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Kultur: Annas Angst

Im Kino: „Weiße Lilien“ von Christian Frosch

Was will dieser Film? Die Unwirtlichkeit und Anonymität von Massenwohnprojekten kritisieren? Unserer Spektakel-, Konsum und Überwachungsgesellschaft einen Spiegel vorhalten? Das paranoide Sicherheitsbedürfnis einer sich abschottenden Moderne karikieren oder häusliche Gewalt gegen Frauen geißeln? Oder hat er vor, sein Publikum zu unterhalten: als soziale Dystopie, Science-Fiction-Film, klaustrophobischer Thriller? Christian Froschs „Weiße Lilien“ bleibt ein Rätsel. Mit Sicherheit lässt sich nur sagen: Er will mit aller Macht bedeutungsvoll sein.

Irgendwann in nicht allzu ferner Zukunft: In einem streng kontrollierten, hoch technologisierten Massenwohnkomplex namens „Neustadt“ verlässt eine junge Frau namens Hannah ihren gewalttätigen Ehemann und zieht in ein Apartment, dessen Bewohnerin sich in den Tod gestürzt hat. Weil der Ehemann irgendwann verschwindet und auch sonst einige merkwürdige Dinge vor sich gehen, gerät Hannahs Stabilität ins Wanken. Das Sicherheitsteam wird aufmerksam auf sie. Sie beginnt eine Affäre mit dem Ermittler und befreundet sich mit der aufrührerischen Anna. Irgendwann wähnt sie sich verfolgt und hat Halluzinationen. Oder geschieht ihr all das tatsächlich?

Regisseur Christian Frosch („Die totale Therapie“) distanziert seine Figuren durch einen psychologiefreien Inszenierungsstil bis zur Belanglosigkeit. Die Hauptdarsteller Brigitte Hobmeier, Johanna Wokalek und Martin Wuttke sind gezwungen, starr wie Masken zu agieren. Dazu kommt aufdringlich zur Schau gestellte Kunsthandwerk wie Bildunschärfen, ständig wiederkehrenden Spiegelbildern und Kameraaufnahmen durch Schlitze und Türspalten. Weil sich dieser ehrgeizige Film von Beginn an ein bleiernes Übergewicht an Bedeutungsschwere auflädt, kommt er nur ächzend voran; am Ende bricht er zusammen. Weiße Lilien sind ein Symbol für den Tod – ein lebloser Film. Julian Hanich

In den Berliner Kinos Hackesche Höfe, Moviemento, Neue Kant Kinos.

Julian Hanich

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