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Kultur: Ausstellung: Kurvenschwung

Hat man, was man sieht, davor gedacht? Macht die Kunst, wie Klee glaubte, das Ungesehene sichtbar?

Hat man, was man sieht, davor gedacht? Macht die Kunst, wie Klee glaubte, das Ungesehene sichtbar? Anfang der Sechziger Jahre sei die Linie aus seinen Bildern hervorgetreten, erzählt Jan Kotik in einem Video der Ausstellung "Übertragen: Linie - Objekt - Farbe", das in der Akademie der Künste zu sehen ist (bis 21. Januar). Die kleine Auswahl von Arbeiten des tschechischen Malers im Eingangsfoyer zeigt, dass die Linie zwar überall wie selbstverständlich vorhanden ist. In Erscheinung treten kann sie erst, wenn der Künstler sie mit einer Geste zum Körper, zum Ding macht. Kotik genügt oft eine karge Bewegung. Er tunkt Seilstücke in allerlei Farben und legt sie ineinandergeschlungen unter Plexiglas. Besprenkelt ein grobes Tau mit roten Klecksen und windet es über einem blauen Brett. Wie Linien den Raum durchmessen, konnte er in simplen, kindlich anmutenden Buntstiftzeichnungen vorweisen. Dem ist bei aller Farbenfreude die demonstrative Absicht anzusehen. Es wirkt wie: "Schau hin und denk nach: Was ist denn eine Linie?" Zwei Holzstäbe hängen unter der Haustreppe. Unserer Sehgewohnheit täuschen sie Parallelität vor; beim zweiten Hinschauen wird man gewahr, dass die eine Kante nach Außen verschoben ist, um weiter unten als Gerade fortzulaufen. Pädagogische Eulenspiegelei. Glücklicherweise kündet die Ausstellung auch davon, dass sie dem Maler nicht Selbstzweck war. Es gibt hier nämlich zwei echte Körper, die aus dem Grübeln über die Linie entstanden sind: "Achtung! Will beißen" ist eine Schlange aus feurig geschmetterten, gestrichelten,und gerenkten schwarzen Linien. Der zweite besteht aus verknautschten, zu einer S-Kurve zusammengekleisterten Leinwandfetzen, die Kotik mit Schwung und leuchtenden Acrylfarben vollgemalt hat. Pflanze oder Tier, das Werk ist "Ohne Titel"

Aureliana Sorrento

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