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Kultur: Annäherung an ein Land

KUNST

Kunst und Dokumentation durchdringen sich in der Ausstellung der iranischen Künstlerin Parastou Forouhar im Hamburger Bahnhof (Werkraum 14, bis 29. Juni). Seit zwölf Jahren lebt Forouhar in Deutschland und setzt sich hier intensiv mit ihrem Heimatland Iran auseinander. In ihrer Kunst gehen Ästhetik und Politik eine untrennbare Synthese ein. Mit den unterschiedlichsten Mitteln reflektiert sie den Entzug der individuellen Freiheit im Gottesstaat Iran. Im Zentrum der Ausstellung steht eine dokumentarische Installation um den politischen Mord an ihren Eltern 1998 in Teheran. Ihr Leben lang hatten sich diese für Demokratie und Menschenrechte eingesetzt.

Auf subtile Weise zeigt Forouhar alltägliche Gewalt im Iran, Willkür und die plakative Stilisierung von Attentätern zu Märtyrern bis hin zur Urteilsvollstreckung durch Folter. Im Eingangsbereich erwartet den Besucher ein Environment aus verhüllten Bürostühlen, wobei der mit Korantexten in arabischer Schrift, Fatimahändchen und Minaretten schier überfüllte Bezug so geschnitten ist, dass er zum Sitzen keinen Freiraum mehr lässt. Eine 35 Meter lange Wand scheint von weitem angenehm dezent tapeziert – dann werden in wiederkehrenden Motiven grausame Folterszenen sichtbar. Am Ende des Raumes befindet sich ein riesiges Digitalprint, dessen Inhalt und Aussage ebenfalls erst beim näheren Hinsehen deutlich werden: ein prächtiger, reich ornamentierter Tschadorstoff, aus dem zwei Finger hinausschauen. Forouhar enthüllt gerade mittels der Unklarheit, die ihre Werke auf den ersten Blick besitzen.

Sara Tröster

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