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London brennt. Rauch steigt aus einer Sony-Lagerhalle, die am Dienstag niederbrannte. Hunderttausende CDs, DVDs und Schallplatten wurden zerstört.

© Reuters

Ausschreitungen in England: London: Brand bedroht Musik- und Filmfirmen

Bei den Ausschreitungen in England wurden offenbar Bestände zahlreicher unabhängiger Musik- und Filmfirmen vernichtet, u. a. eine 20.000 Quadratmeter große Lagerhalle von Sony DADC im Londoner Stadtteil Enfield.

Bei den Ausschreitungen in England wurden offenbar die Bestände zahlreicher kleiner und unabhängiger Musik- und Filmfirmen vernichtet. Ein durch die Krawalle ausgelöster Brand zerstörte eine 20 000 Quadratmeter große Lagerhalle von Sony DADC im Stadtteil Enfield im Norden Londons. Menschen kamen dabei nicht zu Schaden. In dem dreistöckigen Gebäude hatte der größte britische Indie-Medienvertrieb Pias sein Verteillager für Großbritannien und Irland, mehr als 200 große und kleinere britische Indie-Musiklabels hatten hier ihre CDs, DVDs und Schallplatten gelagert.

Betroffen ist unter anderem die Labelfamilie Beggars Group, zu der Matador, XL, 4AD, Rough Trade and True Panther gehören. In einem Interview mit der Musik-Website Pitchfork sagte Beggars-Chef Martin Mills, dass die Firma ihren gesamten UK-Bestand von geschätzten 750 000 Einheiten verloren habe. Es werde zehn Tage dauern, um die CD-Bestände zu erneuern und drei Monate, um neue Schallplatten zu pressen.

Ein Rough-Trade-Mitarbeiter bezeichnete den Schaden gegenüber der BBC als „vernichtend“: „Ich bin sicher, einige der Labels waren nicht versichert“, sagte er weiter. „Ich bin sicher, einige Firmen werden draufgehen.“ Die Association of Independent Music UK ruft Musikfans dazu auf, digitale Kopien von Alben zu kaufen, um den betroffenen Labels zu helfen.

Der Brand verzögert auch das Erscheinen der neuen Arctic-Monkeys-Single „The Hellcat Spangled Shalalala“, die ursprünglich am 15. August erhältlich sein sollte. Wie Domino Records bestätigte, wurde der gesamte Bestand, der in der Halle zur Auslieferung bereit lag, zerstört. Es gebe nur noch eine limitierte Anzahl von 7-Zoll-Schallplatten, die über die Bandhomepage erhältlich seien.

Auch zahlreiche Filmfirmen aus dem Arthouse-Bereich sind von dem Brand betroffen. Wie der „Guardian“ meldet, verlor allein das British Film Institute, das Kinoklassiker neu auflegt, sämtliche in dem Lagerhaus untergebrachten DVDs, mehr als 120 000 Einheiten. Das Unternehmen hat demnach weiterhin Zugriff auf alle angebotenen Titel, weil sie ein zweites Lager betreibt. Trotzdem dürften die Gewinnverluste massiv sein.

Auch das Doku-Label Dogwoof („Restrepo“, „Food Inc“) rechnet mit großen Verlusten. Firmenchefin Anna Godas sagte dem „Guardian“, ihre Firma habe etwa 50 000 DVDs im Wert von umgerechnet rund 340 000 Euro verloren. Sie rechne aber damit, dass Sonys Versicherung für den Schaden aufkommen wird. Die Filmfirma Artificial Eye, die „Winter’s Bone“ und Krzysztof Kieslowskis „Drei Farben“-Trilogie im Programm führt, hat eine eigene Versicherung. Die wird sie brauchen: Laut „Guardian“ beklagt Artificial Eye den Verlust des Gesamtbestands: mehr als 300 Titel.Jan Oberländer

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