an Berlins größtem Opernhaus.

Eine Tugend kann man Udo Zimmermann nicht absprechen: Der künftige Intendant der Deutschen Oper hat sich mit seiner jüngsten Personalentscheidung einmal mehr als einer der cleversten Kulturmanager des Landes profiliert. Mit der Ernennung des Italieners Fabio Luisi zum neuen Chefdirigenten setzt er ein deutliches Zeichen für einen künstlerischen Neuanfang an Berlins größtem Opernhaus. Kein arrivierter Pultstar wie Zimmermanns ursprünglicher Wunschkandidat Kent Nagano oder Noch-Chefdirigent Christian Thielemann wird künftig an der Spitze des Orchesters stehen, sondern ein junger, aufstrebender Dirigent, für den die Übernahme eines solchen Postens eine Herausforderung bedeutet. Eine Wahl, die wie jeder Neubeginn die Gefahr des Scheiterns mit sich bringt, die sich jedoch auch als Signal an die Kulturpolitik deuten läßt. Statt sich einen großen Namen herbeizuwünschen und dabei an den finanziellen Engpässen des Berliner Kulturhaushalts zu scheitern, hat Zimmermann sich bei seiner Wahl an den wirtschaftlichen und künstlerischen Notwendigkeiten des Hauses orientiert. Luisi wird der Deutschen Oper fünf Monate im Jahr zur Verfügung stehen und damit eine regelmäßige Ensemble-Arbeit ermöglichen. Der Italiener ist kompetent in Sachen Verdi und Puccini, einer der beiden Repertoiresäulen des Hauses, kann jedoch dank seiner bisherigen Arbeit als Chefdirigent des Leipziger MDR-Orchesters auch die von Zimmermann beabsichtigte Hinwendung zur musikalischen Moderne mitgestalten. Seinen Posten kann der Neue zugleich mit dem neuen Intendanten im Jahr 2001 antreten, eine chefdirigentenlose Zeit bleibt dem Orchester damit erspart. So steht der Deutschen Oper für ihren Neubeginn nach der Ära Friedrich/Thielemann ein geschlossenes Leitungsteam zur Verfügung.

Für die Kulturverwaltung ist die Lösung Luisi ohnehin willkommen, weil sie bezahlbar ist. Der neue Chefdirigent wird nicht mehr Geld erhalten als sein Vorgänger. Mit der Wahl Luisis ist es Zimmermann gelungen, die Deutsche Oper in die durch die Verpflichtungen Rattles und Naganos ausgelöste Aufbruchstimmung einzubeziehen. Dass gleichzeitig eine regelmäßige Zusammenarbeit mit zwei weiteren Nachwuchsdririgenten annonciert wird - mit dem Darmstädter Generalmusikdirektor Marc Albrecht und dem Freiburger Chefdirigenten Kwamé Ryan -, rundet diesen Coup sinnfällig ab. Den Schaden hat die Staatsoper. Der dürfte es jetzt noch schwerer fallen, die von Daniel Barenboim geforderte Gehaltsaufstockung als Bedingung für sein Bleiben zu rechtfertigen.

Jörg Königsdorf

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