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Antike Öfen: Oh, wie warm ist Rokoko

Auf der Suche nach antiken Öfen gerät man unweigerlich an die Kunsthändler Maike und Udo Arndt.

Auch wenn die zeitgenössische Malerei den Kunstmarkt derzeit wie kein anderes Medium beherrscht – es gibt viele andere Kunstformen, in die Sammler ihr Geld und ihre Leidenschaft investieren. Die Seite „Kunst & Markt“ stellt in ihrer Sommerserie Händler aus Berlin vor, die sich auf ihrem Spezialgebiet einen Ruf erworben haben.

Wie Leben und Arbeit für das Kunsthändler-Ehepaar Maike und Udo Arndt ineinandergreifen, das zeigt sich am besten an dem Ort, an dem sie ihre antiken Öfen restaurieren und verkaufen. Durch den Garten haben sie eine schmale Schienenspur verlegt und transportieren so die schweren und doch fragilen Stücke über eine Seilwinde ins Haus. Ihre Werkstatt ragt ins Wohnzimmer. An den Möbeln lehnen Kachelbruchstücke oder ein Sack voll Gips. Es stapeln sich Becher mit feinen Werkzeugen und Chemikalien.

29 Jahre ist diese innige Beziehung zwischen den Öfen und den Arndts gewachsen, so lange betreiben die Eheleute ihr „Alterna Ofenkontor“. Spezialisiert sind sie auf antike Stücke von vor 1850: wie der gusseiserne, pyramidenförmige Ofen aus dem späten 18. Jahrhundert mit seinen geschwungenen Beinen aus metallisch bemaltem Holz, weil man damals noch keine vollplastischen Rundungen gießen konnte. Oder der mit Wappen dekorierte Kachelofen eines Kammerherrn der schwedischen Königsfamilie von 1765. Zu Arndts Kunden gehören Privatleute, die sich ein außergewöhnliches Schmuckstück für ihr Wohnzimmer wünschen, aber auch Schlösserverwaltungen und öffentliche Einrichtungen.

Wenn die Arndts aus Berlin-Frohnau einmal wieder quer durch die Republik fahren, um den Zustand eines der von ihnen verkauften Objekte zu begutachten, dann sagen sie: „Wir gehen unsere Kinder besuchen.“ Die beiden Händler setzen sich aber auch dann sofort ins Auto, wenn sie einen heißen Hinweis bekommen. Verdacht auf Stockelsdorf, hieß es einmal. In Prag sollte ein Exemplar aus der ostholsteinischen Fayencemanufaktur in einer Buchhandlung sein Dasein fristen. „Das ist das Feinste, was es im 18. Jahrhundert an Kunstgewerbe gab“, erklärt Udo Arndt. Die Detailfreude und Feinheit der keramischen Arbeiten sei unübertroffen. Wenn der 64-Jährige von Stockelsdorfer Öfen erzählt, leuchten ihm die Augen. In Tschechien angekommen, wurden er und seine Frau jedoch enttäuscht. Falscher Alarm.

Es hätte aber auch anders kommen können. Denn eigentlich ist Udo Arndt der festen Überzeugung: „Die Öfen finden uns.“ Wie damals, als Polaroids von einem Dachboden im Schwarzwald mit ein paar Keramikscherben plötzlich ins Haus flatterten. Noch am Telefon schlugen die Arndts zu, obwohl es doch sehr unwahrscheinlich schien, dass ein norddeutscher Stockelsdorfer im Süden gelandet sein konnte. Es war tatsächlich ein Original. Stockelsdorfer Öfen findet man normalerweise in Museen. 13 sind in den USA und Europa ausgestellt, etwa im Metropolitan Museum in New York oder dem Museum für Kunst und Gewerbe in Hamburg. Zwei befinden sich in Privatbesitz.

Einer davon steht nun in voller Pracht bei den Arndts. Zum Restaurieren ist das Händlerpaar durch einen „Sündenfall“ gekommen, erzählt Udo Arndt, der sein Kontor 17 Jahre lang in einem Laden in der Pariser Straße in Wilmersdorf betrieb. Ein Museum habe um Hilfe gebeten. Das wollten sie nicht ausschlagen, und so kam es, wie es kommen musste für die beiden Ofen-Liebhaber. Aus der ehemaligen Erzieherin und dem Bauingenieur wurden Restauratoren. „Nun kommen wir an Stücke, die andere Händler nie in die Hände kriegen.“

Manchmal kann Arndt dem Kunden die Provenienz mitliefern, oft aber auch nicht. Die Quellenlage sei äußerst mager. „Es gibt kaum deutsche Literatur zu Öfen“, sagt Arndt, der mit den Berliner Händlern Jürgen Czubaszek und Ernst von Loesch im November zum zehnten Mal die Antiquitätenmesse Ars Nobilis im Automobil-Forum Unter den Linden organisiert. Eines Tages, das haben er und seine Frau geplant, werden sie ihr Wissen in einem Buch zusammentragen. Dort hinein käme sicher auch jener Rokoko-Ofen, auf den sie besonders stolz sind. Im Krieg sei der zur Hälfte zerstört worden, erinnert sich der Händler und zeigt auf ein Foto, auf dem ein paar Scherben verstreut auf dem Boden liegen. Nun erstrahlt der Ofen aus blau-weißer Keramik im Schloss Augustusburg in Brühl zwischen Bonn und Köln in neuem Glanz. „Er gibt dem Raum seine Proportionen zurück“, meint der Fachmann. Ein Ofen sei eben weit mehr als eine Heizung.

„Eigentlich ist er ein Fetisch“, sagt Udo Arndt. „Verkaufen heißt, jemanden zu finden, der unsere Begeisterung teilt.“ Und der bereit ist, den Preis zu zahlen, den die beiden Händler vorschlagen. Das kann mitunter eine sechsstellige Summe sein. Schließlich kaufen sie selbst nach Gefühl – danach, wie viel ihnen ein Stück wert ist. Einen Markt mit stetem Angebot und Nachfrage, der die Preise diktieren könnte, gibt es auf diesem Spezialgebiet nämlich nicht. Manchmal geht die Rechnung allerdings auch nach hinten los.

Es fragt sich nur, für wen. Einmal hatten die Arndts ein besonders verspieltes, gusseisernes Exemplar aufgestöbert: einen Ofen in Gestalt eines Mädchens. Das Ofenrohr guckte unter dem Rocksaum hervor. „Setz den Preis so hoch an, dass ihn niemand kauft“, bat Maike Arndt ihren Mann. Tatsächlich stand er eine Zeit lang ohne Interessenten im Esszimmer der Familie. Bis eines Tages das Telefon klingelte. „Wir haben jetzt das Geld zusammen“, sagte die Stimme am anderen Ende. Heute steht der Ofen im Museum der Domäne Dahlem.

Alterna Ofenkontor, Am Rosenanger 81, www.ofenkontor.de, Tel: 030-401 40 80 (nach tel. Anmeldung).

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