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© Andreasfeiningerarchive.com

Bauhaus-Archiv: Andreas Feininger: Fingerzeig der Metropole

Mit Andreas Feininger zeigt das Berliner Bauhaus-Archiv den großen Fotografen New Yorks.

Noch 1987 hat er die Türme des World Trade Centers fotografiert, wie sie nach oben hin im Nebel verschwinden. Da waren sie schon nicht mehr die Symbole der Begeisterung, wie die Wolkenkratzer der Wall Street, die er in den vierziger Jahren gestochen scharf gegen einen wolkenlosen Himmel abgebildet hatte. Sie sind, wie er im hohen Alter über die gleichförmigen Konzernzentralen an der Sechsten Avenue geurteilt hatte: „sauber, brutal, unmenschlich leistungsfähig“.

Das New York seines Alters war nicht mehr das New York, das er einst zum „Sehnsuchtsort“ verklärt hatte, wie Annemarie Jaeggi es nennt, die Direktorin des Bauhaus-Archivs. Dort sind von heute an die berühmten Fotografien von Andreas Feininger zu sehen, der für immer mit den Bildern New Yorks „in den vierziger Jahren“ verbunden bleibt, wie der Ausstellungstitel besagt. Die Aufnahmen sind ins kollektive Gedächtnis eingesunken; der Fotograf selbst blieb im Hintergrund. 1906 als ältester Sohn des Malers Lyonel Feininger in Paris geboren, amerikanischer Staatsbürger, in Berlin zur Schule gegangen und am Bauhaus in Weimar ausgebildet, wo sein Vater ab 1919 lehrte, später nochmals in Dessau, wo er den Fotografie-Kurs belegte: Das sind die Stationen des Künstlersohnes, der sich gleichwohl seinen eigenen Weg zu bahnen verstand. Die Fotografie wurde ihm, dem ausgebildeten Tischler und Architekten, erst zur Leidenschaft und dann zum Beruf. Bereits 1929 wurde er zur epochalen Ausstellung „Film und Foto“ des Deutschen Werkbundes eingeladen.

Nach New York kam Feininger 1939 quasi als Emigrant; in ein Land, dessen Sprache er nicht beherrschte. Als Reportagefotograf schlug er sich durch, 24 Stunden am Tag einsatzbereit. Nach vier Jahren folgte die Anstellung beim Magazin „Life“, das jahrzehntelang das Selbstbild Amerikas prägte. Nicht weniger als 346 Reportagen hat Andreas Feininger in knapp zwei Jahrzehnten für „Life“ gemacht, der „Doppelseiten-Feininger“, wie er von den Kollegen ebenso respekt- wie neidvoll genannt wurde.

In der dicht und eindrucksvoll arrangierten Ausstellung im Bauhaus-Archiv kommt das Pathos der vierziger Jahre, da New York als Zukunftsverheißung gelten konnte, so recht zum Ausdruck. Mit dem Teleobjektiv zog Feininger die Stadt zusammen, derart den Kontrast zwischen den sonnenbeschienenen Straßen und den aufschießenden Hochhäusern betonend. Sie waren damals noch schlank, verjüngten sich nach oben wie Fingerzeige; nicht plump wie das World Trade Center, dessen banal rechteckige Doppeltürme sich im Nebel verlieren. Und vor der Silhouette Manhattans – gern vom gegenüber gelegenen New Jersey aufgenommen – glitten damals die großen Ozeandampfer dahin, als majestätische Verbindung zum alten Europa.

Das sind die Bilder, die Andreas Feininger immer und immer wieder aufgenommen hat, eine einzige Hymne an die „Große Stadt“, wie sie schon Walt Whitman besungen hatte. Mit staunendem Blick erfasst Feininger historische Kontraste, wie zwischen den Fischkuttern am East River und den dahinter aufragenden Hochhäusern des Finanzviertels.

Auch die ethnische Vielfalt New Yorks beobachtet Feininger mit dem Blick dessen, der um die glücklichen Umstände des eigenen (Emigranten-)Schicksals weiß. Er ist, wie Ausstellungskurator Thomas Buchsteiner sagt, kein Robert Capa, der sich ins Getümmel stürzt, und kein Henri Cartier-Bresson, der auf den „entscheidenden Augenblick“ wartet. Er war vielmehr „ein Entdecker mit dem altmodischen Postulat der Schönheit“. Feininger plante seine Aufnahmen sehr genau, zumal die Architekturfotografien mit langen Brennweiten und entsprechend schwergewichtiger Ausrüstung, und hielt fest, was in der Ausstellung, zehn Jahre nach seinem Tod im Alter von 92 Jahren, zu sehen und mehr noch zu erspüren ist: das Bild New Yorks als der Metropole schlechthin.

Bauhaus-Archiv, Klingelhöferstraße 14, bis 18. Mai. Mi-Mo 11-17 Uhr. Katalog bei Hatje Cantz, 320 S., 29,80 €.

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