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Rapperin Angel Haze, geboren in Detroit wohnt jetzt in New York.

© Universal

Angel Haze live in Berlin: Wütende Wölfin

Düster, schnell, stark: Die amerikanische Rapperin Angel Haze gab ein atemberaubendes Konzert im Berliner Postbahnhof.

Glutrot das Bühnenlicht, nachtschwarz die Erinnerungen: „It’s so cold in the D on some trip shit/’Specially when you young and you wild and a misfit/’Specially when nobody ever told you could be shit“, rappt die ganz in Weiß gekleidete Angel Haze zu Beginn ihres ausverkauften Konzertes im Berliner Postbahnhof und führt damit mitten in ihre kalte Kindheit in Detroit. Damals verstand sie niemand, die Mutter war überfordert, zwang sie in eine strenge Glaubensgemeinschaft und verhinderte nicht, dass sie wiederholt von einem Verwandten missbraucht wurde.

Die Dämonen aus dieser Zeit treiben die 23-jährige Rapperin und Sängerin, die inzwischen in New York lebt, noch immer um. Sie attackiert sie mit wütenden Hochgeschwindigkeitswortkaskaden und virtuosen Reimketten, die sie mit einer irren Power herausschleudert. Manchmal erinnert sie dabei an ihr Vorbild Eminem, der auch aus Detroit stammt und sich in seiner Musik ähnlich zorngeladen mit seiner Mutter auseinandersetzte.

Die Baseballkappe tief ins Gesicht gezogen schießt sie ihre Zeilen über die Maschinengewehrbeats von „Impossible“, atemberaubend. Wobei sie selbst bei den kompliziertesten Passagen nie atemlos wirkt. Aber Angel Haze, bürgerlich Raykeea Wilson, kann auch ganz anders, wie sie bei „Moonrise Kingdom“ beweist, einem frühen Konzerthighlight. Das von Wes Andersons gleichnamigem Film inspirierte R ’n’ B-Stück feiert eine junge Liebe. Haze singt es als sanftes Duett mit ihrer eigenen, von Festplatte eingespielten Stimme. Passenderweise gesellt sich ein junge Frau aus dem Publikum zu ihr und tanzt sehr elegant, Haze legt beim Finale den Arm um sie.

Das Album "Back To The Woods" steht im Zentrum

Ein schönes Bild, das aber bald wieder verscheucht wird. Etwa von der düster-tackernden Nummer „The Wolves“, bei der Haze das Publikum zu lautem Wolfsgeheul anstiftet. Der Song ist auf ihrem Album „Back To The Woods“ zu finden, das sie letzten September gratis ins Netz stellte.

Die von Tk Kayembe produzierten Stücke – er steht auch im Postbahnhof an den Reglern – dominieren das einstündige Konzert. Ihr Majordebüt „Dirty Gold“ von 2014 ignoriert Haze hingegen fast völlig – schließlich hat man sich damals im Streit getrennt. Einzig das hymnische Duett mit Sia, „Battle Cry“, packt sie in die Zugaben. Es zeigt, dass diese dünne, ernste Frau auch mühelos Mainstream-Material produzieren könnte. Will sie aber nicht, sie ist lieber sperrig, unabhängig und wild wie eine Wölfin. Gut so.

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