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Architektur: Paläste und Hütten

Am Wochenende ist Tag der Architektur in Berlin. Der Trend geht zu Kleinbauten und Gartenentwürfen.

Der Trend geht zum Pavillon. Zum Beispiel bei den Wasserrettungsstationen, die Feddersen Architekten mit Marg Architekten für die Berliner Seen entworfen haben. Schlichte Holzkuben mit Panoramafenster, die auf Stelzen im See stehen, wie ein Ufo am Ufer gelandet oder als Türme nur per Leiter zu erreichen sind. Eine Kleinserie mit hohem Vorfertigungsgrad, die gleichzeitig maximale Variationsmöglichkeiten für die drei Funktionen Überblick, Verletztenversorgung und Ruheraum bieten.

Am Wochenende, beim bundesweiten Tag der Architektur, kann man die Rettungsstation in Rahnsdorf besichtigen – neben 17 weiteren Projekten und 31 Architekturbüros. Und im Stilwerk in der Kantstraße werden in einer Ausstellung 69 Projekte vorgestellt, die Berliner Architekten in ihrer Stadt und in aller Welt gebaut haben. „Da!“, die 12. Jahresausstellung der Architektenkammer Berlin, ist von einer Jury aus 170 eingereichten Arbeiten ausgewählt worden – und vermittelt so etwas wie den Trend der Zeit.

Als da wären: Kleinbauten. Auch die „goBOX“, ein mobiler Informationspavillon (Palowski), oder der „Plattenpalast“, ein aus Plattenbausegmenten und Fensterscheiben des Palasts der Republik zusammengesetzter Prototyp für Ausstellungsräume (Wiewiorra Hopp), wählen den kleinen Maßstab, wählen Techniken wie Recycling und Bauen mit nachwachsenden Rohstoffen. Selbst im Wohnungsbereich setzen die schon hinlänglich diskutierten Townhouses auf dem Friedrichswerder – hier sind Bauten von David Chipperfield, Johanne Nalbach und Hansen + Heese ausgewählt – auf begrenzte Flächen, die zur Entfaltung in die Höhe mittels Treppen und Dachgärten zwingen. Es gibt „gestapelte Reihenhäuser“ (Michael Müller), in Bauherrengemeinschaft entstandene Stadthäuser an der Bernauer Straße (Kai Hansen) oder ein Einfamilienhaus, das wegen seiner nuancenreichen grünen Biberschwanzziegelfassade den mehrdeutigen Titel „Schuppen“ trägt (Ralph Brandt, Martin Simon).

Grün ist angesagt: Gleich mehrere Grünraumgestaltungen, vom Schlossplatzarreal (relais) bis zum als Ausgleich für den Autobahnbau entstandenen Landschaftspark Rudow-Altglienicke (ag.u Lange/Hausdorf/Grigoleit) sind dabei. Oder die Bauherren ziehen gleich aufs Land: in ein unauffällig in die Landschaft eingefügtes Holzhaus in Falkenberg (Ruf + Partner), einen Stallausbau in der Uckermark (Gabriele Riesner) oder ein Holzhaus im Oderbruch, direkt hinterm Deich (Tim Heide und Verena von Beckerath). Selbst in der Stadt entstehen Refugien, durch den Umbau eines IBA-Hauses in der Händelallee (dAX-I mit Kai Magnus Bergmann), die Umgestaltung der ehemaligen mongolischen Botschaft in Prenzlauer Berg (Michael Strauch mit Mirjam von Busch) oder – spektakulärste Umwandlung – die Entwicklung von Dachwohnungen auf dem Gasspeicher in der Fichtestraße (Ingenbleek + Partner).

Deutlich reduzierter hingegen die Zahl der Büro- und Geschäftsbauten. Hier überwiegt die Umnutzung bestehender Gebäude, sei es die farbenfrohe Bürowelt einer Personalserviceagentur an der Wilmersdorfer Straße (Zappe), der Firmensitz von myToys in einem Postamt an der Bergmannstraße (Schnadenberger & Brünjes), der Dachausbau des denkmalgeschützten GTZ- Hauses am Potsdamer Platz (a-base architects mit Karen Romberg) oder der Umbau eines Apartmenthauses zum Hotel Lindemann’s an der Potsdamer Straße (Markus Coelen).

Und auch bei den Bundesbauten, sei es beim Familienministerium in der Glinkastraße (Schweger) oder beim Landwirtschaftsministerium in der Wilhelmstraße (Anderhalten), ging es vor allem auch um die sensible Verbindung von Alt- und Neubau. Selten geworden sind spektakuläre Neuentwürfe wie die SOLON Headquarters in Adlershof (Schulte Frohlinde). Es scheint, als ob Berliner Architekten die großen Würfe eher auswärts verwirklichen, sei es beim Jiangsu Provincial Art Museum (KSP Jürgen Engel) oder beim Museion in Bozen mit seiner ambitionierten „Medienfassade“ (KSV). Verglichen damit nimmt sich das Besucherzentrum der Gedenkstätte am Mauerpark (Mola Winkelmüller) angenehm bescheiden aus. Die Renovierung von Schloss Schönhausen durch Winfried Brenne läuft ohnehin außer Konkurrenz.

Doch das ungewöhnlichste Bauwerk steht nicht in Berlin, sondern in Burkina Faso. Francis Kéré hat in Gando eine Schule mit lokalen Baustoffen und unter Beteiligung der Dorfgemeinschaft klimafreundlich erweitert. Kéré ist der Architekt, der für Christoph Schlingensief dessen Operndorf in Ouagadougou baut.

Tag der Architektur: 26. und 27. 6., Programm unter www.ak-berlin.de. Ausstellung „da!“ im Stilwerk bis 11.7., 8 bis 22 Uhr.

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