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Graffiti-Künstler Ibo Omari übermalt ein Hakenkreuz-Graffiti an einer Wand in Berlin, 2016.

© Sophia Kembowski/dpa

Aufstand der Aufrechten im Theater: Wie Aktivisten bundesweit gegen Rechtsradikalismus kämpfen

Sie übersprayen Hassparolen, stören Naziaufmärsche oder polieren Stolpersteine. Das Stück „Die Berufung“ in den Sophiensälen zeigt Engagement gegen rechts.

Wo andere nur im Vorbeigehen den Kopf schütteln, schreitet Irmela ein. Die Dame mit dem weißen Haar und der Gehhilfe greift sich den Jutebeutel, packt ihre Spraydosen ein und tut, „was getan werden muss – auch wenn es Strafanzeigen hagelt“.

Wo zum Beispiel ein Graffito fordert: „Moslems und Roma raus“, sprüht sie ein beherztes „REIN!“ über den Hetzspruch. Artikel 1 und Artikel 5 des Grundgesetzes, sagt Irmela, seien ihre Leitlinien. Und wer so denkt, kann rechten Hass nicht einfach stehen lassen.

Die real existierende Frau ist eine der Protagonistinnen im Stück „Die Berufung“ – wenngleich sie nur im Video auftaucht. Das Performance-Kollektiv Markus & Markus knüpft hier an seine Arbeit „Zwischen den Säulen“ an, eine Pilgerreise wider die Islamophobie, in deren Zuge Markus Schäfer und Markus Wenzel diagnostiziert hatten: „Wir leben in einer Zeit, in der Hass und Menschenfeindlichkeit in einer Weise um sich greifen, wie wir es nie für möglich gehalten hätten“.

Um diese Diagnose nicht bloß als Menetekel hinzustellen, sind die beiden – mit den weiteren Gruppenmitgliedern Katarina Eckold und Lara-Joy Bues – auf die Suche nach Zeitgenossinnen und Zeitgenossen gegangen, die Initiative zeigen.

Von dem starken Feedback erzählt in den Sophiensälen jetzt „Die Berufung“. Beachtlich, was es republikweit für Engagement gibt.

Schöne Abwechslung am Theater

Gestoßen sind die Performer zum Beispiel auf jene Menschen, die in Demmin den sogenannten Trauermarsch der Neonazis am 8. Mai kurzerhand zum Spendenlauf umdeklarieren. Und für jeden abmarschierten Kilometer der Hetzer an die Organisation Exit spenden, die ausstiegswilligen Rechtsradikalen hilft.

Da mischen sich Markus & Markus unters Volk, halten Banner hoch („Endspurt statt Endsieg“) und bekleben Bananen mit Stickern „Mein Mampf".

Sie haben Menschen getroffen, die Stolpersteine polieren, einen Philanthropie-Berater, der Spenden an die richtige Adresse bringt, oder einen Tätowierer, der kostenlos Hakenkreuze oder SS-Runen übermalt.

In einem Bühnenbild mit rückwärtiger Leinwand, golden umrankter Showtreppe und fahrender Mülltonne für den Don-Quixote-Ritt (Bühne und Kostüme: Maike Storf) verdichten Schäfer und Wenzel ihre Deutschlandtour zur Revue der Aufrechten.

Was für eine schöne Abwechslung im Theater. Mal kein Stück, das einem erklärt, wie böse die Rechtspopulisten sind. Sondern das leuchtende Gegenbilder feiert. Menschen wie Irmela, die mehr als einmal von der Polizei beim Sprayen erwischt wurde. Und die Beamten dann gern fragt, ob sie die Hassparolen und die Hakenkreuze etwa stehen lassen soll?

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