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Kultur: Aus dem Geist des Tanzes

KLASSIK

Am leuchtenden Sonntagmorgen versammelt sich im Musikinstrumenten-Museum ein Spezialistenpublikum in großer Zahl, um die Eröffnung von „Alte Musik live“ zu erleben. Direktorin Conny Restle hebt die „große Ehre“ für ihr Haus hervor. Denn ihre Einführung gilt Gustav Leonhardt. Der Name steht für einen langen Zeitraum der Aufführungspraxis Alter Musik. Und in dem Konzert wie dem anschließenden Gespräch mit Günther Wagner zeigt sich, dass die Legende vitale Gegenwart ist. Als Organist, Cembalist, Dirigent, Wissenschaftler, Lehrer, als Schauspieler gar – der Thomaskantor in Jean-Marie Straubs Bach-Film (1968) – geht der Niederländer seit der Mitte des vorigen Jahrhunderts seinen künstlerischen Weg und schreibt sich mit über 180 Plattenaufnahmen in die Geschichte ein. Seit 1953 ist er Professor am Konservatorium Amsterdam.

Wenn er heute „Französische Cembalomusik“ spielt, so wird das Programm dem Instrument angepasst. Das Museum ist stolz, ihm ein Originalinstrument von Benoist Stehlin, Paris 1767, anbieten zu können. Ein zweimanualiges Cembalo, auf dem er sich zurückträumt ins 17. Jahrhundert, zu Henry Dumont, und voranschreitet zu dem „Modeschreiber“ (Leonhardt, lächelnd) Jacques Duphly. Die Mitte bildet ein Plädoyer für den „Meister“ Marchand, berühmt durch einen – nicht ausgetragenen – Wettstreit mit J. S. Bach. In charmanter Ambivalenz verbindet sich die asketische Erscheinung des Künstlers mit seinen gefühlsbestimmten Interpretationen: Eine Virtuosität, die aus dem Geist des Tanzes kommt. Sybill Mahlke

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