zum Hauptinhalt

Kultur: Am Tisch mit Gaddafi

Bislang herrschte Friede bei Cinema for Peace. Das könnte sich morgen ändern: Der Sohn des libyschen Staatschefs kommt auch

Die Welt in einen besseren Ort zu verwandeln ist neben dem Filmedrehen eine Lieblingsbeschäftigung von Stars. Dazu rollt ihnen heute die Organisation Cinema for Peace wieder den Teppich aus. Bei der Gala im Konzerthaus am Gendarmenmarkt, zu der auch Hilary Swank und Bob Geldof kommen wollen, wird zum siebten Mal Weltpolitik mit großen Gefühlen gemacht. Bereits gestern gaben unter anderem die UN-Sonderbotschafterin Waris Dirie, Christopher Lee, Catherine Deneuve und der Chefankläger des Internationalen Gerichtshofs, Luis Moreno Ocampo, eine Pressekonferenz im Adlon, bevor sie sich zusammen mit Garry Kasparow und den Kindern der ermordeten russischen Journalistin den Film „Anna Politkowskaja“ im Berliner Ensemble anschauten.

Eingespielt wurde bei der Pressekonferenz ein Appell von Nicole Kidman zur Kampagne der UNO-Frauenorganisation Unifem „Say No to Violence against Women“. Darin wirbt die Australierin, die wegen ihrer Schwangerschaft die Teilnahme abgesagt hat, dafür, dass die globale Gemeinschaft energischer darum kämpft, Vergewaltigung als Kriegswaffe auszurotten. „Wüstenblume“- Autorin Waris Dirie sprach live gegen die Genitalverstümmelung von Frauen weltweit. Auch in Deutschland seien 50 000 Mädchen betroffen. Dagegen müsse die Politik endlich etwas tun. Weltweit gebe es 100 Millionen betroffene Frauen. Die Plagen, die Menschen verursacht haben, sollten sie auch heilen, sagte Christopher Lee. Catherine Deneuve äußerte sich auch zum Thema Unicef: „Wenn man sich engagiert, muss man zunächst davon ausgehen, dass die Menschen ehrlich zu einem sind, aber man muss auch seinen Instinkten folgen und recherchieren. Dass auch mal etwas schief geht, kann man nie ausschließen.“ Veranstalter Jaka Bizilj sagte, dass man diesmal nicht wie in den letzten Jahren mit Unicef kooperiere, aber langfristig weiter Vertrauen in die Arbeit der Organisation habe.

Zum ersten Mal wird von Hauptsponsor BMW ein Clean Energy Award verliehen, der, wie der Berliner BMW-Chef Hans-Reiner Schröder ankündigte, so eine Art Grüner Oskar werden könne. Anna Netrebko wird ihn überreichen. Alle Stars werden diesmal in Wasserstoff-Limousinen chauffiert. Auch der Umweltaktivist David de Rothschild äußerte sich zur Bedeutung des Umweltschutzes für den Frieden. Mit Hilfe von Glamour Aufmerksamkeit für diese Themen zu schaffen, ist ein weites neues Feld. Jaka Bizilj nutzt die Berlinale ziemlich clever aus, um es zu beackern.

Cinema for Peace ist auch deshalb so erfolgreich, weil es nie langweilig ist. Diesmal hat die Vorstandsvorsitzende der Energiefirmen EAG und Aspide Margarita Mathiopoulos an ihren Tisch neben Kohls früherem Berater Joachim Bitterlich ausgerechnet Seif Gaddafi eingeladen, den Sohn des libyschen Staatschefs. Catherine Deneuve reagierte überrascht, als sie das erfuhr: „Dem werde ich ganz bestimmt nicht die Hand schütteln.“ Chefankläger Luis Moreno Ocampo hingegen meinte, dass man die Anwesenheit auch als Chance sehen könne. „Wir sollten ihm viele kritische Fragen stellen“, schlug er vor. Er erzählte unter anderem von einem Mann in Darfur, der zusehen musste, als seine 8-jährige Tochter vergewaltigt wurde. „Wir brauchen Filme, damit die Opfer eine Stimme bekommen.“ Elisabeth Binder

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false