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Kultur: Antonio Skarmeta: Castro und Cola

Der Schriftsteller Antonio Skarmeta, neuer Botschafter Chiles in Berlin, wo er jahrelang im Exil lebte, hat eine unnachahmliche Art zu lachen. Man weiß nicht genau, worüber er lacht, aber sein Lachen wirkt ansteckend, und man lacht unwillkürlich mit.

Der Schriftsteller Antonio Skarmeta, neuer Botschafter Chiles in Berlin, wo er jahrelang im Exil lebte, hat eine unnachahmliche Art zu lachen. Man weiß nicht genau, worüber er lacht, aber sein Lachen wirkt ansteckend, und man lacht unwillkürlich mit. Zum ersten Mal sah und hörte ich Antonio Skßrmeta lachen bei den Weltfestspielen der Jugend und Studenten in Havanna im Sommer 1978. Neben Palästinenserführer Arafat auf der Ehrentribüne sitzend, sahen wir Tausende junger Pioniere mit wehenden Fahnen ins Stadion einlaufen. "Alles Kinder der Revolution," flüsterte mein Nebenmann mir zu, "Kinder von Fidel."

Nach der offiziellen Feier mischten wir uns unters Volk und tanzten auf der Straße mit hübschen mulatas, solange, bis Polizisten in Zivil uns von unseren Tanzpartnerinnen trennten - zu unserem eigenen Schutz, wie es hieß. Skarmeta stimmte ein homerisches Gelächter an und wurde von den Westberliner Genossen, in deren Begleitung er nach Kuba geflogen war, zur Rede gestellt: Sie wollten wissen, worüber er gelacht habe, und forderten ihn zur Selbstkritik auf. Skarmetas Antwort war ein erneuter Lachanfall.

Das nächste Mal hörte ich ihn lachen, als ich im Goethe-Institut von Santiago de Chile einen Vortrag über den Fall der Berliner Mauer hielt. Aber Skarmeta lachte nicht über die Mauer, sondern über Bill Clinton, der bei seinem Staatsbesuch in Chile ein landesübliches Gericht essen wollte und statt dessen Hamburger mit Coca Cola vorgesetzt bekam. Auf die Frage, welche chilenischen Dichter er gelesen habe, nannte Clinton zwei Namen: Pablo Neruda und Antonio Skarmeta und löste bei letzterem einen neuen Lachanfall aus.

Zum dritten Mal sah ich Skarmeta lachen, als er an Chiles Nationalfeiertag in seiner Berliner Botschafterresidenz geladene Gäste empfing. Es gab ausgezeichneten Wein, das Nationalgetränk Pisco Sour, und ein chilenischer Pianist spielte Bach und Beethoven. Als eine Bundestagsabgeordnete wissen wollte, ob Pinochet nach seiner Rückkehr ins Gefängnis käme, bekam Skarmeta wieder seinen berühmt-berüchtigten Lachanfall. Und er zitierte den Dichter Nicanor Parra mit dem Satz, das Fest werde so lange weitergehen, bis der letzte Gast nach Hause gegangen und die Party zu Ende sei.

Darauf stoßen wir an, lieber Antonio Skßrmeta, und wünschen dem chilenischen Botschafter und Romancier alles Gute zum Sechzigsten!

P.S. Kleiner Denkanstoß für den Bundesaußenminister: Wie wäre es mit Günter Grass als Botschafter - nicht in Washington oder Moskau, London oder Paris - aber vielleicht in Warschau oder in Prag?

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