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Kultur: Auf dem Weg ins Glück

Gute Qualität, aber leichte Orientierungsprobleme bei der 38. Art Cologne

Umstrukturierung und Neustart heißen die stärksten Impulse der diesjährigen Art Cologne – und sie stellen zugleich auch die größten Herausforderungen an die Traditionsmesse. Doch der Versuch des Messedirektors Gérard Goodrows, frischen Wind in den zuletzt einigermaßen verkrusteten Kunstmarkt zu bringen, hat sich gelohnt: Die in diesem Jahr letztmalig in den Rheinhallen stattfindende Messe verzeichnet eine deutlich gestiegene Zahl an hochkarätigen, erstmalig oder nach Jahren der Abstinenz erneut in Köln auftretenden Galerien und einen Auslandsanteil von 45 Prozent. Damit stiegen auch die Besucherzahlen und die Qualität der Ware Kunst, insbesondere im Bereich der klassischen Moderne und Nachkriegsavantgarde.

Highlights der ersten Etage ist das spektakulärste und größte Objekt der Messe, eine fünf Tonnen schwere Bronzeskulptur von Joel Shapiro, die Pace Wildenstein aus New York mitgebracht hat. Gmurzynska (Köln) zeigen die teuerste Arbeit der Messe, ein Picasso-Doppelporträt von Dora Maar und Marie-Thérèse Walther für 1,5 Millionen Euro. Gerade das klassische Segment bildet einen qualitätsvollen Gegenpol zur jungen und jüngsten Kunst, die man vielleicht längst besser in Berlin oder London entdecken kann.

Eine Ausnahme bildete hier keines der Angebote auf der Messe selbst, sondern die gestern zu Ende gegangene, erstmals veranstaltete „rheinschau“ im Rheinforum auf der gegenüberliegenden Flussseite. Hier gelang es, mit 40 Ausstellern wie Maccarone und Green Naftali (beide New York) Galerien nach Köln zu holen, „denen die Art Cologne seit Jahren nicht mehr frech genug ist, um ganz junge Avantgardekunst zu zeigen“, wie Initiatorin Kathrin Luz von Neumann+Luz Projects (Köln) erklärte. Ein wenig nach Manier der Baseler „Liste“ fand hier die Kunst auch in der kleinsten Kammer Platz. Viele Künstler bestätigten etwa den Trend zum neuen „Formalismus“, der gegenwärtig auch im Hamburger Kunstverein zu sehen ist. Arbeiten von zwei der dort vertretenen Künstler waren in Köln zu erwerben, so etwa die konstruktivistisch anmutenden Abstraktionen von Markus Amm (3800–5200 Euro) bei Karin Guenther/Nina Borgmann aus Hamburg oder David Lieskes Minimal-Bearbeitungen (4000 Euro, Auflage 3) bei Buchholz. Der Kölner Galerist, der auch im Beirat für die „rheinschau“ saß, ließ sich das doppelte Heimspiel nicht nehmen und zeigt parallel zur „rheinschau“ auf der Art Cologne die große Installation „Asymmetric Display“ der Warschauer Künstlerin Paulina Olowska, die gleich zur Eröffnung von einem rheinischen Sammler für 25000 Euro gekauft wurde. Mit einem Doppelauftritt überzeugte auch die Galerie Robert Miller, die erstmals nach Köln kam. Die New Yorker präsentierten auf der „rheinschau“ ihren Nachwuchs und zeigen noch bis Sonntag auf der Messe Hochklassiges wie eine Collage von Tom Wesselman (1,5 Millionen Dollar), Lee Krasner und James Rosenquist.

Im zeitgenössischen Segment überrascht auf der Art Cologne ein regelrechter Run auf chinesische Kunst: China-Spezialist Alexander Ochs aus Berlin konnte bereits vor der offiziellen Eröffnung einen ausverkauften Stand melden – und orderte Nachschub. Auch Christa Schübbe (Düsseldorf), die an ihrem auffällig in Schwarz-Gelb gestalteten Stand junge chinesische Malerei von Yan Fang, Zeng Fanzhi, Tianhong Sheng und Xue Song neben Lüpertz-Schülern zeigt, konstatiert: „Mit einem so regen Interesse habe ich nicht gerechnet.“

Auf internationales Publikum setzt Dorothee Fischer aus Düsseldorf, die an ihrem Stand gewohnt Qualitätsvolles aus verschiedenen Dekaden anbietet. Neben frühen Skizzen wie „9x11=99“ (140000 Euro) von Hanne Darboven aus den Jahren 1972/73, als diese ihre erste Ausstellung in der Galerie hatte, zeigt Fischer auch frische, zarte Stickbilder des aus Kyoto stammenden Malers Zon Ito (7000–7500 Euro).

Insgesamt stellen die neuen Durchmischungsversuche bei der Standverteilung den Besucher vor einige Herausforderungen: Das Andocken der jetzt mit „New Talents“ umschriebenen Förderkojen für junge Künstler an ihre Galerien stärkt zwar deren Präsenz, ermöglicht dem Besucher aber nicht mehr den raschen Überblick wie in den Jahren davor. Wer gezielt junge Kunst finden will, muss über eine gehörige Portion Wanderlust verfügen – die neuen Talente sind über beide Etagen hinweg verstreut. Zudem gibt es den Versuch, eine Auswahl jüngerer Galerien als „New Contemporaries“ zu fördern und im schwierigen Terrain im Obergeschoss zusammenzufassen – was im Bezug auf Zusammenstellung und Auswahl nicht immer schlüssig ist.

Unglücklich platziert scheinen auch renommierte Galerien wie Ursula Walbröl (Düsseldorf), die sich mit ihrem jungen, anspruchsvollen Programm im Erdgeschoss wiederfand. Walbröl hatte filigrane Zeichnungen des Briten Simon Lewis (2000 bis 12500 Euro) im Gepäck, sowie Malerei auf Aluminium aus Dierk Schmidts „Berliner Kapitel“ (6000 Euro). „Ich empfinde die Messe als unübersichtlich. Man muss als Besucher schon ganz genau wissen, wohin man will, um nicht die Orientierung zu verlieren,“ klagt die Galeristin, die nach neun Jahren erstmals wieder teilnimmt.

Trotz solcher Kritik braucht sich die Art Cologne in punkto Qualität nicht zu verstecken. Doch eine gründliche Umstrukturierung bleibt weiter unverzichtbar. Der diesjährige Neustart in den Rheinhallen dürfte das Vorspiel für einen echten Neubeginn 2005 bilden, wenn die Messe in die Hallen 9 und 10 umziehen wird. Was die Substanz angeht, sind die Wege zum Glück bereits in diesem Jahr zu ahnen, um die Kölner Traditionsmesse zu einem Ort zu machen, der sich auch in Zukunft gegen die gewachsene internationale Konkurrenz behaupten kann.

Magdalena Kröner

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