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Kultur: An die Wäsche

Schweiz im Kino: „Die Herbstzeitlosen“

Marthas Mann ist seit einem Jahr tot. Und jetzt will sie ihren Jugendtraum verwirklichen. Martha ist Schneiderin, spezialisiert auf Lingerie, und sie möchte noch einmal mit Seide und Spitze, Stickgarn und Bordüren umgehen. Martha wohnt jedoch in einem Dörfchen in Emmental, und da ist der Bedarf für feine Damenwäsche gering; außerdem wissen insbesondere die Herren Söhne, was ihren Müttern zusteht und was nicht. Zwischen saftig grünen Bergwiesen,in einem märchenhaften Alpendorf, braut sich ein Skandal zusammen, weil Martha und ihre drei Freundinnen, alle zwischen Sechzig und Achtzig, nach ihrem eigenen Gusto leben wollen. Die eine macht den Führerschein, die andere einen Computerkurs, die dritte legt sich eine neue Frisur zu. Das ist schon alles und doch aufregend genug, um Konflikte ausbrechen zu lassen, die sich am Ende sanft in Nichts auflösen.

Die Regisseurin Bettina Oberli wollte sich auf die Seite der Alten schlagen, milde Kritik an überlebten Traditionen, Männerbündelei und falschem Traditionalismus üben, schließlich vorsichtig für Toleranz, Lebenslust und Weltoffenheit plädieren; aber sie hat all das hinter betulich-biederer Harmlosigkeit versteckt. Ihre Inszenierung ist eindeutig, die Dramaturgie frei von Überraschungen, ihre Figuren sind Klischees, und das Happy End steht vom ersten Moment an fest. Brisante Themen wie Jugendwahn und Überalterung der westlichen Gesellschaften, der Erfindung der Best Ager, die aus gutem Grund nicht alt werden wollen, und die Unbeirrbarkeit der Werbewirtschaft, die nach wie vor hemmungslos die Botschaft vom allein selig machenden Konsum propagiert, werden in den wenigen prägnanteren Szenen kurz angerissen; näher ist „Die Herbstzeitlosen“ dem Heimatfilm der fünfziger Jahre (in acht Berliner Kinos).

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