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Lunkewitz

© dpa

Aufbau-Verlag: Friedenspfeifen

Vielleicht wird jetzt doch noch alles gut mit dem Berliner Aufbau-Verlag. Der einstige Verleger Lunkewitz und der vorläufige Insolvenzverwalter einigen sich.

Nach der Einleitung des Insolvenzverfahrens Ende Mai und nach langen, schwierigen Verhandlungen haben der einstige Verleger Bernd F. Lunkewitz und der vorläufige Insolvenzverwalter Jochen Voigt-Salusden den Verkauf des traditionsreichen, ehemaligen Vorzeigeverlags der DDR beschlossen. Wichtig ist dabei: Beide gehen gemeinsam vor, beide haben die Unternehmensberatung Roland Berger mit der Suche nach einem Investor beauftragt.

„Um einen langen Rechtsstreit zu vermeiden, der den Geschäftsbetrieb gefährdet hätte, haben wir uns dahingehend verglichen, dass der gesamte Geschäftsbetrieb mit allen Vermögenswerten des Verlages verkauft wird“, teilt Lunkewitz nun in einer Presseerklärung mit. Und Voigt-Salus ergänzt darin: „Damit ist der Weg für eine übertragende Sanierung frei, jetzt kann die Suche nach einem Investor beginnen. Die Verlagstätigkeit kann danach ohne Beeinträchtigung durch Rechtsunsicherheiten von einem neuen Eigentümer fortgesetzt werden.“

Dass die Rechtsauffassungen weiterhin unterschiedlich sind, betonte Lunkewitz zwar in einem Gespräch mit dem Branchenmagazin „buchmarkt.de“. Doch hat er entweder eingesehen, dass er in einem langen Rechtsstreit doch den Kürzeren ziehen würde. Oder er hat sich tatsächlich eines Besseren besonnen. Darauf, ein letztes Mal im Interesse des Aufbau Verlags zu handeln und keinen Ego-Trip zu reiten. Lunkewitz hatte ja darauf bestanden, dass insbesondere die Autorenrechte, die Aufbau seit 1992 erworben hatte, allein ihm gehörten und nicht der Insolvenzmasse zugeschlagen werden könnten. Damit hätte er auch einen neuen, eigenen Verlag unterhalten können. Potenzielle Käufer des insolventen Aufbau Verlags wären leer ausgegangen und hätten sich mit dem begnügen müssen, was Aufbau bis 1992 an Rechten gehörte.

Lunkewitz weist darauf hin, dass die neue Vereinbarung nicht seinen Schadensersatzansprüchen gegen die Bundesregierung in die Quere kommt. Und er sagt, ganz im Sinn der erleichterten Aufbau-Geschäftsführer Tom Erben und René Strien: „Ein neuer Eigentümer kann jetzt ganz anders die großartigen Möglichkeiten des Aufbau Verlages in programmatischer und wirtschaftlicher Hinsicht wahrnehmen.“ Und so verweisen Erben und Strien auch gleich werbend auf aktuelle Erfolge des Verlags. Auf Kim Edwards Roman „Die Tochter des Fotografen“, der in den Top Ten der Taschenbuchbestsellerlisten steht. Oder auf Fred Vargas’ neuen Krimi „Die dritte Jungfrau“, der Anfang August erscheint und tatsächlich eine sichere Bank ist.

Unklar ist jedoch, wie es konkret mit Aufbau weitergeht. Kaufinteressenten gebe es viele, hieß es immer wieder. Was die aber mit dem Verlag nach dem Erwerb machen, ist allein ihre Sache. Selbstverständlich kauft niemand einen Traditionsverlag, nur um sich Filetstücke wie Fred-Vargas-Bücher einzuverleiben und den Verlag dann unter anderer Flagge weitersegeln zu lassen. Aber sollte Aufbau in Konzernen wie Bertelsmann/Random House oder beim schwedischen Bonnier-Imperium landen (zu Bonnier gehört etwa die Berliner Ullstein-Gruppe), könnte die berühmte Aufbau-Identität schnell Schaden nehmen.

So publizieren die Random-House-Verlage Luchterhand oder Knaus zwar anständige Bücher. Von einem scharfen Profil aber, einer bestimmten Identität, wie sie Verlage wie Wagenbach oder Suhrkamp (noch) auszeichnet, kann in all diesen Fällen kaum noch die Rede sein. Am Ende bestätigt sich aber auch, dass Hans Magnus Enzensberger nur halb Recht hatte mit seinem Spruch: „Bertelsmann? Das ist ein großer Verlag, aber mir fällt gerade kein Autor ein.“ Am Ende war ein Schriftsteller wie Walter Kempowski eben nicht bei Knaus, sondern Autor bei Bertelsmann. Gerrit Bartels

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