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Dirigentin Ariane Matiakh.

© AFP/Jamie McCarthy

Ariane Matiakh im Konzerthaus: Nach Süden!

Ariane Matiakh präsentiert bei ihrem Debüt am Pult des RSB Symphonien mit italienischem Gefühl.

Goethe ist zwar der bekannteste, aber bei Weitem nicht der einzige deutsche Geistesmensch, den es nach Italien zog, der sich an südlicher Heiterkeit, Zitronensonne und antiken Ruinen berauschte. Auch Felix Mendelssohn Bartholdy packt in der A-Dur-Symphonie, der „Italienischen“, seine Glücksgefühle in mitreißende Musik, zumindest in den Ecksätzen, ohne dabei je den Lockungen der Programmmusik zu verfallen. 50 Jahre später reist der 22-jährige Richard Strauss nach Rom und Neapel – Ergebnis: die Symphonische Dichtung „Aus Italien“.

Ariane Matiakh präsentiert beide Werke in ihrem Debüt am Pult des Rundfunk-Sinfonieorchesters im Konzerthaus. Bei Mendelssohn legt die künftige Generalmusikdirektorin in Halle eine raumgreifende, schlangenlinienartige Schlagtechnik an den Tag; nicht alles davon scheint wirklich nötig. Die Profimusiker vom RSB wissen natürlich trotzdem, was die Dirigentin meint, aber ihr Eifer mündet paradoxerweise in sein Gegenteil: Die A-Dur-Symphonie lebt von den Differenzen, vom Kontrast zwischen enthusiastisch-jugendlichem Impetus und den zurückgenommenen, in sich ruhenden, luftholenden Passagen. Matiakh betont diese Unterschiede kaum, ebnet ein, das Resultat: Spannungsabfall.

Beim jungen Strauss kommt Matiakhs in Fahrt

Die Italienreisen rahmen ein weiteres, sehr stimmungsmalerisches Stück: „Water“ von Fazil Say, der auch selbst am Klavier sitzt, uraufgeführt 2012. Über die Bedeutung von Wasser in Zeiten galoppierenden Klimawandels brauchen wir nicht zu reden, aber wie fasst man das musikalisch? Say hat drei Sätze geschrieben, die für Meer, See und Fluss stehen, er nimmt sich mal was von Gershwin, mal – wenig überraschend – von Debussy. Der Klavierpart gleicht, was ja passt, eher einem Plätschern – ein Klangvorhang, der kaum Themen ausbilden oder verarbeiten will. Say spielt nicht mehr mit den Löwenpranken, für die er berühmt war, dafür mit Seidenfingern. Würze liefert das Orchester, vor allem das ausdifferenzierte Schlagwerk. Im zweiten Satz, am nächtlichen See, wird ein ganzes Bestiarium an Tiergeräuschen aufgefahren, vom Uhu bis zum Tockern des Spechtes. Der hemmungslose Jubel zur Pause scheint übertrieben.

Als der junge Strauss schließlich Roms Monumente bestaunt, übersetzt sich Matiakhs Gestik endlich in einen glühenden Klangstrom. Natürlich kommt beim „Strand von Sorrent“, dem 3. Satz, wieder Debussy in den Sinn – hat er sich für „La mer“ etwa von Strauss inspirieren lassen? Im 4. Satz, durchwebt mit dem Gassenhauer „Funiculi, funicula“, gelingen der Dirigentin herrlich organische Wechsel zwischen Trubel und heiter-gelöster Stimmung. So bringt sie den Debütabend doch noch zum glücklichen Ende.

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