zum Hauptinhalt
Erika Giovann Kliens "Lokomotive" von 1926 steht für die Dynamik der Epoche in Wien. Sammlung Pabst

© Sammlung Papst

Ausstellung "Wien Berlin": Hektik und Beschaulichkeit

Drei Jahrzehnte des 20. Jahrhunderts – eine staunenswerte Epoche: In der wurden Wien und Berlin „Metropolen der Moderne“. Ein Porträt der beiden Städte

Wenn Berlin die Stadt ist, die – mit dem zu Tode zitierten Wort des Kritikers Karl Scheffler von 1911 – dazu verurteilt ist, „immerfort zu werden und niemals zu sein“, dann ist Wien sicherlich diejenige Stadt, der es vergönnt ist, immerfort zu sein und niemals werden zu müssen. Zumindest für die Hoch-Zeit der Moderne zwischen 1900 und 1930 lässt sich auf diesen Gegensatz das Klischee kondensieren, das beim Vergleich von Berlin und Wien unweigerlich in den Sinn kommt: hie die aufstrebende, nervöse Metropole des Industriezeitalters, dort die gesetzte, ihrer selbst gewisse Kapitale eines uralten Reiches.

Das Klischee ist ebenso alt wie hartnäckig. Es hat einmal gestimmt, allerdings nicht mehr in der Zeit, als es Konjunktur hatte. In der Zeit der „heroischen“ Moderne, dem Zeitalter von Industrialisierung, Urbanisierung und Migration, waren sich die beiden Hauptstädte ähnlicher, als es das landläufige Vorurteil wahr haben wollte. Beide Städte nahmen rasant an Einwohnern zu, wuchsen über die alten Stadtgrenzen hinaus, wandelten sich von Residenzstädten zu Wirtschaftskapitalen. In beiden übernahm ein wohlhabend gewordenes Bürgertum die politische Macht oder zumindest Meinungsführerschaft, strömten Menschen aus allen Teilen der jeweiligen Reiche und weit darüber hinaus zusammen, um hier jeweils ihr Glück zu suchen oder auch nur ein bescheidenes Auskommen, das ihnen an ihren ländlichen Herkunftsorten nicht vergönnt war. In beiden Städten prallten Reichtum und Armut, Bildung und Unwissenheit radikal aufeinander, kamen politische Zwistigkeiten zum Durchbruch, die bis dahin nur geschwelt hatten. In beiden fand „die“ Moderne zu ihrem Ausdruck. Aus der Rückschau, drei und mehr Generationen nach dieser Hochphase der Moderne, sind es überhaupt die kulturellen Leistungen, die Bestand behalten haben, während die politischen oder gar wirtschaftlichen Ereignisse zumeist nur noch in Geschichtsbüchern nachzulesen sind.

Und doch unterscheiden sich Wien und Berlin durchaus fundamental. Sie unterscheiden sich in der Wahrnehmung, sowohl ihrer eigenen Bürger als auch der „von draußen“. Die Wahrnehmung von draußen bedient sich der Klischees und perpetuiert sie; im Falle dieser beiden Städte ist bemerkenswert, wie stark sie eben auch in ihren wechselseitigen Klischees aufeinander bezogen bleiben. Wenn Siegfried Kracauer, der scharfsichtige Feuilletonist der „Frankfurter Zeitung“, 1929 in einer seiner Reportagen aus Berlin über den Riesen-Vergnügungskomplex „Haus Vaterland“ notiert, „Hinter der Neuen Sachlichkeit öffnet sich Grinzing“, dann geschieht das zu einer Zeit, da sich die Klischees bereits vollkommen verselbständigt hatten. Grinzing, der Wiener Vorort eines immerwährenden Heurigen, bildet für Kracauer – und seine Leser verstanden das sehr genau – den denkbar schärfsten Gegensatz zu der unter dem Signum der „Neuen Sachlichkeit“ gefassten Welt der späten Weimarer Republik. Das aber ist die Welt, die Kracauer bald darauf in seinem Essayband „Die Angestellten“ beschrieb, versehen mit dem bezeichnenden Untertitel  „Aus dem neuesten Deutschland“.

Ungeheure Verwerfungen nach dem Ersten Weltkrieg 

Filiale der Wiener Werkstätte in Berlin, Ende der 20er Jahre.
Filiale der Wiener Werkstätte in Berlin, Ende der 20er Jahre.

© Josef Hoffmann

Es blieb also den Zeitgenossen nicht verborgen, dass sich fundamentale Veränderungen ereigneten, dass da etwas das „neueste“ Deutschland war und das ältere offenkundig dahin. Was für das Berlin der späten zwanziger Jahre gilt, kann man im Großen und Ganzen auch auf Wien beziehen. Beide Städte verband ja überhaupt im ersten Drittel des 20. Jahrhunderts eine sehr ähnliche, und zwar ähnlich ungewöhnliche Geschichte. Beide Hauptstädte verloren im Ersten Weltkrieg ihre politisch-gesellschaftliche Mitte in Gestalt der regierenden Herrscherhäuser, beide wurden sodann zu Hauptstädten gärend-revolutionärer Republiken, beide trugen die Last der Kriegsverlierer mit allen damit einhergehenden mentalen und notabene realen Folgen. Beide nämlich sahen sich auf Dauer mit den ungeheuren sozialen Verwerfungen durch den Krieg konfrontiert – und beide, auch das ist aus der Rückschau und zwar mit Bewunderung festzuhalten, meisterten diese Herausforderungen, so weit es unter den gegebenen ökonomischen Bedrückungen nur irgend möglich war.

Ließen sich darum die Geschichten der beiden Metropolen als eine einzige erzählen? Das nun eben nicht. Die Klischees, die Wahrnehmungsblockaden stehen dem entgegen. Siegfried Kracauer sei erneut zitiert. Zu Anfang seines bedeutenden, sprichwörtlich gewordenen Aufsatzes „Das Ornament der Masse“ schreibt er – und wir erinnern uns, er schreibt immerfort über Berlin -: „Der Ort, den eine Epoche im Geschichtsprozess einnimmt, ist aus der Analyse ihrer unscheinbaren Oberflächenerscheinungen schlagender zu bestimmen als aus den Urteilen der Epoche über sich selbst.“ Wenn also Berlin als die vorwärts drängende, Wien hingegen als die beharrende Stadt erscheinen – und ihren jeweiligen Zeitgenossen auch nie anders erschienen sind -, so hat das mit den realen Vorgängen nicht unbedingt zu tun. Sondern es spiegelt die Oberfläche, obwohl selbst die - man denke nur an die Parallele zwischen den billigen, früher hätte man gesagt: proletarischen Vergnügungen im Wiener „Wurstelprater“ und jenen im Berliner „Luna-Park“ – beim  genauen Hinschauen so verwirrend ähnlich sein mochten.

Es muss also bei dem bleiben, was Robert Musil, dieser Chronist des untergehenden Habsburgerreiches, mit dem schönen Wort „Parallelaktion“ bezeichnet hat. Freilich gilt es nicht die parallelen Thronjubiläen bei Habsburgern und Hohenzollern zu berichten – deren erstes ohnehin aufgrund des Ablebens des greisen Franz Josef nicht mehr stattfand -, sondern die parallele Entwicklung beider Städte trotz und ungeachtet ihrer so gegensätzlichen Images. Ja, sogar in der literarischen Verarbeitung lassen sich diese Selbst- und Fremdbilder nachweisen, hält man sich vor Augen, dass der erste Teil von Musils großem Roman „Der Mann ohne Eigenschaften“ 1930 erschien, der prototypische Berlin-Roman, Alfred Döblins „Berlin Alexanderplatz“, nur ein Jahr zuvor. Nebenbei, aber bezeichnenderweise schrieb Musil seine Habsburg-Geschichte um diese Zeit, nämlich Anfang der dreißiger Jahre, ausgerechnet in Berlin weiter, ehe ihn Hitlers Machtübernahme zurück nach Wien zwang.

"Zinshaus" und Mietskaserne"

"Zwei müde Frauen" von Ernst Neuschul, 1925.
"Zwei müde Frauen" von Ernst Neuschul, 1925.

© Berlinische Galerie

Musils Roman spielt zu einer Zeit, da Wien den preußischen Stadt-Kollegen nur als Parvenü wahrnehmen mochte. Zur Jahrhundertwende 1900 war Berlin in der Tat gerade einmal knapp drei Jahrzehnte lang Sitz eines Kaisers, Wien hingegen seit 344 Jahren. Die enorme Dauer der Regierungszeit Franz Josefs II. – seit 1848 – fügte dem geschichtlichen Horizont eine ganz aktuelle Behäbigkeit hinzu. Wie ein Weck- und Schreckruf musste darum klingen, als Karl Kraus, den als Satiriker zu bezeichnen viel zu kurz griffe, 1912 ironisch schrieb: „Ich muss den Ästheten eine niederschmetternde Mitteilung machen: Alt-Wien war einmal neu.“ Das war zu einer Zeit, da Wien sich selbst bereits problematisch geworden war; eben weil vom vermeintlich alten Wien immer weniger übrig war. Kraus rekurrierte auf die „Kleinen Wiener Memoiren“ des Biedermeier-Schriftstellers Franz Gräffer, die damals gerade eine Renaissance erlebten; als Trostlektüre für Modernisierungsgegner.

Doch hatte Gräffer bereits 1845 den wundesten Punkt der Wiener Stadterneuerung getroffen, als er schrieb: „Wir können sie nicht leiden! Die kahlen, flachen, monotonen Dinger, ohne Höfe, ohne Räume, ohne Licht und Luft und mit ihrer egoistischen Enge und ihrer filzigen, zinserträgerischen Öconomie. Die ganze heimische Magie, die ganze alterliche Romantik sind dahin, dahin!“ Die „zinserträgliche Öconomie“ meinte den Umbau der Stadt mit dem, was in Wien „Zinshaus“ hieß – und immer noch heißt – und in Berlin analog als „Mietskaserne“ bezeichnet wurde. An die Stelle von besitzenden Stadtbürgern traten die Massen von temporären Mietern, wobei selbst „hochherrschaftliche“ Wohnungen nur mehr lediglich zur Miete bereitstanden. Berlin war da gewiss radikaler, insofern ganze Stadtquartiere nur mehr für einfachste Wohnbedürfnisse bebaut wurden; dergestalt, dass der Stadtsoziologe Werner Hegemann, als er 1930 – schon wieder dieses Jahr 1930! – sein epochales Buch „Das steinerne Berlin“ veröffentlichte, die Wohnstättenzählung von 1911 zitierte, derzufolge seinerzeit eine halbe Million Menschen in Unterkünften hausen musste, in denen jeder Wohnraum von fünf oder mehr Menschen belegt war.

Gesellschaft in Aufruhr

"Schachspieler" von Jeanne Mammen. 1929 / 30. Berlinische Galerie, erworben aus Mitteln der Stiftung Deutsche Klassenlotterie, Berlin 1985
"Schachspieler" von Jeanne Mammen. 1929 / 30. Berlinische Galerie, erworben aus Mitteln der Stiftung Deutsche Klassenlotterie, Berlin 1985

© Berlinische Galerie

Beide Städte überschritten an Einwohnern zur Jahrhundertwende die Zwei-Millionen-Marke. Solche Menschenmengen zu organisieren, gelang in dem jahrhundertelang handwerklich basierten Wien ebenso wenig wie in dem von vorneherein auf die Expansion der Industrie gerichteten Berlin. Dem Ausbau der Massenverkehrsmittel kam in beiden Städten enorme Bedeutung zu. Was Otto Wagner in dieser Hinsicht ingenieurarchitektonisch für Wien leistete, machte Alfred Grenander etwas später und dafür weit länger in Berlin nach. Der Übergang zur städtischen Massengesellschaft  und die Ermöglichung von Mobilität gehören aufs engste zusammen. Was Berlin dem österreichischen Pendant allerdings voraushatte – und hier gibt es einmal keine Parallele -, ist die enorme Industrialisierung und mit ihr, auf der kulturellen Ebene, das, was heutzutage als „Industriekultur“ erforscht und bewundert wird. Während sich Wien, mit bürgerlichen Millionären aus zumeist jüdischem Milieu nicht anders versehen als Berlin, auf den rückwärts gewandten Ästhetizismus der Luxuswarenmanufaktur à la „Wiener Werkstätten“ zurückzog, kamen in Berlin dank der AEG und ihrem Chefarchitekten Peter Behrens Massenprodukte wie Lampen oder Ventilatoren in durchdachter Gestaltung in den Handel.

Zur gleichen Zeit versetzten Zeitschriften mit so bezeichnenden Namen wie „Die Aktion“ und „Der Sturm“ die wilhelminische Gesellschaft in Aufruhr. Berlin wurde zum Zentralort der internationalen Moderne in der Kunst – Wien bewahrte sich diese Rolle zumindest für die Musik -, da ein aufgeschlossenes, naturgemäß großbürgerliches Publikum den bewussten Gegensatz zur Kulissenschieberei des Wilhelminismus suchte. In wenigen Jahren bis zum Beginn des Weltkriegs beschleunigte sich die kulturelle Entwicklung Berlins derart, dass der Literaturhistoriker Arthur Eloesser allen Grund hatte, 1909 in einem Beitrag unter dem Titel „Großstadt und Großstädter“ zu konstatieren, Berlin sei „die jüngste europäische Großstadt, seine Entwicklung hat ein wahrhaft amerikanisches Tempo angenommen (…)“. Er fügte hinzu, „Es würde sich lohnen, über die zusammengedrängte, rapide Entwicklung eines jungen Riesen von so rücksichtsloser Energie und Intelligenz Tagebuch zu führen“. In solchen Sätzen spiegelt sich der Einfluss des an der Berliner Universität lehrenden Philosophen und Soziologen Georg Simmel, der 1903 den bahnbrechenden Aufsatz „Die Großstädte und das Geistesleben“ veröffentlicht hatte, in dem er die „Steigerung des Nervenlebens“ und den „intellektuellen Charakter“ zu Kennzeichen des modernen Großstädters bestimmt hatte. Das nun betraf Berlin oder besser gesagt, die geistig-künstlerische Szene der Stadt, nicht hingegen diejenige Wiens, die im Kaffeehaus nicht  Anregung oder gar Exaltiertheit suchte wie diejenige Berlins, sondern im Gegenteil Rückzug und Beruhigung. Bis Karl Kraus, nach dem Abriss des beliebten Literatentreffpunkts „Café Griensteidl“  1897, voller Hohn über die gemütlichen Dichter schrieb: „Wien wird jetzt zur Großstadt demoliert. Mit den alten Häusern fallen die letzten Pfeiler unserer Erinnerungen…“

Das "rote Wien" macht Ernst mit der Sozialpolitik

Klessheim im Schnee. Ein Blatt aus dem Klessheimer Sendboten von Erika Giovanna Klien, um 1926/ 27.
Klessheim im Schnee. Ein Blatt aus dem Klessheimer Sendboten von Erika Giovanna Klien, um 1926/ 27.

© Wien Museum

Die Pfeiler der Erinnerungen, wenn es sie denn überhaupt noch gab, wurden im Spätherbst 1918 in unvorstellbarer Radikalität eingerissen. Die Monarchien an Spree und Donau verschwanden, die Reiche zerfielen; Österreich-Ungarn, das sei betont, weit umfassender als das im großen Ganzen bestehen bleibende Deutsche Reich. Wien, eben noch die Hauptstadt eines Vielvölkerstaates mit einer entsprechend multinationalen und multiethnischen Bevölkerung, verlor seine angestammte Bedeutung und wurde auf die Rolle der Hauptstadt einer Alpenrepublik reduziert. Eine halbe Million Menschen verließ in der Folgezeit die Stadt, alsbald durch die Pariser Vorortverträge ungefragt zu Bürgern neu gebildeter Staaten geworden. Wiens Bedeutung als kultureller Schmelztiegel wandelte sich gleichermaßen. Literatur und Bildende Kunst verloren ihre vormalige Bedeutung; nicht zuletzt, weil auch ihr Publikum wegbrach.

Hingegen gewann Wien eine ganz neue Bedeutung als Ort eines gesellschaftlichen Umbaus bemerkenswerten Ausmaßes. Das „rote Wien“, die von der Sozialdemokratie regierte Insel inmitten des christsozial ausgerichteten ländlichen Österreich, machte ungeachtete der stark verringerten ökonomischen Ressourcen der Stadt Ernst mit der umfassenden Sozialpolitik, die nach dem Ersten Weltkrieg und der nun in den meisten Ländern hervorbrechenden gesamtgesellschaftlichen Verarmung in ganz Europa diskutiert wurde. Die aus der den Grundbesitzern auferlegten „Hauszinssteuer“ finanzierten Wohnbauten des „Roten Wien“, die oft mehrere Hundert, ja im Einzelfall bis zu 1300 Wohnungen umfassenden „Höfe“ mit ihren Sozialeinrichtungen wie Kantinen, Kindergärten und Zentralwäschereien, wurden zu Sinnbildern einer Sozialpolitik jenseits der in Österreich wie in Deutschland stets drohenden und in Gestalt der jungen Sowjetunion überaus präsenten politischen Revolution.

Die Moderne wurde ausgelöscht

Berlin folgte mit den Sozialsiedlungen, deren herausragende Beispiele, entworfen von Bruno Taut, mittlerweile als Unesco-Weltkulturerbe ihre verdiente Würdigung erfahren haben. Politisch längst nicht so homogen wie Wien, blieb in Berlin der Siedlungsbau Angelegenheit der Wohnbaugesellschaften, nicht Ausdruck einer dezidierten kommunalpolitischen Willensbildung. Die anfänglichen Erschütterungen durch den verlorenen Krieg, die gescheiterte Revolution und die halbherzige Republikbildung spiegeln sich in Berlin eher auf der kulturellen Ebene, in der allgegenwärtigen und alsbald zur Phrase verkommenden expressionistischen Rhetorik. Mit dem tiefen Einschnitt der Hyperinflation vom Herbst 1923 und der darauf folgenden Erschöpfung und wirtschaftlichen Beruhigung endete der Expressionismus. Die folgende, nach dem Titel einer Mannheimer Ausstellung von 1925 so bezeichnete „Neue Sachlichkeit“ bildete die kulturelle Form der späten, prosperierenden Weimarer Republik, eben der wenigen „Goldenen Zwanziger“, als die sie bald darauf verklärt werden sollten. Oper, Theater, Literatur, überhaupt das überwältigend reiche Verlagswesen prägten diese kurze Hochblüte Berlins, mehr als die bildende Kunst, die im kulturell reich verzweigten Deutschland eher in Städten wie Dresden, Frankfurt oder Köln ihre Produktionsorte hatte, ehe sie in Berlin ausgestellt und rezipiert wurde.

Und wieder lief die Geschichte in Wien und Berlin parallel. Erst brachte die Weltwirtschaftskrise die fragilen Volkswirtschaften zum Einsturz, dann zerfielen die Republiken. 1933 griff Adolf Hitler nach der Macht, die ihm von den Nachlassverwaltern der Demokratie bereitwillig überlassen wurde. In Wien gab es 1934 immerhin erbitterten Widerstand, zumal in den hoch symbolischen Wohnhöfen, am allermeisten im Karl-Marx-Hof. Mit Waffengewalt triumphierte das autokratische Regime des „Austrofaschisten“ namens Engelbert Dollfuß. Die Moderne war ausgelöscht, in Berlin und in Wien. Die ersten drei Jahrzehnte des 20. Jahrhunderts bleiben für beide Städte eine staunenswerte Epoche, und beide haben es gleichermaßen, wenn auch in je unterschiedlicher Akzentuierung verdient, als „Metropolen der Moderne“ gewürdigt zu werden.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false