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Foto-Ausstellung: Jubel, Trubel

Viele Beteiligte in Ost und West haben den Mauerfall 1989 in Fotos festgehalten. In der Ausstellung „Szenen und Spuren eines Falls“ im Liebermann-Haus fügen sich ungesehene und skurrile Aufnahmen zu einem sehenswerten Panorama.

Fast wäre Regina Schmeken von den Ereignissen absorbiert worden, wie sie sagt. Hätte ihre Kamera stecken lassen – und einfach nur zugeschaut. Doch sie drückte ab. Ihre Schwarz-Weiß-Fotografien vom Umbruch im November 1989 in Berlin halten Geschichte fest. Ebenso die all der anderen Fotografen, die damals auf Ost- und Westseite der Mauer mit ihren Kameras unterwegs waren, um deren Öffnung festzuhalten. In der Ausstellung „Szenen und Spuren eines Falls – Die Berliner Mauer im Fokus des Photographen“ der Stiftung Brandenburger Tor fügen sich die einzelnen Aufnahmen renommierter Reportage- und Architekturfotografen zu einem multiperspektivischen Panorama. Darunter auch Barbara Klemm, Wilfried Bauer, Thomas Ersting, Hans W. Mende, Gilles Peress.

Viele von ihnen müssen sofort losgefahren sein, als sie die Neuigkeit erfahren hatten, um ganz nah an die Feiernden, Zweifler, Hilflosen heranzukommen. Der Ostkreuz-Fotograf Maurice Weiss erhielt den Tipp, dass die Stasi-Zentrale in Leipzig gestürmt werden würde. Ehe die ersten über das hohe Tor kletterten, hatte er sich schon im Inneren postiert. Wachleute unter ihm in Reih und Glied, ein Stoppschild, Arme und Beine, die bereits über das Tor ragen. Ein ungewöhnlicher Blickwinkel im Bilderbuch des Gedenkjahres.

Der Kurator ist sich der Gefahr des Sattsehens bewusst

Eingebrannt, auf Film und in den Köpfen, haben sich andere Motive: Die glücklichen Gesichter, der Trabi-Stau, die Feuerwerksraketen über dem Brandenburger Tor. Sie fehlen auch in dieser Ausstellung nicht. Erst kürzlich hatte das Deutsche Historische Museum eine Fotoschau zur Wende gezeigt. Das Haus der Kulturen der Welt präsentierte Fotografien aus der DDR der Agentur Ostkreuz. Einige der Beteiligten tauchen im Max-Liebermann-Haus am Brandenburger Tor wieder auf: Neben Maurice Weiss auch Sibylle Bergemann, Werner Mahler und Harald Hauswald.

Kurator Matthias Harder von der Helmut Newton Foundation ist sich der Gefahr des Sattsehens bewusst, wenn er betont, dass er nach „ungesehenen“ Bildern gesucht hat. Das ist ihm gelungen. Skurril ist die Bilderserie Wolfgang Bellwinkels. Der Fotograf hielt den Tagesablauf an einer Grenze in Thüringen fest: Morgens dürfen DDR-Ausflügler begleitet von Blasmusik die Grenze passieren, abends wird hinter ihnen wieder abgeschlossen – mit Vorhängeschloss. Monate nach den Umbrüchen im fernen Berlin.

Die Bilder sind nach Fotografen geordnet. Zeitliche Zusammenhänge muss der Besucher selbst herstellen. Nachgeborenen fällt dies schon schwer. Die internationalen TV-Reporter, die Nelly Rau-Häring vor dem Brandenburger Tor ablichtete, sprechen jedoch eine eindeutige Botschaft: Hier geschah Weltbewegendes.

- Max-Liebermann-Haus, Pariser Platz 7, bis 6. 12., Mo/Mi-Fr 10-18 Uhr, Sa/So 11-18 Uhr, Katalog 14,95 Euro.

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