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Das Nile Corniche/St. Regis, Luxusapartments und ein Sechs-Sterne-Hotel am Ufer des Nils in Kairo.

© Michael Graves & Associates

Architekt Michael Graves gestorben: Aufstand der Ornamente

Berühmt wurde er wurde mit seinem Portland Building, einem erstaunlich verspielten Verwaltungsklotz in Oregon. Dann stieg Michael Graves zum postmodernen Stararchitekten auf, der auch den Alessi-Teekessel entwarf. Jetzt ist er mit 80 Jahren gestorben.

Irgendwann in den siebziger Jahren ist die Moderne unmodern geworden. Man hatte genug von ihrer kalten Rationalität, ihrem Dogmatismus, vor allem aber von ihren immergleichen Schachtelhäusern. Jede Schule, schimpfte Tom Wolfe in seinem Essay „From Bauhaus to our house“, sehe inzwischen aus wie ein „Ersatzteillager“ und jedes Sommerhaus wie eine „Insektizid-Raffinerie“. In der Praxis haben postmoderne Architekten wie Rob Kier, Frank Gehry oder Peter Eisenman ihre Kritik dann spielerischer formuliert. Sie fochten ihren Aufstand mit kunsthistorischen Zitaten, ungeraden Linien, schrillen Farben und eleganten Ornamenten aus. Alles, was die Moderne verboten hatte, war plötzlich wieder chic.

Michael Graves
Michael Graves

© Michael Graves & Associates

Michael Graves wurde 1982 mit seinem Portland Building berühmt, einem 15-stöckigen Verwaltungsklotz in der größten Stadt von Oregon, der durch den Wechsel der Farben und Materialien seiner Verkleidung erstaunlich verspielt und leichtfüßig wirkt. Der Koloss, der von Weitem an einen Elefanten erinnert, gilt als einer der frühesten Signalbauten der Postmoderne und steht seit 2011 unter Denkmalschutz. Ähnliche Bekanntheit erreichte Graves’ 1985 eröffnetes Humana Building in Louisville, Kentucky, ein 26-stöckiger Wolkenkratzer aus pinkfarbenem Granit, der mit seinem Spitzgiebel und den luxuriösen Details einem Art-déco-Schrank gleicht.

Michael Graves, 1934 in Indianapolis geboren, hat mehr als 350 Gebäude in aller Welt gestaltet, darunter das Gesundheitsministerium in Den Haag, ein Disneyland Resort in Paris und das Minneapolis Institute of Arts. Nach dem Studium in Cincinnati und Harvard gründete er 1964 sein eigenes Architekturbüro. Zusammen mit Richard Meier, Charles Gwathmey, Peter Eisenman und John Hejduk gehörte er zu den „New York Five“, die auch „the Whites“ genannt wurden, weil sie sich an der weißen Reinheit der Bauten von Le Corbusier orientierten.

Das Humana Building in Louisville, Kentucky, ein 26-stöckiger Wolkenkratzer aus pinkfarbenem Granit.
Das Humana Building in Louisville, Kentucky, ein 26-stöckiger Wolkenkratzer aus pinkfarbenem Granit.

© Wikipedia

Die Postmoderne in der Architektur begann mit Furor und endete mit Fatalismus. Als Graves 1985 zwar den Wettbewerb für eine Erweiterung des New Yorker Whitney Museums gewonnen hatte, sein Entwurf aber nicht verwirklicht wurde, bekam seine Karriere einen Knacks. Er trotzte der Krise mit Kreativität, wurde zum Designer von Alltagsgegenständen und entwarf fortan rund zweitausend Konsumobjekte für Auftraggeber wie Delta Industries, Steuben und Disney. Sein Wasserkessel mit dem Vögelchen auf dem Ausgießer, entwickelt für Alessi, wurde zum Markenzeichen. „Humanistisches Design = wandelbare Gestaltung“, lautete sein Credo. Am Donnerstag ist Michael Graves in Princeton gestorben. Er wurde 80 Jahre alt.

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