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Das Artemis Quartett.

© Nikolaj Lund

Artemis Quartett im Kammermusiksaal: Tanz der Luftgeister

Das Artemis Quartett spielt Weber, Schumann und Beethoven im Kammermusiksaal.

Ein Anton Webern, wie man ihn nicht kennt. Spätromantisch verweben sich drei Themen in seinem „Langsamen Satz für Streichquartett“, 1905 geschrieben, mit 22. Wie unendlich fern scheint da noch der Meister der Kürze, zu dem er bald wurde, mit kondensierten Stücken, die die Essenz zwölftöniger Musik in sich bergen. Das Artemis Quartett entwickelt beim Saisonabschluss seiner Berliner Reihe im Kammermusiksaal viel Ehrfurcht vor dem Stück. Und spielt es sehr zurückgenommen in der Ausdrucksintensität, lieblich, rückwärtsblickend.

Die Tonlage ändert sich kaum im mittleren von Robert Schumanns Streichquartetten op. 41. Vier Luftgeister tanzen da, körperlos. Musik, die ordentlich interpretiert, aber nicht mitreißend ist, das muss man bei Schumann erst mal hinkriegen. Dabei haben die vier keine Probleme mit der Koordination, dem intuitiven Aufeinanderhören. Aber sie haben offenbar ein Jahr nach dem Zugang von Anthea Kreston als zweiter Geige (nach dem Tod von Friedemann Weigle) immer noch keine gemeinsame Klangästhetik gefunden. Schumann mit angezogener Handbremse.

Die Artemisianer finden für jede Melodie einen eigenen Tonfall

An Beethoven muss sich jedes Streichquartett bewähren, Artemis zumal. In op. 130, mit der Großen Fuge op. 133 am Ende, wird der Strich substanzieller, bohrender, kerniger, fangen die beiden Geigen zu schimmern an, mit fein platzierten, dynamischen Höhepunkten in allen fünf Sätzen. Dass Spielen auch immer Um-sein-Leben-Spielen bedeutet, wird nirgends so sinnfällig wie im trotz seiner Kürze alles andere als banalen zweiten Satz („Presto“). Den dritten hat Beethoven aus sechs völlig unterschiedlichen Melodien aufgebaut, und die Artemisianer finden für jede einen eigenen Tonfall. In der Cavatine des fünften Satzes wird besonders deutlich, wie Vineta Sareikas Primgeige sich allem Platzhirschgehabe verweigert, den Weg in die Innerlichkeit geht.

Aber dann, ach! – der sechste Satz. Ohne Pause, ohne Sammlung. Die vier springen plump in die Einsätze der Fuge. Was ist das plötzlich für ein Schrubben, ein zähklebriges Achtelgewitter? Das Entsetzen ist groß. Größer war die Irritation bei der Uraufführung 1826, als der Satz für so viel Verstörung sorgte, dass Beethoven zähneknirschend einen neuen komponierte. Dann ist das rettende Ufer des dritten Abschnitts „Meno mosso e moderato“ erreicht, und Eckart Runges Cello beginnt gewohnt wohlig zu brummen. Aufatmen, das Quartett kriegt die Kurve, kann anknüpfen an die intensive Stimmung der ersten fünf Sätze, die als Kern des Abends in Erinnerung bleiben.

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