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© Barbara Klemm

Foto-Ausstellung in Potsdam: Impressionismus in der Mark Brandenburg

Barbara Klemm fotografiert wie eine Seiltänzerin, das Distanzmittel Schwarzweiß wird zum Netz. Eine Ausstellung in der Potsdamer Galerie Kunstkontor zeigt ihre Landschaftsbilder - ein Geschenk.

Junges Birkengrün, man meint zu spüren, wie sich Stämme wiegen und Blätter rauschen. Ein anderes Bild: Ruderboote auf trägem Gewässer, Impressionismus in der Mark Brandenburg. Oder: eine satte Wiese, Storch und Rindvieh in friedlicher Koexistenz. Es ist eine Zeitreise nach Arkadien, eine Sehnsuchtstour in brillantem Schwarzweiß, die der Betrachter gemeinsam mit der Fotografin Barbara Klemm antritt. Altmodische Fotos, ganz gewiss. Aber auch das Abenteuer einer Schönheit, die das Alter kennt.

Barbara Klemm ist ein diskreter Mensch. Die 1939 geborene Künstlerin streitet bis heute ab, eine zu sein. Als Redaktionsfotografin verhalf Klemm über drei Jahrzehnte lang der FAZ – besonders dem Feuilleton und der Tiefdruckbeilage „Bilder und Zeiten“ – zu einem Gesicht. Bis zum altersbedingten Ausscheiden aus der Redaktion 2004 gehörte sie zu den produktivsten Fotojournalistinnen ihrer Generation. Seither arbeitet sie freiberuflich, geht weiter auf Reisen, betreut Workshops für junge Fotografen, am liebsten in Osteuropa. Barbara Klemm ist eine Fotografin im Unruhestand.

Sie fotografiert wie eine Seiltänzerin

In der Potsdamer Galerie Kunstkontor, unweit des Havelufers selbst traumhaft schön gelegen, zeigt die Galeristin Friederike Sehmsdorf nun 23 Landschaftsfotos und zwölf Künstlerporträts von Klemm (alle Arbeiten gerahmt, je 980 Euro). Noch nie zuvor waren so viele ihrer Landschaftsbilder in einer Galerie versammelt, fotografiert hat Klemm sie für Bücher wie Günter de Bruyns 1993 erschienenen Band „Mein Brandenburg“ oder Thomas Steinfelds Weimar-Buch. Nicht zufällig findet Klemm ihre Motive bevorzugt im Osten. Es sind die vergessenen, schwach bevölkerten, in der Zeit versunkenen Ecken, selbst wenn sie wie Schloss Sanssouci oder Pücklers Grabpyramide im Branitzer Park tagsüber von tausenden Touristen bestürmt werden. Klemm blickt zurück, auch formal. Gegenwart findet, etwa beim Foto der schaurig-schönen Abraumhalde des Tagebaus Jänschwalde, am Horizont statt. Oder, für Eingeweihte erahnbar, auf der Pillnitzer Schlossterrasse kurz nach dem Elbehochwasser 2002.

Barbara Klemm behandelt ihre Motive mit Empathie. Sie fotografiert wie eine Seiltänzerin, das Distanzmittel Schwarzweiß wird zum Netz. Klemms Einfühlungsvermögen, bei den Landschaften zuweilen in Absturznähe, garantiert bei ihren Künstlerporträts psychologische Tiefenschärfe. Wunderbar, wie der kleine, leicht gebeugte und dennoch unbeugsame Ost-Berliner Maler Horst Bartnig mit langem Rauschebart zwischen zwei abstrakten Großformaten steht. Oder wie Ingo Schulze, der Schriftsteller und Freund, gegen das Spiegeln und Irrlichtern einer Schaufensterscheibe ansitzt. Klemm macht Bilder klarster Komposition und höchster Raffinesse. Ein Geschenk.

- Atelier Galerie Kunstkontor, Potsdam, Bertinistr. 16 B; bis 1. November Di/Mi von 15-19 Uhr, Do 15-22 Uhr, Sa 13-18 Uhr.

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